Geheime Rede des Rabbiners

Ein Kolportageroman dient der Verschwörungstheorie der Revisionisten.

Von Armin Pfahl-Traughber

Revisionisten behaupten:
"Aus dem Text der geheimen 'Rede des Rabbiners' geht eindeutig hervor, dass die Juden durch verschwörerisches Wirken die ganze Welt beherrschen wollen."

Historische Wahrheit:
Bei der so genannten "Rede des Rabbiners" handelt es sich um eine umschriebene Episode aus einem Kolportageroman des 19. Jahrhunderts. Einer der zeitgeschichtlichen Sensationsromane des Schriftstellers Hermann Goedsche, das 1868 erstmals unter dem Pseudonym "John Retcliffe" erschienene Buch "Biarritz", enthielt ein Kapitel mit dem Titel "Auf dem Judenfriedhof in Prag". Darin wird eine geheime nächtliche Versammlung geschildert, in deren Verlauf sich zwei versteckten Beobachtern die Existenz eines jahrhundertelang existierenden teuflischen jüdischen Komplotts offenbart. Antisemiten in zahlreichen Ländern verbreiteten dieses Kapitel als Broschüre oder Flugschrift. Zunächst stellte man es noch als ein Stück Literatur dar, das auf wirklichen Ereignissen beruhe. Später fassten antisemitische Autoren die darin enthaltenen angeblichen Reden verschiedener Vertreter jüdischer Stämme zu der Rede eines "Großrabbiners" zusammen und gaben das Ganze als authentisches Dokument aus. Tatsächlich handelte es sich aber nur um eine literarische Erfindung.

Dieser Text wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt von extremismus.com

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