Neu-rechtes "Institut für Staatspolitik" schult NPD-Kader und findet das prima

Das Institut für Staatspolitik (IfS) gilt als der wichtigste „Think Tank“ der Neuen Rechten in Deutschland. Einer der Gründer des IfS prahlte jetzt im Blog der hauseigenen Zeitschrift Sezession damit, dass auf den von ihnen veranstalteten „Akademien“ NPD-Kader und andere Rechtsextremisten hervorragend geschult würden.

Von Jan Riebe

Das IfS verortet sich selber in der „Neuen Rechten“, also in einer äußerst rechten politischen Strömung, die es aber als Fehler ansieht sich einer Vergötzung des „Dritten Reichs“ hinzugeben – aus inhaltlichen, aber auch aus taktischen Gründen. Vielfach wird die „Neue Rechte“ in der Grenzregion zwischen nationalem Konservatismus und extremer Rechter eingeordnet. Lange Zeit haben die Institutsmitglieder großen Wert darauf gelegt, nicht zu direkt mit der NPD in Verbindung gebracht zu werden. Diese Zurückhaltung gibt das IfS zunehmend auf. So bewirbt die Sezession des Öfteren das rechtsextreme Theorieblatt hier&jetzt, das im Umfeld der sächsischen „Jungen Nationaldemokraten“ (JN), der Nachwuchsorganisation der NPD, erscheint. Umgekehrt bewirbt auch hier&jetzt das IfS und stellt deren Bücher seinen LeserInnen vor.

Schulung von Rechtsextremisten

Ein wichtiger Bestandteil neurechter Politik ist die politische Mimikry, also die Tarnung der eigenen politischen Absichten und Ansichten, um sich politisch und gesellschaftlich nicht gleich ins Abseits zu manövrieren. Daher darf es durchaus ein wenig verwundern, wie offenherzig IfS-Gründungsmitglied Götz Kubitschek über die Schulung von hochrangigen NPD-Mitgliedern und anderen Rechtsextremen plauderte.

Hintergrund seines Blogbeitrags: Die „Burschenschaftlichen Blätter“, Organ der Deutschen Burschenschaft, hatte erstmals ein Interview mit einem Bundesbruder veröffentlicht, der zugleich ein Funktionär der NPD ist. Das Interview mit Arne Schimmer, seines Zeichen Alter Herr der Burschenschaft „Dresdensia-Rugia“ zu Gießen und sächsischer NPD-Landtagsabgeordneter, stieß bei Kubitschek auf helle Begeisterung. Kubitschek ließ es sich nicht nehmen, sich und dem IfS die Lorbeeren für das aus seiner Sicht sehr gelungene Interview zuzuschreiben. So schrieb Kubitschek: „Nach der Lektüre steht fest: Die beiden Interviewer F. Roland A. (!) Richter sowie Jörg Haverkamp II (!) schaffen es nicht, ihren Verbandsbruder Arne Schimmer des offenen oder latenten Nationalsozialismus zu überführen oder ihn davon zu überzeugen, daß er mit seiner politischen Verortung keinen Platz mehr in der Deutschen Burschenschaft haben könne – wie auch: Schimmer war immerhin ein paar Mal auf einer Akademie unseres Instituts. Prägende Tage, Vorträge und Gespräche, will ich meinen, vermutlich auch für ihn.“ Im Umkehrschluss hieße das nichts anderes, als das Arne Schimmer ohne die Schulungen auf den Akademien des IfS durchaus des offenen oder latenten Nationalsozialismus hätte überführt werden können.

Das IfS veranstaltet seit gut zehn Jahren jährlich jeweils eine sogenannte Sommer- und Winterakademie. Die Akademien stehen unter einem Leitthema, zu dem verschiedene Referenten aus dem konservativen bis sehr rechten Milieu referieren. An den Akademien nehmen 30-35 ausgesuchte Personen als Schüler teil. Kubitschek machte in einem Interview mit der NPD-Postille „Deutsche Stimme“ deutlich, welche Schüler an den Akademien teilnehmen können: „Unser Institut konzentriert sich nicht auf diejenigen, die wir dort abholen müssen, wo sie stehen, sondern auf junge Leute, die einen ersten, großen Schritt auf uns zu gemacht haben. [...] Wir schauen uns - vor allem für die kleinen Runden bei uns auf dem Rittergut [gemeint sind die Akademien – Anmerkung J.R.] - die Teilnehmer genau an, und mancher wird nicht ein zweites Mal eingeladen.“ Arne Schimmer wurde mehrmals wieder eingeladen, er entspricht anscheinend ziemlich genau dem Bild eines jungen Rechten, den das IfS ansprechen möchte. Er ist jedoch kein Einzelfall, auch andere NPD-Landtagsabgeordnete und JN-Kader werden beim IfS geschult. Dass dies bei einzelnen Teilnehmern der Akademien auch auf Kritik stößt, ist für Kubitschek nicht nachvollziehbar: „Neulich hat uns doch glatt wieder einer vorgeworfen: daß wir wohl nichts dagegen hätten, wenn da einer von der JN oder sogar direkt aus dem Landtag bei uns zur Schulung anrücke. Die Antwort ist recht simpel: Erstmal sind das keine Schulungen oder Kaderveranstaltungen, sondern echte preußische Oberseminare ohne Gesinnungsdunst und Bierradikalismus. Und zweitens werden wir uns nie daran gewöhnen, daß der Austausch und das Gespräch egal mit wem irgendein Problem sein sollte.“ Kaum hatte Götz Kubitschek diesen sehr aufschlussreichen Blogbeitrag veröffentlicht, nahm er ihn auch schon wieder von der Seite herunter. Kubitschek zensierte Kubitschek. Stunden später erschien der Blogbeitrag erneut, allerdings radikal gekürzt um die zitierten Passagen. Die politische Mimikry hatte mal wieder gesiegt.

Ziel: Elitenwechsel

Doch was soll diese Schulung von NPD- und JN-Kadern? Ziel ist es nicht, in der Tagespolitik zu intervenieren, da wäre die NPD auch ein denkbar schlechter Ansatzpunkt. Was die Neue Rechte interessiert, ist die Metapolitik. Es geht darum, bei meinungsbildenden Themen zu intervenieren und die eigenen Vorstellungen diskursfähig zu machen, und mittelfristig die Meinungsführerschaft zu erlangen. Um dies zu erreichen, bringt das IfS Publikationen heraus, veranstaltet die erwähnten Schulungen und Vorträge in verschiedenen Städten. Zudem versuchen die AutorInnen der Neuen Rechten, im Regelfall sind es aber Männer, außerhalb ihrer eigenen Publikationen ihre Meinung unterzubringen. So veröffentlichte Karlheinz Weissmann, Mitbegründer des IfS und ein Aushängeschild der Neuen Rechten, seine Beiträge auch mal in der FAZ oder im Deutschlandfunk. In diesem Zusammenhang geht es der Neuen Rechten auch um Einflussnahme bei Parteien. Bislang war für das IfS vor allem die CDU von Interesse, nun scheint auch die NPD interessant geworden zu sein. Ziel dieser Strategie ist es einen „Elitenwechsel“ in Deutschland herbeizuführen.

Wie ein solcher Elitenwechsel dann vonstattengehen kann formuliert Karlheinz Weissmann sehr deutlich: „Es geht um Einsicht, wirkliche Einsicht haben nur Wenige. Das kann nur eine Elite betreffen, es ist absurd zu behaupten, dass plötzlich Millionen von Menschen die tatsächlichen Zusammenhänge begreifen. Für einen Elitenwechsel bedarf es einer heiklen Situation, in der ein Wechsel möglich ist. Wenn es da zu einer krisenhaften Zuspitzung kommt, dann zerbricht das bestehende Gefüge insgesamt. Und das ist im Grunde genommen die einzige Möglichkeit, in der ich einen Elitenwechsel für realistisch halte. Für die Konservativen ist wichtig, dass man eine derartige Situation in den Blick nimmt, sich darauf vorbereitet.“

Das IfS arbeitet auf diesen angestrebten Elitenwechsel hin. Für sie sollen allem Anschein nach NPD-Funktionäre wie Arne Schimmer Teil einer zukünftige Elite sein. Da ist es kein Widerspruch, dass große Teile der NPD beim IfS nach wie vor auf große Ablehnung stoßen, eben auch weil sie allzu offen und platt den Nationalsozialismus verehren und nicht so geschickt wie Arne Schimmer argumentieren können.

Umzug nach Berlin?

Unterdessen hat der neue Chef des IfS, Erik Lehnert, angekündigt, dass der Umzug der rechten Denkfabrik nach Berlin geplant sei. Hier erhofft man sich mehr „Laufkundschaft“ und bessere Ausstrahlungskraft der eigenen Inhalte. Derzeit gucke man sich nach geeigneten Immobilien um, so Lehnert. Spätestens in fünf Jahren will das IfS in Berlin ansässig sein. Sollten sich die Finanzprobleme der NPD noch weiter zuspitzen, so wird vielleicht demnächst in Köpenick eine Immobilie frei, die das IfS interessieren könnte.

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