Am Freitag zogen rund 60 Neonazis unter dem Motto „Sicherheit, Recht und Ordnung – Kein Platz für Linkskriminelle“ durch den Berliner Stadtteil Neukölln. Damit setzten NPD und „Nationaler Widerstand" ihre Berliner Taktik fort, öffentliche Veranstaltungen nur kurz vorher anzukündigen und an provokanten Orten stattfinden zu lassen. Mit großer Fotoschau.
Von Robert Fähmel und Bernd Herbst
Treffpunkt der Neonazis war der U-Bahnhof Zwickauer Damm im Neuköllner Bezirksteil Rudow. Der Bahnhof war weiträumig abgesperrt. Außerhalb der Sperrzone spielten sich schon vor Beginn der rechtsextremen Demonstration gruselige Szenen ab: Demonstrierende beider Seiten lieferten sich Rangeleien und Wortgefechte, während die Polizei sich nicht verantwortlich fühlte. Als ein ankommender Bus ein gutes Dutzend Neonazis vor die Füße anreisender Gegendemonstrierender ausspuckte, drohte die Situation zu eskalieren. Nur zögerlich gingen die Polizeikräfte dazwischen, als die Rechtsextremen auf eine Gruppe Gegendemonstranten losgingen. Auch während des Aufmarsches war die Trennung der demonstrierenden Gruppen überraschend inkonsequent: Während sich die Rechtsextremen den Zwickauer Damm entlang bewegten, wurden die Gegendemonstrierenden durch ein benachbartes Gleisbett gelotst - nur wenige Meter von eifrig fotografierenden Neonazis entfernt.
Die Demonstrationsstrecke führte schließlich durch die Nebenstraßen des Neuköllner Plattenbaugebiets. Mit Sprüchen wie „Neukölln erwache“ und „Wahrheit macht frei“ wollten die Neonazis dabei durch offenen NS-Bezug provozieren. Doch nur wenige Anwohner zeigten sich an den Fenstern oder auf den Balkonen und somit verhallten die abgedroschen und rassistischen Parolen zumeist. Vielleicht hatten dies einige einschlägige Personen der rechten Szene, die sich sonst eigentlich keine öffentliche Aktion entgehen lassen, bereits im Vorfeld des Aufmarsches geahnt. Jedenfalls ließen sich auf der Demonstration weder Udo Voigt, noch andere Parteigrößen blicken. Nicht einmal der Neuköllner NPD-Mann Jan Sturm war anwesend.
Begleitet wurde der rechtsextreme Aufmarsch fast die gesamte Strecke über von Gegendemonstranten. Immer wieder hörte man „Nazis raus!“- Rufe, immer wieder gab es verbale Auseinandersetzungen zwischen Neonazis und Gegendemonstranten. Einige Jugendliche versuchten mit einer Sitzblockade den Nazi-Aufmarsch zu stoppen, wurden aber schnell von der Polizei gewaltsam von der Straße geräumt. Größere Störaktionen und Auseinandersetzungen blieben aus.
Im Fazit bleiben ein kleines Häufchen Berliner Neonazis, die nur durch Verstärkung von Kameraden aus dem Berlin-Brandenburger Umland auf eine nennenswerte Anzahl kam, sowie ein orientierungsloses Polizeikonzept, das Neonazis und Gegendemonstrierende mehr schlecht als recht voneinander trennte und sich schon mit kleinsten Unregelmäßigkeiten überfordert sah. Alles wie immer also.
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