Wie viele Neonazis gibt es aktuell in Deutschland? Was machen sie? Wie versuchen Sie, ihre Hass-Ideologie zu verbreiten? Erkenntnisse und Zahlen aus dem Verfassungsschutzbericht 2014.
Rechtsextreme Kriminalität
Straftaten Politisch motivierte Kriminalität (PMK) rechts
2014 2013
17.020 17.042
"Extremistische" Straftaten (gegen Verfassungsgrundsätze, gegen freiheitlich-demokratische Grundordnung)
2014 2013
16.559 16.557
Gewalttaten
2014 2013
990 801 -> Anstieg um 23,6 %
"Fremdenfeindliche" (aka Rassistische) Gewalttaten
2014 2013
512 473
Gewalttaten gegen als "linksextrem" Wahrgenommene
2014 2013
139 146
Gewalttaten gegen sonstige politische Gegner_innen
2014 2013
60 52
Antisemitische Gewalttaten
2014 2013
31 45
Besonderheit:
- Anstieg rechtextrem motivierter Gewalttaten auf den höchsten Stand seit 2008
- Anstieg der "fremdenfeindlichen" (aka rassistischen) Gewalttaten auf den höchsten Stand seit 2001
- Militanz und Gewaltniveau bleiben hoch
- Strategische Gewalt: Einschüchterung, No Go Areas
- als "Notwehrmaßnahme" definiert: gegen "Volkstod", "Überfremdung" - Rechtfertigung für Handeln
- Im Fokus der Gewalt: Menschen mit Migrationshintergrund, besonders Flüchtlinge
- 50 % aller rechtsextremen Gewalttaten sind rassistisch motiviert
- Die Zahl der rechtsextremen Straftaten gegen Flüchtlingsheime hat sich mehr als verdreifacht (2014: 170; 2013: 55)
- weitere Opfergruppe: Politische Gegner_innen -> gelten als "Volksfeinde" der homogenen "Volksgemeinschaft" -> werden auch als "Agenten fremder Mächte" und "Verräter" definiert
- Ideologie hinter der Gewalt: Das "Volk" müsse vor dem "Untergang" gerettet werden - entsprechend militant und rücksichtslos wird gehandelt.
- Risikopotenzial: Selbstradikalisierung einzelner Personen oder Kleingruppen
Rechtsextremismus-Potenzial
Subkulturell geprägte Rechtsextreme: 7.200 (2013: 7.400) -> 30 % aller Nazis
Neonazis: 5.600 (2013: 5.800)
in Parteien: 6.850 (2013: 7.000)
NPD: 5.200 (2013: 5.500)
Die Rechte: 500 (2013: 500)
Bürgerbewegung "Pro NRW": 950 (2013: 1.000)
Der III. Weg: 200 (2013: - )
Sonstige rechtsextreme Organisationen: 2.500 (2013: 2.500
Summe der Rechtsextremen nach Abzug von Mehrfachmitgliedschaften:
21.000 (2013: 21.700)
davon gewaltbereit: 9.600 (Zahl von 2013)
davon gewaltorientiert (neue Kategorie 2014): 10.500
- Musik und Internet blieben Radikalisierungs- und Rekrutierungsfaktoren
- Rechtsextremen gelingt weniger Mobilisierung über Demonstrationen und Musikveranstaltungen
- Demonstrationen: 2014: 225 Veranstaltungen (2013: 241); davon Neonazis 56 (2013: 85), NPD/JN 123 (2013: 95), Die Rechte 21 (2013: 31), Pro NRW 20 (2013 30), Der III. Weg 8
- Musikveranstaltungen: Konzerte 55 (2013: 78), Liederabende: 55 (2013: 47), Sonstige Musikveranstaltungen 52 (2013: 46)
- Auch deshalb: Hetze gegen Flüchtlinge, Versuche, "bürgerliche" Demonstrationen zu vereinnahmen
- NPD in der Krise: zerstrittene Parteiführung, desaströse Wahlergebnisse, Ausscheiden aus dem Sächsischen Landtag, Parteiverbotsverfahren
- trotzdem bleibt die NPD stärkste Partei, lokal zum Teil stark verankert, bringt staatliche Finanzmittel in die Szene
- "Die Rechte": neonazisistisch, provokativ, Werbung in der Fußballfan- und Hooliganszene: gewaltorientiertes Potenzail, Bedrohung von Polizei und politischen Gegner_innen
- "Der III. Weg": Führungsaktivisten aus dem "Freien Netz Süd" (FNS), neonazistisch, flüchtlingsfeindlich
- Beide Parteien sind Auffangorganisationen für Neonazis nach Vereinsverboten; nicht an Mitarbeit in parlamentarischem System interessiert -> Erschließung finanzielle Mittel, Nutzung einer verbotssicheren Struktur für Neonazi-Aktivitäten, Förderung einer Athmosphäre aus Angst und Einschüchterung
- "Bürgerbewegung Pro NRW" -> praktisch bedeutungslos
Themen, mit denen Neonazis bei "Bürger_innen" punkten wollen (und können).
- internationale Krisen -> Auswirkung auf innere Sicherheit
- Flüchtlinge, resultierend aus Bürgerkrieg in Syrien, Erstarken des "Islamischen Staates" (IS)
- Gefahr islamistisch-terroristischer Anschläge
- grundsätzlich antisemitische, antiamerikanische / antiwestliche Haltung der Neonazis -> Agitation zu Nahostkonflikt und Russland-Ukraine-Konflikt
- Anti-Asyl-Agitation war Schwerpunkt
- Demonstrationen oder Teilnahme an Anwohnerdemonstrationen vor zukünftige oder realen Flüchtlingsunterkünften
- in der Asyldebatte erreichen sie Anschlussfähigkeit
- auch Montagsdemonstrationen und Friedensmahnwachen versuchen sie zu nutzen
Verbote 2014
- Nationale Sozialisten Chemnitz (NSC) - 28. März 2014
- Freies Netz Süd (FNS) - 23. Juli 2014
- Autonome Nationalisten Göppingen (AN Göppingen) - 18. Dezember 2014
- Aktuell laufen Verfahren gegen Betreiber und Mitglieder des "Thiazi-Forums" (seit Nov. 2014)
Mehr auf netz-gegen-nazis.de:
| Verfassungsschutzbericht 2014: Weniger Nazis, mehr Gewalt (Kommentar)
| Alle Verfassungsschutzberichte seit 2008
Im Internet:
| Der Verfassungsschutzbericht 2014 zum Download als PDF
Pressemitteilung der Amadeu Antonio Stiftung zum Verfassungsschutzbericht 2014:
| Rassistische Gewalt gegen Flüchtlinge nimmt dramatisch zu