Der Präsident von Eintracht Frankfurt positioniert sich deutlich gegen Diskriminierung und Antisemitismus.
dpa

Peter Fischer: Kein Platz für das "braune Pack" bei Eintracht Frankfurt

Peter Fischer, Präsident von Eintracht Frankfurt, sagte in einem Interview, dass er keine AfD-Wähler_innen bei der Eintracht sehen will. Der Fußballclub bekam daraufhin einen rechten Shitstorm ab und zwei AfD-Mitglieder stellten Strafanzeige gegen Fischer.

 

Von Marvin Bernhardt

 

In einem Interview mit der F.A.Z. sprach Peter Fischer, Präsident von Eintracht Frankfurt unter anderem  über die AfD und ihre Wählerschaft. Hasstiraden rechter Hetzer in den sozialen Netzwerken und eine Strafanzeige der  beiden hessischen AfD-Landesprecher wegen mutmaßlicher Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung sind die Folge seiner klaren Positionierung gegen Diskriminierung und Antisemitismus. Auslöser des Konflikts war die Aussage Fischers, dass es sich mit der Vereinssatzung des mitgliederstärksten Sportvereins Hessens nicht vertrage, AfD zu wählen. 

 

Von der aktiven Fanszene bis zum Präsidenten

Seit 17 Jahren steht Peter Fischer mittlerweile an der Spitze der Frankfurter Eintracht und hat in der Zeit bereits des Öfteren bewiesen, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt. In den Siebziger Jahren wurde er als Fußballfan sozialisiert und gehörte zur aktiven Fanszene des Vereins. Für viele Beobachter des Vereins war er in der Vergangenheit seiner Amtszeit deshalb zu Zurückhaltend bei Fan-Ausschreitungen der Frankfurter. In einem Interview 2013 attestierte er der deutschen Ultra-Szene kein Gewaltproblem, sondern vielmehr ein Pyro-Problem und einigen Fanszenen ein Nazi-Problem. Zur Frage wie eine Fanszene seiner Meinung nach auf die rechte Gefahr reagieren sollte, antwortete der Präsident deutlich und unkonventionell, dass für das “braune Pack” kein Platz in der Eintracht sei. “Deswegen haben wir eine so große und bunte Szene, wo wirklich jeder willkommen ist, dessen Herz für die Eintracht schlägt.“  

 

Internationalität des Eintracht-Kaders auch als Indiz für Weltoffenheit

In der Zeit der Weimarer Republik waren fast alle Spieler der Eintracht bei einem jüdisch geführten Unternehmen angestellt und wurden in der NS-Zeit als „Juddenbuben“ verunglimpft. Daher versteht sich die Eintracht aufgrund ihrer Geschichte als weltoffen und antirassistisch. Mit Kevin-Prince-Boateng steht zudem ein Spieler im Kader der bereits häufiger durch seine antirassistischen Aktionen auf und neben dem Fußballplatz für öffentliches Aufsehen gesorgt hat. 2013 warnte Boateng bei seiner Rede vor den vereinten Nationen in Genf, dass Rassismus real ist und man ihn in den Straßen, bei der Arbeit oder in den Fußballstadien findet. Gegenwärtig hat der Verein Mitglieder aus mehr als 70 Nationen. Zur Profimannschaft der Fußballabteilung gehören aktuell Spieler aus 18 verschiedenen Nationen an. Die AfD, eine Partei, die für Aus- und Abgrenzung steht – das passe folglich nicht zur Eintracht, so Fischer.

 

Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung

Des Weiteren stellte Fischer im Interview mit der F.A.Z. noch einmal deutlich heraus, dass er sich für die 13% schäme, die die AfD bei der Bundestagswahl im September 2017 gewählt haben. Und solange er Präsident wäre, gäbe es „für die braune Brut keinen Platz“ bei Eintracht Frankfurt. Die AfD Hessen antwortete auf die Aussagen Fischers mit der Unterstellung, er begebe sich selber ins „demokratische Abseits“ und forderte ihn dazu auf, den Sportverein „nicht für seine eigenen politischen Ansichten zu instrumentalisieren“. Auch Alice Weidel äußerte sich kurz darauf auf Twitter zur Causa, im Stile des amerikanischen Präsidenten: „Irgendwie belustigend, zu was sich drittklassige Proleten eines Fußballvereins so äußern.“

Die beiden AfD-Landessprecher Robert Lambrou und Klaus Herrmann reichten zudem demonstrativ Mitgliedsbeiträge ein, um bei der kommenden Mitgliederversammlung am 28.01 stimmberechtigt zu sein und gegen Peter Fischer zu stimmen. Laut Satzung ist dies jedoch nicht möglich, da neue Mitglieder erst nach einem halben Jahr stimmberechtigt sind. Durch die Satzung dürften aber auch die Mitgliedsanträge keine Aussicht auf Erfolg haben, da das Präsidium über den Aufnahmeantrag entscheidet.

 

AUSZÜGE AUS DER SATZUNG DER EINTRACHT

§11: Über den schriftlich oder elektronisch zu stellenden Aufnahmeantrag entscheidet das Präsidium [...] Eine ablehnende Entscheidung bedarf keiner Begründung.

§14: Der Ausschluss kann nur bei vereinsschädigendem Verhalten besonderer Schwere, insbesondere bei Fällen von Diskriminierung, Rassismus und Gewalt erfolgen.

 

Anzeige der AfD gegen Peter Fischer

Konsequenzen der klaren Positionierung waren zudem unzählige Hass-Mails und Kommentare auf den Facebook-Seiten des Vereins und Peter Fischers. Die AfD Hessen stellte aber auch eine Strafanzeige wegen Beleidigung, übler Nachrede und Verleumdung.

Die AfD gehört Fischer nicht an die Spitze eines Sportvereins (Quelle: Screenshot vom 08.01.2018)

Einem Fan wurde die Mitgliedschaft bereits entzogen

Dass seine Worte einen gewissen Nachhall erfahren würden, war dem Präsident klar und wahrscheinlich auch ein Stück weit gewünscht. Trotz aller aktueller Aufregung ist Präsident Fischer nicht der erste Eintracht-Funktionär, der sich gegen die AfD ausgesprochen hat. Bei der letzten Jahreshauptversammlung Ende Januar 2017 hatte einer der drei Vorstände der Eintracht Frankfurt AG, Alex Hellmann, bereits vor der AfD gewarnt. Kurz vor dem Interview Fischers im Dezember, sagte  Hellmann im klubeigenen TV unter Verweis auf antisemitische Äußerungen aus der AfD, dass es für ihn völlig unverständlich sei, wie jemand Mitglied bei Eintracht Frankfurt sein kann, die Satzung ernst nimmt und dann die AfD wählt. Eintracht Frankfurt lässt seinen Worten sogar bereits Taten folgen. Einem Fan wurde bereits die Mitgliedschaft gekündigt, weil dieser “auf seiner Internetseite rechtsradikale Parolen veröffentlichte“.

 

Fußball ohne Politik?

Fußball ohne Politik ist nicht wünschenswert, er ist auch schlicht undenkbar, gerade weil er solche Popularität genießt.  Das Märchen vom unpolitischen Fußball hingegen nutzt vor allem den Rechtspopulisten, denen es nur allzu oft als Deckmantel für ihre eigenen menschenfeindlichen Ansichten dient. Rückendeckung erhielt der Präsident nun auch vom Aufsichtsratsvorsitzenden, Wolfgang Steubing. Die Eintracht stehe für „Fairness, ein sympathisches Miteinander, Toleranz und gegen Antisemitismus und Rassismus“. Das bei 48.000 Mitgliedern nicht jeder Einzelfall überprüft wird, ist allen Verantwortlichen wohl klar. Die Aussagen Fischers sollten sich aber vor allem an das Selbstverständnis der AfD-Mitglieder unter den Eintracht-Fans richten. Zum Konflikt möchte Peter Fischer erst wieder am 28. Januar auf der Mitgliederversammlung des Vereins äußern.

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