HoGeSa
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Vernetzung von Neonazis und Hooligans wurde durch HoGeSa offensichtlich

Was mit Facebook-Gruppen begann und sich bei Kundgebungen mit wenigen hundert Teilnehmenden fortsetzte, mündete 2014 in Köln in eine der seit Jahren größte deutsche Nazi-Demonstration. Die Ereignisse während der „Hooligans gegen Salafisten“-Demonstration stellen die Kulmination einer Entwicklung dar, die schon länger deutlich zu beobachten war: die fortschreitende Vernetzung von rechtsgerichteten Fußballfans und organisierten Rechtsradikalen.

Von Pavel Brunßen (Transparent Magazin)

Im Oktober 2014 kam es in Köln zu einem offen rechtsextremen Aufmarsch mit mehr als 4.500 Teilnehmenden. Unter dem Motto „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) hatten die OrganisatorInnen es seit Jahren erstmals wieder geschafft, unterschiedliche Organisationen und Gruppen gemeinsam zu einem rechtsextremen Aufmarsch auf die Straße zu bringen. Die Werbung wurde öffentlich auf Facebook gemacht: Bis zum Zeitpunkt der Demonstration klickten rund 40.000 Personen den „Gefällt mir“-Button für die „HoGeSa“-Seite und etwa 7.000 kündigten in dem sozialen Netzwerk ihre Teilnahme in Köln an. Zeitgleich mobilisierten jedoch auch Hooligans und Nazis ihre Anreisen konspirativ.

Aus der Demonstration heraus kam es immer wieder zu Angriffen auf JournalistInnen, PassantInnen und auf ein asiatisches Restaurant. Die Polizei war mit der Situation vor Ort überfordert. Bilder von Randale dominierten in den folgenden Tagen die Titelseiten bundesweiter Zeitungen.

Köln war der entscheidende Höhepunkt

In den Kreisen der Hooligans war im Anschluss vom „Wunder von Köln“ die Rede. Im November 2014 kamen zur „HoGeSa“-Kundgebung in Hannover weniger als 3.000 Teilnehmende, viele verließen die Veranstaltung vorzeitig. Anfang 2015 spaltete sich die Gruppierung „Gemeinsam Stark Deutschland“ (GSD) ab, ihrem ersten Demonstrationsaufruf folgten im Februar 2015 nur 400 Personen nach Ludwigshafen. „HoGeSa“ meldet inzwischen keine eigenen Aktionen mehr an, ruft jedoch zur Teilnahme an „GSD“-Veranstaltungen auf.

Die gewaltaffinen und erlebnisorientierten „HoGeSa“-Teilnehmenden konnten nach Köln nicht noch einmal in vergleichbarer Zahl mobilisiert werden. Rechte Hooligans fanden allerdings ein weiteres Betätigungsfeld, so spielen sie eine zentrale Rolle bei Demonstrationen der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (PEGIDA) sowie deren Ablegern in ganz Deutschland. Hier ist eine Aufgabenteilung zu beobachten: Während die Hooligans vor allem am Rande der Demonstrationen als inoffizielle Ordner aktiv sind und Andersdenkende einschüchtern, posieren andere für die Presse. In manchen Städten sind Personen aus dem Fußballmilieu in die Organisation eingebunden. Immer wieder kommt es bei verschiedenen *Gida-Demonstrationen zu eigenen Blocks von rechten Hooligans.

„HoGeSa“ vor Köln – „Die Omis müssen uns lieb haben“

Hooligans traten erstmals Anfang Februar 2014 „gegen Salafisten“ in Erscheinung: Etwa 150 rechte Hooligans störten eine Salafisten-Kundgebung in Mönchengladbach. Im März folgte eine vergleichbare Aktion in Mannheim. Ihre Aktionen koordinierten sie zu diesem Zeitpunkt über die geschlossene Facebook-Gruppe „Weil Deutsche sich’s noch trau’n!“. Im Mai 2014 machte der Journalist Christoph Ruf auf die dort formulierte Strategie der Hooligans aufmerksam. Er zitierte einen Beitrag aus der Gruppe: „Wenn wir uns unsere Straßen zurück holen wollen, dann sollte das nach dem Schema 'aus dem Volk und für das Volk' erfolgen. Die Omis müssen uns lieb haben.“ Rechte Hooligans sehen sich dabei in einem Abwehrkampf gegen alles vermeintlich Fremde. Die Gegner („Salafisten“) sind jedoch zweitranging und austauschbar. Vielmehr geht es um die Konstruktion eines homogenen deutschen Volkes, seinen Schutz und um die Demonstration von Macht.

Zusammenschlüsse rechter Hooligans mit entsprechender Ausrichtung gab es schon vorher: Anfang 2012 berichteten Medien über das Netzwerk „GnuHonnters“, in dem sich 17 Hooligangruppierungen zusammengeschlossen hatten. Dem Netzwerk wurden etwa 300 Personen zugeordnet. Zu den Zielen des Netzwerkes gehörte „die Herstellung alter Werte, keine Antifa im Stadion und Meinungsfreiheit zurückgewinnen“. Es ist wahrscheinlich, dass die „GnuHonnters“ eine Vorreiterrolle für „HoGeSa“ spielten.

„Kategorie C“ und der rechtsextreme „Kampf um die Kurven“

Bereits Anfang der 1980er Jahre rief Michael Kühnen, damals eine Führungsfigur der extremen Rechten, zum „Kampf um die Stadionkurven“ auf. Damit traf er unter anderem bei der Dortmunder Hooligangruppierung „Borussenfront“ einen Nerv. Deren bekanntestes Mitglied Siegfried Borchardt galt als Schnittstelle zwischen Kühnens „Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationaler Aktivisten“ und der rechten Hooliganszene. Auch bei verschiedenen HoGeSa-Veranstaltungen war Borchardt anwesend. Hooliganismus weist mit Wertvorstellungen wie Macht, Stärke und Männlichkeit eine große Nähe zu denen des Rechtsextremismus auf.

Eine weitere Schnittstelle zur extremen Rechten ist die Band „Kategorie C – Hungrige Wölfe“, die nach der polizeilichen Kategorie C für gewaltsuchende Fans benannt ist. Die Konzerte der Band gelten als Treffpunkt für rechtsoffene Jugendliche, rechte (Partei-)Kader und Hooligans. „Kategorie C“ spielte auch auf der Kölner HoGeSa-Demonstration und verbreitet seitdem ihren eigens getexteten „HoGeSa“-Song.

Gegenbewegungen

Inzwischen distanzierten sich Fanbündnisse wie „ProFans“ und das „Bündnis Aktiver Fußballfans“ (BAFF) öffentlich von „HoGeSa“ und eine Vielzahl von Vereinen reagierten mit dem Verbot von „HoGeSa“-Symbolen in ihren Stadien auf deren Auftreten. Die Polizei schien kein zweites Köln zu wollen. Schon bei der „HoGeSa“-Kundgebung in Hannover reagierte man mit einem großen Polizeiaufgebot und strengen Auflagen. Man gestaltete den Tag für die Teilnehmenden so unangenehm wie möglich, zahlreiche gelangweilte Hooligans verließen die Kundgebung bereits vor ihrem Ende. Dem erlebnisorientierten Teil von „HoGeSa“ konnte so die Entfaltungsmöglichkeit genommen werden. Auch war der Gegenprotest in Hannover zahlreicher, als in Köln.

Rechte Hooligans fallen nicht nur bei „HoGeSa“ auf. Im Jahr 2007 waren Mitglieder der Bremer Hooliganszene an einem Angriff auf antirassistische Bremer Ultras beteiligt. Diese Gewalttat steht am Anfang einer Reihe von Vorfällen, bei der Ultras aufgrund ihres Engagements gegen Rassismus angegriffen wurden. Die „Aachen Ultras“ zogen sich infolge rechtsextremer Übergriffe 2013 sogar komplett aus dem Stadion zurück.

Erfolgserlebnisse wie dieses haben den rechten Hooligans nach ihrem Rückgang aus den Kurven in den 1990er Jahren wieder das nötige Selbstbewusstsein gegeben und hatten Einfluss auf das aggressive Auftreten der Kölner „HoGeSa“-Demonstration. Zwar verfügen die rechten Hooligans nicht mehr über das Mobilisierungspotential, wie 2014 in Köln. Trotzdem haben sie durch die Demonstrationen auf der Straße neuen Auftrieb erhalten. Die Langzeitfolgen werden sich in den Fankurven der verschiedenen Vereine zeigen. Die mehrfachen Angriffe von Bremer Hooligans auf linke Ultras im Frühjahr 2015 sind dafür ein erstes Indiz. „Das Wunder von Köln“ wird sich zwar nicht wiederholen, aber das Problem mit rechten Hooligans ist nicht kleiner geworden.

 

Dieser Text ist ein Auszug aus der Broschüre von Fussball-gegen-nazis.de "Fairplay statt Hass - Was wir gegen Menschenverachtung und rechtsextreme Ideologien im Fußball machen können", die am im September 2015 erscheint. Watch out!
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