Symbolbild Kita.
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Handlungsmöglichkeiten der Praxis: Wahrnehmung von Rassismus

Was tun, wenn Rassismus in der Kita sichtbar wird - etwa im Umgang mit Kolleg*innen oder in der Beschreibung von Kindern? Diese Fragen beantworten Prof. Dr. Esther Lehnert (Alice Salomon Hochschule Berlin) und Prof. Dr. Heike Radvan (Brandenburgische Technische Universität Cottbus - Senftenberg).

 

Der Text ist ein Auszug aus der Broschüre "Ene, mene, muh - und raus bist du! - Ungleichwertigkeit und frühkindliche Pädagogik" der Fachstelle Gender, GMF und Rechtsextremismus der Amadeu Antonio Stiftung (September 2018). 

 

Ebene III: Arbeit im Team und mit Träger

 

Fall III.1: Wahrnehmung von Rassismus

 

Sie arbeiten in einer größeren Einrichtung als Leiter*in mit Kolleg*innen mit verschiedenen ethnischen und kulturellen Zugehörigkeiten. Ihnen fällt eine Kollegin auf, die gegenüber anderen Kolleg*innen ohne Migrationsgeschichte wertschätzend und freundlich ist, gegenüber migrantischen Kolleg*innen sehr stark distanziert, manchmal unfreundlich. In einem Nebengespräch unter Kolleg*innen, das sie als Leiterin mithören, äußert sich diese Kollegin abwertend gegenüber einem Jungen, der in einer Familie aufwächst, in der die Großeltern aus der Türkei nach Deutschland eingewandert sind. Sie sagt: »Kein Wunder, dass der so häufig andere Kinder schlägt, dem werden zu Hause als Junge eh keine Grenzen gesetzt, der darf eh alles und viel mehr als seine Schwestern«. 

 

In der Fallbeschreibung wird als Erstes eine Situation geschildert, in der die Möglichkeit einer Ungleichbehandlung von Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen durch eine Kollegin angedeutet wird. Auch wenn es sich hierbei erst einmal um eine Wahrnehmung handelt, die in einem Gespräch nicht immer und unmittelbar nachvollziehbar vermittelt werden kann, ist es wichtig, diese ernst zu nehmen. Im Sinne der Parteilichkeit mit von Ausgrenzung und Diskriminierung Betroffenen gilt es, hier genauer hinzusehen und die Bedarfe und Bedürfnisse von rassismuserfahrenen Personen zu erfragen und diese ggf. zu unterstützen. In der folgenden Situation hören Sie eine Aussage mit, in der die Kollegin sich kulturalisierend und damit rassistisch abwertend äußert. Nicht mehr der einzelne Junge und dessen Familie werden betrachtet, sondern diese als Vertreter*innen einer »Kultur«. Damit geraten individuelle pädagogische Handlungsmöglichkeiten aus dem Blick. Das Verhalten wird rein »aus deren Kultur« »erklärt«. Kinder mit türkischem Familienhintergrund werden damit als »andere« markiert und generalisierend abgewertet. Je nach Situation und Konflikttyp ist es hier möglich, entweder unmittelbar in die Unterhaltung einzugreifen und auf die problematisch-rassistischen Aussagen hinzuweisen, nachzufragen, sich zu positionieren und das Gespräch zu suchen. Möglich ist auch, dies im Nachgang in einem persönlichen Gespräch weiter auszuführen und zu erklären. Perspektivisch
kann es hilfreich sein, für das Team rassismuskritische Fortbildungen anzubieten und über das Thema im Gespräch zu bleiben.

 

MEHR FALLANALYSEN UND HANDLUNGSMÖGLICHKEITEN IN DER PRAXIS:

Ebene I: Pädagogisches Handeln mit Kindern

Fall I.1: »Morgenkreis«

Fall I.2: »Nationalsozialistische Symbole und problematisches Verhalten«

Fall I.3: »Kinder aus völkischen Elternhäusern«

Ebene II: Elternarbeit

Fall II.1: »Frühzeitiges Erkennen von Rassismus«

Fall II.2: »Bildung für das eigene Kind«

Fall II.3: »Besorgte« Mutter und Vielfaltserziehung 

Ebene III: Arbeit im Team und mit Träger

Fall III.1: »Feindschaft gegenüber Geflüchteten«

Fall III.2: »Wahrnehmung von Rassismus«

Ebene IV: Umgang mit rechtsextrem engagierten Kolleg*innen und arbeitsrechtliche Fragen

Fall IV. 1 und 2: »Aktivistinnen in der Kita«

Fall IV.3: »Flüchtlingsfeindliche Postings«

 

MEHR AUS DER BROSCHÜRE AUF BELLTOWER.NEWS:

 

INHATE DER FACHSTELLE GENDER, GMF UND RECHTSEXTREMISMUS AUF BELLTOWER.NEWS 

 

DIE BROSCHÜRE ALS PDF ZUM DOWNLOAD:

http://www.gender-und-rechtsextremismus.de/w/files/pdfs/fachstelle/kita_internet_2018.pdf

 

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