Permanent bedrohen Neonazis Menschen in Deutschland, schüchtern sie ein oder greifen sie sogar an. Sie schaffen so ein Klima der Angst. Wir versuchen, das mal im Überblick zu behalten - aus Presseberichten, die wir in die Presseschau aufnehmen. Ausgabe März 2014.
Diese Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit! Wenn etwas Wichtiges fehlt, bitte per Mail an netz@amadeu-antonio-stiftung.de.
01.03.2014
Dresden Pieschen (Stadt Dresden)
Dresdner Polizeibeamte konnten Samstagmorgen einen 30-Jährigen auf der Leipziger Straße stellen. Er hatte zuvor einen Tunesier (23) beleidigt und geschlagen. Der 30-Jährige folgte dem 23-Jährigen auf der Leipziger Straße. Als er ihn eingeholt hatte, beleidigte er ihn zunächst und schlug ihm dann unvermittelt ins Gesicht. Ein Zeuge hatte die Polizei verständigt. Einsatzkräfte konnten den 30-jährigen Dresdner noch am Ort stellen. Der 23-Jährige wurde leicht verletzt und musste in einen Krankenhaus behandelt werden (RAA Sachsen - Opferberatung).
01.03.2014 Merseburg
Im Vorfeld einer Demonstration gegen Rassismus provozieren zwei Männer gegen 11:30 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz sich versammelnde Demonstrant_innen u.a. mit ausgestrecktem Mittelfinger. Als ein 21-Jähriger sie darauf anspricht und fragt, ob sie hier falsch seien, schlägt ihm einer der Unbekannten unvermittelt so mit der Faust ins Gesicht und auf den Mund, so dass , dass er aus seiner Lippe zu bluten beginnt. Als umstehende Demonstrant_innen reagieren, flüchtet der Angreifer, wird aber von in der Nähe stehenden Polizeibeamten gestoppt, die seine Personalien aufnehmen. Der Betroffene muss mit Zahn- und Gesichtsverletzungen ambulant im Krankenhaus behandelt werden (Mobile Opferberatung).
01.03.2014, Merseburg
Derweil kam es In Merseburg am Samstagabend wieder zu einem offenbar rechtsmotivierten Zwischenfall gekommen. Wie die Polizei in Halle am Sonntag mitteilte, beleidigte und beschimpfte ein unbekannter Mann auf dem Bahnhof einen 45-Jährigen aus Burkina Faso mit ausländerfeindlichen Äußerungen. Beide waren zusammen aus einem Zug ausgestiegen. Der Staatsschutz ermittelt (focus.de)
3.3.2014: Bonn
Am Rosenmontag wurde ein 40-jähriger Mann gegen 22:00 Uhr von einer Gruppe kostümierter Männer in Bonn Bad Godesberg rassistisch bedroht und angegriffen. Die fünf bis sechs Unbekannten stellten sich ihm mit aggressiven Äußerungen in den Weg, zwei der Männer schlugen dann unvermittelt zu und verletzten den Angegriffenen erheblich. Da ein „fremdenfeindlicher Hintergrund" nicht ausgeschlossen ist, übernahm der Staatsschutz die Ermittlungen. (PM Polizei Bonn v. 12.3.2014)
05.03.2014: Chemnitz
Nach Angaben von Betroffenen sowie des Bündnisses "Chemnitz Nazifrei" wurden bisher drei Angriffe auf Personen bekannt, die gegen die Demonstration der Neonazis protestieren wollten. Die Angriffe passierten räumlich getrennt voneinaden, sollen sich jedoch alle bei der Anreise der Neonazis ereignet haben. Die Betroffenen erlitten dabei leichte Verletzungen (RAA Sachsen - Opferberatung).
07.03.2014, Templin/OT Annenwalde
Nachdem der Besitzer eines Restaurants einem polizeibekannten Templiner den Zutritt zu diesem verwehrt, zeigt dieser den sogenannten Hitlergruß und brüllt dabei »Heil Hitler«. Als ein couragierter Gast sein Missfallen darüber äußert schlägt ihn der 50-jährige Täter ins Gesicht. Dann droht er dem Restaurantbesitzer ihn umzubringen. Die alarmierte Polizei nimmt ihn kurze Zeit später in Gewahrsam. (Quelle: gegenrede.de, Opferperspektive)
07.03.2014: Dresden Neustadt
Am Freitagabend wartete eine 34-jährige Mexikanerin an der Haltestelle Bautzner-/Ecke Rothenburger Straße auf eine Bahn der Linie 11 Richtung Bühlau. Plötzlich kam ein betrunkener Unbekannter auf sie zu, beleidigte sie rassistisch und versuchte mit einer Bierflasche auf die Frau einzuschlagen. Die 34-Jährige konnte den Schlägen ausweichen. Daraufhin sprang der Mann sie an und riss sie zu Boden. In dieser Situation kamen Personen hinzu und konnten den Angreifer von der Frau wegreißen. Die Frau trug leichte Verletzungen davon. Als die Polizei eintraf, war der Angreifer bereits verschwunden (RAA Sachsen - Opferberatung).
08.03.2014, Mönchengladbach
Nach einem ausländerfeindlichen und sexuellen Übergriff auf eine Frau in einer Regionalbahn sucht die Polizei nach zwei Männern und einer Frau aus dem Raum Heinsberg/Aachen. Es soll sich um Fans von Borussia Mönchengladbach handeln. Die 43-jährige Frau war am Samstag um 19.21 Uhr in Mönchengladbach in die Regionalbahn 10391 von Duisburg nach Aachen gestiegen. Im Zug wurde die Frau vermutlich wegen ihres südländischen Aussehens von den ebenfalls zugestiegenen beiden Männern und der Frau massiv rassistisch beleidigt und beschimpft. Von dem neben ihr sitzenden Mann wurde sie schließlich sogar festgehalten und unsittlich begrapscht, während die Frau sie weiter beschimpfte. In Mönchengladbach-Herrath konnte die 43-Jährige aus dem Zug flüchten und die Polizei rufen. Die drei Täter waren als Fans von Borussia Mönchengladbach gekleidet (Aachener Zeitung, Rheinische Post).
09.03.2014, Chemnitz
In den Nachtstunden wurden drei Männer aus dem arabischen Sprachraum von 6-8 Personen erst in, später vor einer Diskothek angegriffen. Dabei prügelten und traten diese auf die drei Männer ein. Einer von Ihnen erlitt dadurch sehr schwere Verletzunge, die einen mehrtägigen Krankenhausaufenthalt nach sich zogen. Der anwesende Sicherheitsdienst griff nicht ein, die Täter konnten in Ruhe den Tatort verlassen (RAA Sachsen - Opferberatung).
09.03.2014, Velten
Ein Spezialeinsatzkommando hat am Sonntag in Velten (Oberhavel) einen Rechtsradikalen überwältigt. Er hatte zuvor seine Freundin und die Polizei mit einer Machete bedroht und sich selbst verletzt. Sein Hund wurde bei dem Einsatz erschossen (Tagesspiegel).
10.03.2014, Witteberg
Die Spuckattacke auf zwei Japanerinnen im Arsenal ist aufgeklärt: Nach raschem Einsatz der Polizei konnten die beiden tatverdächtigen Jungen ermittelt werden, zwei Kinder im Alter von 12 und 13 Jahren. Der 12-Jährige ist der Polizei bereits durch Ladendiebstähle bekannt. Bei der Befragung der Kinder gaben diese an, aus Langeweile durch den Einkaufsmarkt geschlendert zu sein. In einer Regalreihe hätten sie die beiden jungen Mädchen gesehen und zunächst nicht erkannt, dass es sich um ausländische Bürgerinnen gehandelt habe. Die Kinder gaben zu, die 21-Jährige Japanerin bespuckt zu hat. Erst als die Geschädigte die Kinder ansprach, hätten sie bemerkt, dass es sich um Ausländerinnen handelte. Als die jungen Frauen die Regalreihe schließlich verlassen wollten, habe der 12-Jährige der 21-Jährigen Geschädigten ein Bein gestellt, so dass sie ins Straucheln kam, ohne hinzufallen (Wochenspiegel).
10.03.2014, Mainz
Ein 57-jähriger Mann aus Idstein und ein 28-jähriger Mann aus Mainz mit angolanischer Abstammung im Bus der Linie 6 in heftigen Streit geraten. Beim Aussteigen aus dem Bus kam es zu Handgreiflichkeiten an der Bushaltestelle am Mainzer Hauptbahnhof. Hierbei stach der Idsteiner dem 28-Jährigen mit einem Messer in den Hals. Der Mann erlitt dadurch lebensbedrohliche Verletzungen, wurde notoperiert und ist nach Auskunft der Ärzte mittlerweile außer Lebensgefahr. Auch der 57-Jährige wurde verletzt und musste stationär aufgenommen werden. (Allgemeine Zeitung). Mehrere Zeugen schildern, dass der Idsteiner im Verlauf der Auseinandersetzung den jungen Mann mit rassistischen Begriffen und weiteren Beleidigungen beschimpft haben soll. Daraufhin kam es zu einer Auseinandersetzung. Der 57jährige zog ein Messer, stach auf den 28-Jährigen ein und verletzte ihn dabei schwer. Ein weiterer Zeuge berichtet, dass der Idsteiner nach seiner Festnahme, "Ich hasse Ausländer!", gerufen haben soll (Facebookseite Mahnwache). Am gestrigen Mittwoch fand aus Solidarität zum Opfer und gegen Rassismus eine Mahnwache mit 80 Teilnehmer*innen statt, die in den nächsten 14 Tagen täglich fortgeführt werden soll (Allgemeine Zeitung).
15.03.2014 Berlin-Hellersdorf
Der Hass auf die Helfer des Flüchtlingsheims in Hellersdorf hat eine neue Dimension erreicht. Jetzt wurde einer Anwohnerin das Auto angezündet. Die katholische Seelsorgerin hatte die Flüchtlinge in der Carola-Neher-Straße unter anderem mit Hilfsgütern versorgt (Berliner Zeitung, Berliner Kurier).
19.03.2014, Luckenwalde
Auf ein Übergangsheim für Asylbewerber in Luckenwalde ist am Mittwochabend ein Anschlag verübt worden. Mit einem Stein wurde eine Scheibe eingeschlagen. Die Hintergründe sind unklar, der Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen. Die Polizei sucht Zeugen (MAZ).
Unbekannte beschossen gegen 10 Uhr die Flüchtlingsunterkunft in Essen-Frintop mit Metallkugeln und beschädigten die Glasscheiben. Als die alarmierte Polizei den Tatort untersuchte, landete in ihrer Nähe noch eine abgefeuerte Schraubenmutter. Dabei handelt es sich um den dritten Angriff dieser Art: Das ehemalige Schulgebäude an der Straße Im Neerfeld war bereits im Oktober 2013 zweimal mit Stahlteilen beschossen worden. (PM Polizei Essen und WAZ).
20.03.2014, Fürth
Während die Antifaschistische Linke Fürth (ALF) mitteilt, ein Nazigegner sei dort am vergangenen Donnerstag von einen Neonazi mit dem Messer bedroht worden, hat der Beschuldigte am selben Tag selbst Anzeige bei der Polizei erstattet. Wie Polizeisprecher Robert Sandmann auf Anfrage der Fürther Nachrichten erläutert, gab der von der ALF Beschuldigte an, um 16.40 Uhr von einem Kontrahenten mit drei Begleitern beleidigt und bedroht worden zu sein. Die Polizei hatte zwar einen Streifenwagen zum Ort des Geschehens geschickt, dort aber keine Beteiligten mehr ausmachen können. Zur Aufklärung wäre es laut Sandmann sehr hilfreich, wenn sich Zeugen melden würden – insbesondere der Mann, der die Messerattacke erlebte. Er hatte laut ALF darauf verzichtet, die Polizei zu rufen, weil diese bei einer ersten Messerattacke im Januar nicht gekommen waren, sondern zu einer Anzeige auf der Wache geraten hatten (nordbayern.de).
Freitagabend liefen mehrere, augenscheinlich alkoholisierte, junge Männer die Neundorfer Straße entlang. Aus der Gruppe heraus wurde die Fensterscheibe einer Erdgeschosswohnung eingeworfen. Einige der Jugendlichen betraten das Haus und versuchten die Tür der betreffenden Wohnungen einzutreten, was jedoch nicht gelang. Anschließend setzten die Unbekannten ihren Weg fort. In der Wohnung sind tunesische Asylbewerber untergebracht. Alarmierte Polizeibeamte stellten in einem Hausflur an der Rottwerndorfer Straße kurz darauf sieben Personen fest. Ob es sich bei den sieben Männern um die beschriebene Gruppierung handelte, ist Gegenstand der Ermittlungen. (RAA Sachsen - Opferberatung)
23.03.2014 Naumburg
In den Morgenstunden hört ein Alternativer mehrfach Sieg-Heil-Rufe aus einem nahegelegenen Park und bemerkt daraufhin drei Unbekannte, von denen die Parolen offenbar ausgehen. Beim Näherkommen sieht er, dass die Polizei bereits vor Ort ist und spricht kurz mit den Beamten. Als er gegen 11 Uhr mit seinem Fahrrad in Tatortnähe vorbeifährt, begegnet er dem Trio erneut. Nach dem Ruf "Das ist der Typ, der uns verpfiffen hat!" verfolgen die Männer den jungen Mann. Einer wirft dabei mit einer Flasche und Steinen nach ihm, sodass er mehrmals ausweichen muss. Erst am Markt lässt das Trio von dem Betroffenen ab (Mobile Opferberatung).
24.03.2014, Fürstenwalde
Ein 16-jähriger Roma wird auf einem Supermarktparkplatz überraschend von drei Unbekannten angegriffen. Ein Täter ergreift den Jugendlichen von hinten und hält ihn fest. Daraufhin schlagen zwei weitere Männer auf ihn ein. Als der Betroffene zu Boden geht, lassen die Täter von ihm ab und er kann fliehen. Die Polizei schließt ein rassistisches Motiv nicht aus. (Quelle: Opferperspektive, Polizei)
26.03.2014: Berlin: Jugendlichen rassistisch beleidigt - Haftbefehl
Nach Schikanen gegen einen aus Algerien stammenden Jugendlichen in Bernau (Barnim) ist ein 18-Jähriger in Untersuchungshaft gekommen. Ihm wird vorgeworfen, den 17-Jährigen am vergangenen Mittwoch rassistisch beleidigt, mit einem Messer beworfen und in einem Zimmer eingeschlossen zu haben, wie die Polizei am Montag berichtete (Berliner Zeitung).
28.03.2014: Chemnitz
Eine Frau aus Syrien wird auf ihrem Heimweg von einem Mann angegriffen. Dieser beschimpft sie zu Beginn, dass sie gefälligst deutsch sprechen solle. Anschließend versucht er ihr das Kopftuch zu entreißen, tritt und schlägt die Frau (Quelle: Kooperationspartner, RAA Sachsen - Opferberatung)
Mehr Gewalt gegen Minderheiten in Berlin
Die Opferberatungsstelle Reachout hat am Mittwoch erschreckende Zahlen veröffentlicht: In der deutschen Hauptstadt sind Gewalttaten und Bedrohungen gegen Minderheiten um mehr als 30 Prozent gestiegen. Das hat vor allem zwei Gründe: Es ist mehr passiert und es wird mehr angezeigt (Berliner Zeitung, netz-gegen-nazis.de).
Sachsen-Anhalt: Weniger Straftaten von links und rechts, aber: mehr aus Rassismus
Die politisch motivierte Kriminalität von links und rechts ist im vergangenen Jahr in Sachsen-Anhalt um rund zehn Prozent zurückgegangen. Getrübt wird die grundsätzlich positive Tendenz aber durch einen deutlichen Anstieg fremdenfeindlicher und antisemitischer Straftaten (Volksstimme, netz-gegen-nazis.de.)
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