In Heidenau inszenieren sich Rassist_innen als "Bürgerwehr", um so Sorgen Heidenauer Bürger_innen zu schüren und eine Stimmung zu nähren, die dann als Begründung für Aktionen gegen Migrant_innen herhalten sollen. Die langjährige Anti-Asyl-Facebookseite "Heidenau hört zu" (Foto) applaudiert.
Screenshot Facebook, 12.04.2017

Heidenau: Neue Bürgerwehr formiert sich

Rechtspopulisten haben in Heidenau nicht nur zur Gründung einer Bürgerwehr aufgerufen, sondern sind in großen Gruppen durch die Stadt gezogen. So wollen sie sich als "Macher" inszenieren, wo der Staat vermeintlich versagt. Wegen der politischen Motivation der Gruppenbildung ermittelt nun der Staatsschutz. 
 

Von Kira Ayyadi
 

Am vergangenen Samstag alarmierte ein aufmerksamer Zeuge die Polizei, da er im Zentrum von Heidenau eine aggressive Gruppe von etwa fünfzig Personen beobachtete. Die Beamt_innen rückten zusätzlich zu ihren Einsatzfahrzeugen auch mit einem Hubschrauber an. Allerdings endete der Einsatz ohne Geschädigte, ohne ein Ermittlungsverfahren und außer dem besorgten Anrufer ohne weitere Zeugen. Da es in den letzten Wochen vermehrt zu Vorfällen dieser Art kam, geht die Polizei nun nicht mehr von einem Zufall aus.
 

Rechtspopulisten inszenieren sich als „Macher“

Facebookgruppen, in denen sich Rechtsextreme tummeln, machten zuletzt vermehrt Stimmung gegen Geflüchtete, indem sie behaupteten, diese seien der Auslöser für den Anstieg der Kriminalität in Heidenau. Daher riefen die Heidenauer Rechtspopulisten zuletzt zur Gründung einer Bürgerwehr auf. Die Polizei Heidenau konnte Belltower.News gegenüber jedoch nicht bestätigen, dass es in den vergangenen Wochen zu mehr Gewalttaten, Diebstählen und ähnlichem gekommen ist.

Auf der Facebookseite "Heidenau-Hört zu" finden sich etwa folgende Kommentare :  „… es müsste eine Bürgerwehr her, denn de Pollebembel (Polizei) hat auch nur Schiss…“, „Langsam wird es zeit das in Heidenau eine Bürgerwehr gegründet wird, die jagt auf solche Arschlöcher machen“. (Nachzulesen sind die Kommentare auch auf der Facebookseite von Heidenau ist bunt)

Besonders für rechtspopulistische Akteure ist die Inszenierung einer Bürgerwehr attraktiv, weil sie sich dadurch als „Macher“ inszenieren können, die etwas tun – beispielsweise gegen die angebliche "Massenkriminalisierung" durch Geflüchtete.
 

Der Staatsschutz ermittelt nun in Heidenau

Auch die Polizei in Heidenau schließt ein politisches Motiv für die jüngsten Vorkommnisse nicht aus, daher wurde  der Staatsschutz eingeschaltet. Dieser vermutet, dass Rechtspopulisten und Rechtsextreme die Ängste der Heidenauer Bevölkerung bewusst ausnutzen, umso Stimmung gegen Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund zu machen.
 

Die rechtliche Grundlage von Bürgerwehren

Doch Migrant_innen sind in Wirklichkeit nicht krimineller als Menschen mit deutschen Vorfahren in vergleichbaren sozialen Lagen. Dennoch taugt das Bild des „kriminellen Ausländers“  noch immer dazu, von sozialen Problemen und den menschenfeindlichen Einstellungen der selbsternannten Ankläger_innen abzulenken.

Bürgerwehren berufen sich auf das sogenannte „Jedermannsrecht“ (§ 127 Strafgesetzordung Absatz 1), nachdem jede_r Bürger_in eine_n Straftäter_in bis zum Eintreffen der Polizei festhalten darf. Ein Recht Waffen zu tragen, oder die Indentität von Verdächtigen festzustellen, besteht jedoch nicht. Die selbst autorisierten Bürgerwehr-Gruppen verfügen über keine rechtlichen Privilegien oder Sonderstellungen.

 

„Bürgerwehren – Hilfssheriffs oder inszenierte Provokation?“

Wenn Sie mehr zum Thema Bürgerwehren und den Umgang mit diesen erfahren möchten, finden Sie weitere Informationen in der Broschüre „Bürgerwehren – Hilfssheriffs oder inszenierte Provokation?“  (PDF zum Download) der Amadeu Antonio Stiftung, die gerade frisch erschienen ist. Darin geht es unter anderem um die unterschiedlichen Typen zeitgenössischer Bürgerwehren, wie korporatistischer Sicherheitsinitiativen, Bürgerwehren als Vehikel für vorpolitisches Eigeninteresse, als Protestgruppen und als rechtsextreme Gewaltgruppen.
 

 

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