Gehören nun der Vergangenheit an: Saalefront-Banner beim Halleschen FC
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Der Geduldsfaden reißt - Hallescher FC verbietet jegliche Symbolik der „Saalefront“

Der Hallesche FC hat seine Konsequenzen aus den Ereignissen des Pokalfinales gegen den 1.FC Magdeburg und den allgemeinen Geschehnissen der vergangenen Jahre gezogen und jegliche Symbolik der „Saalefront Ultras“ bei seinen Spielen verboten. Diese Maßnahme setzt den Schlusspunkt unter einen wochenlangen Streit innerhalb der Halleschen Fanszene. Doch was war eigentlich geschehen, dass es zum Bruch zwischen Verein und „Saalefront“ kam?

Von Marc Latsch

Spielunterbrechung im Pokalfinale

Am 14.Mai treffen der Hallesche FC und der 1.FC Magdeburg zum Finale des Sachsen Anhalt-Pokals aufeinander. Die Anhänger verbindet eine langjährige Rivalität um die Vorherrschaft im Bundesland. Magdeburg, klassentieferer Außenseiter, erwischt einen guten Tag und kann sich mit 3:0 beim Drittligisten durchsetzen, sehr zum Unmut der heimischen Fans. Personen, die im Nachhinein eindeutig den „Saalefront Ultras“ zugeordnet werden können, werfen Pyrotechnik und Böller auf das Spielfeld und gefährden damit die Gesundheit der eigenen Spieler. Erst nach einer zehnminütigen Unterbrechung kann das Pokalfinale schließlich fortgeführt und ordnungsgemäß beendet werden.

Randale und Gewalt

Doch die Geschehnisse beim Pokalfinale waren nur der Tropfen, der das Fass zum überlaufen gebracht hat. Die Liste der Verfehlungen aus Kreisen der Hallenser Ultras ist lang, vieles hiervon konnte direkt mit der „Saalefront“ in Verbindung gebracht werden. Der Hallesche FC musste in den vergangenen Jahren empfindliche Geldstrafen hinnehmen, weil seine Fans immer wieder gegen Stadionordnungen verstießen, Pyrotechnik abbrannten und randalierten. Auch die Anhänger des FC Hansa Rostock machten bereits unliebsame Bekanntschaft mit den „Saalefront“-Ultras. 40 von Ihnen, darunter viele Frauen und Kinder, hatten sich in Halle versammelt um gegen das drohende Insolvenzverfahren ihres Clubs zu demonstrieren. Hierbei wurden sie attackiert, Autoscheiben gingen zu Bruch und Fanutensilien wurden geraubt.

Allgegenwärtiger Antisemitismus

Doch nicht nur die Lust am Krawall kommt in den Kreisen der „Saalefront“ immer wieder zum Vorschein, auch mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit kennt sich die Gruppierung bestens aus. Im Rahmen eines Testspiels sollen „Saalefront“-Mitglieder Anhänger des VFL Halle geschlagen und getreten haben, ein Opfer musste mit Brüchen im Gesicht ins Krankenhaus eingeliefert werden. Während dieser Attacke wurden die VFL-Fans immer wieder als „Juden“ betitelt und mit Aussagen bedroht wie: „Euch Scheiß-Zecken bringen wir alle um! Ich hasse euch!“ Auch der Nachwuchs der Ultras, die „Jugendbande Saalefront“ ist immer wieder durch offenen Antisemitismus aufgefallen. Angefangen bei Schmierereien und Parolen gipfelte dies schließlich in der Demolierung eines Asiaimbisses, der daraufhin mit dem Wort „Juden“ beschmiert wurde.

Null-Toleranz-Erklärung der HFC-Fanszene

Auf die Vorfälle beim Pokalfinale reagierte die HFC-Fanszene mit der Veröffentlichung eines Fan-Ethik-Kodex. Hierin fordern die Fans Respekt vor Gegnern, Spielern und Schiedsrichtern und distanzieren sich von jeglicher Form von Rassismus, sowie der Diskriminierung und Gewalt gegen Personen und Sachwerte im Rahmen von Fußballspielen. Außerdem stehen sie für ein Vermummungsverbot und den Verzicht auf Pyrotechnik entsprechend der Gesetzeslage ein. Diesem Ansatz wollte sich die Saalefront jedoch nicht anschließen und erklärte ihren Austritt aus der HFC-Fanszene. In der Begründung heißt es, der Kodex solle den „Wunsch nach einer nahezu sterilen Fanszene“ erfüllen, eine Einteilung in „Gut“ und „Böse“ sei nicht möglich. Woran sich die „Saalefront“ im Speziellen stört wird in der Folge deutlich:  „Wer negative Emotionen ausschließen will, vergisst, dass er automatisch auch die positiven Emotionen bedroht“, heißt es da. Die Gruppierung befürchtet, dass das „scherzhafte Verunglimpfen des Gegners, welches in Maßen einfach zum Stadionerlebnis dazugehört“ hiermit abgeschafft werden soll. Wenn sich die „Saalefront“ durch einen solchen Ethik-Kodex in ihrem „scherzhaften Verunglimpfen“ gestört fühlt, ist leicht vorstellbar welche Art von Humor die Halleschen Ultras in etwa verfolgen.

Verein zieht Schlussstrich

Beim Halleschen FC mag man sich anhand der Debatte wohl ähnliches gedacht haben. Nachdem die „Saalefront“ ihrerseits bereits lieber die Fanszene verließ, als sich dem erarbeiteten Kodex anzuschließen, griff der Verein schließlich zum letzten Mittel: Jegliche „Saalefront“-Symbolik ist im Rahmen von HFC-Spielen nunmehr verboten, der Ordnungsdienst ist angewiesen bei Zuwiderhandlungen Stadionverweise auszusprechen. In der Erklärung zeigt sich das Ende der Geduld auf Seiten der Vereinsführung. Mehrfach seien getroffene Absprachen missachtet worden, das Auftreten der Ultragruppierung trete der Vereinsphilosophie entgegen. Ein Wandel in der Halleschen Fanszene wurde nun unausweichlich, denn nun erkannte auch der Verein: „Der zwischenzeitlich eingetretene Imageverlust für den Halleschen Fußballclub und die Stadt Halle ist nicht mehr akzeptabel.“ Vielleicht ist dies ja der erste Schritt zu einer offenen und gewaltlosen Fankultur im Halleschen Erdgas Sportpark.

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