Das Programm der NPD

Die NPD verfolgt eine moderne Strategie: Über Musik zum Beispiel oder Elemente aus der heidnisch-germanischen Mythenwelt verbreitet sie Aspekte ihrer rassistischen Ideologie und hat dadurch Zugänge gefunden zu unterschiedlichen Jugendkulturen.

In Zusammenarbeit mit Neonazi-»Kameradschaften« kann sie Jugendlichen heute eine rechte Erlebniswelt bieten, die über eine hohe Anziehungskraft verfügt. Mit einem Durchschnittsalter von 37 Jahren hat die NPD heute die jüngste Mitgliederschaft aller Parteien.

In ihrer Propaganda setzt die NPD immer wieder auch auf aktuelle Themen, sie beteiligte sich beispielsweise an Protesten gegen die sogenannte Hartz-IV-Reform oder den Irakkrieg. Je nach Situation vor Ort gelingt ihr dadurch in manchen Regionen der Anschluss an Diskurse und Einstellungen der gesellschaftlichen Mitte. Sie versucht feste Parteistrukturen aufzubauen, um sich durch kontinuierliche kommunalpolitische Aktivitäten in Städten und Gemeinden zu verankern.

»Die BRD abwickeln«

Die Wahlplakate und Flugblätter der NPD klingen oft ziemlich harmlos. In der Parteizeitung Deutsche Stimme oder auf Versammlungen wird der ehemalige Vorsitzende und aktuelle EU-Parlamentarier Udo Voigt deutlicher: Das »Endziel« sei eine »neue Ordnung in Deutschland«, hieß es zum Beispiel in der Deutschen Stimme vom Juni 1997. In einem Interview mit der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit sagte Voigt im September 2004: »Es ist unser Ziel, die BRD ebenso abzuwickeln, wie das Volk vor fünfzehn Jahren die DDR abgewickelt hat.«

Das Grundgesetz lehnt die NPD strikt ab, ihrer Ansicht nach ist es den Deutschen nach der Befreiung vom Nationalsozialismus von den West-Alliierten aufgezwungen worden. Genaue Vorstellungen über den neu zu schaffenden Staat hat die NPD nicht, auf jeden Fall aber würde sie die Parlamente entmachten und durch eine starke Führungsperson sowie durch Volksentscheide oder -befragungen ersetzen.

Der »Volks«-Begriff

Kaum ein Begriff taucht in den Programmen der NPD so häufig und so prominent auf wie das »Volk«. Dies ist kein Wunder, denn die NPD ist eine völkische Partei, das »Volk« ist bei ihr Grundlage und oberstes Ziel aller Politik. Für die NPD ist der Einzelne nichts ohne sein Volk. Der erste Satz des NPD-Grundsatzprogramms lautet: »Volkstum und Kultur sind die Grundlagen für die Würde des Menschen.« Das mag unverfänglich klingen, hat aber weitreichende Konsequenzen. In einer humanistischen Ordnung kommt jedem Menschen seine Würde aus sich selbst zu; darin sind alle gleich, jede und jeder besitzt sie von Geburt an, unabhängig beispielsweise von Hautfarbe, Herkunft, sexueller Orientierung oder Behinderung.

»Die Würde des Menschen ist unantastbar«, lautet deshalb auch der erste Satz des Grundgesetzes, woraus der zweite folgt: »Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.« Ganz anders im NPD-Programm. Dort folgt aus der völkischen Grundsatzentscheidung des ersten Satzes, dass der Staat »Verantwortung für das Volk« trage (und nicht für den einzelnen Menschen). Damit wäre in einem Staat nach den Vorstellungen der NPD Tür und Tor geöffnet für staatliche Willkür gegen Individuen, einzelne Menschen oder Gruppen könnten beliebig zu »Volksschädlingen« erklärt und verfolgt werden.

So deutlich sagt das die NPD natürlich nicht. Und sie profitiert von der Vieldeutigkeit des Begriffes »Volk«, der ja auch im Grundgesetz vorkommt. Die NPD aber hat einen klaren, biologistischen Volksbegriff. »Grundlegend für ein Volk seien: gemeinsame Abstammung, Geschichte, Sprache, Kultur sowie gemeinsames Erleben und Schicksal«, heißt es zum Beispiel im Taschenkalender des nationalen Widerstandes 2006 aus dem Deutsche Stimme-Verlag. Wer also keine »blutsdeutschen« Vorfahren hat, gehört für die NPD nicht zum Volk und hat bei ihr weniger Rechte. Sie will keine Demokratie (demos = Volk), sondern eine »Ethnokratie«, also die Herrschaft einer ethnischen Gruppe.

»Blut und Boden«

Oberstes Ziel der NPD ist der Erhalt des so definierten deutschen Volkes (bzw. der germanischen Rasse, wie einige Mitglieder offen sagen). Folglich setzt sich die Partei für eine stärkere Förderung rein-deutscher Familien ein, denn diese sind in ihren Augen ja (laut Grundsatzprogramm) »Träger des biologischen Erbes« des Volkes. Alle politischen Forderungen der NPD basieren auf diesem Weltbild. Sie ist zum Beispiel für Agrarsubventionen, denn die Bauern seien der »Nährstand des Volkes«. Sie tritt ein für Umweltschutz, denn »ohne eine ökologisch verantwortliche Politik« sei »jedes Volk in seiner Substanz gefährdet«, wie die NPD es formuliert.

Die Programmatik der NPD ähnelt der der NSDAP sehr, deshalb ist es auch kein Wunder, dass die Partei das nationalsozialistische Deutschland immer wieder verteidigt (und dessen Verbrechen verharmlost). »Die Volksgemeinschaft wurde in der BRD zerstört«, heißt es zum Beispiel in bedauerndem Ton im »Aktionsprogramm« der NPD. In der Deutschen Stimme wird bewundernd über die Wirtschaftspolitik der NSDAP geschrieben. Und der ehemalige Vorsitzende Udo Voigt erklärt in einem Interview mit der extrem rechten Wochenzeitung Junge Freiheit: »Zweifellos handelt es sich bei Hitler um einen großen deutschen Staatsmann.«

Die soziale Frage als »deutsche Frage«

Unter Voigt ist neben rassistischer Propaganda »die soziale Frage« das wichtigste Propagandathema der NPD geworden, in der Parteizeitung erscheinen Schlagzeilen wie »Großkapital vernichtet weitere Arbeitsplätze«. Gleich nach Voigts Amtsantritt, am 1. Mai 1996, mobilisierte die Partei zu einer Großdemo am Leipziger Völkerschlachtdenkmal. »Sozialismus ist machbar«, rief der Vorsitzende dort. »Unser Sozialismus ist aber ein Sozialismus des Volkes und nicht des internationalen Klassenkampfes.«

Ihr Grundsatzprogramm hatte die NPD schon Ende der 1970er Jahre auf vermeintlich antikapitalistischen Kurs gebracht, aber erst zwanzig Jahre später und unter den gesellschaftlichen, sozialen und ökonomischen Bedingungen Ostdeutschlands konnte sie damit in der Bevölkerung ankommen. Geschickt macht sich die NPD den dort verbreiteten Frust über das bundesrepublikanische System und positive Erinnerungen an die DDR zunutze.

Dass sie darunter vor allem die Ausgrenzung aller, die nicht ins rechte Weltbild passen versteht, und keinesfalls die Herstellung sozialer Gleichheit anstrebt, sagt die NPD nicht laut. Nur im kleingedruckten Anhang des erwähnten Taschenkalenders erklärt die Partei, die von ihr angestrebte Volksgemeinschaft werde »stets eine klare soziale Unterscheidung, als Folge der Verschiedenheit der Menschen (nach Alter, Begabung, Anspruch, Kenntnis, Fähigkeit, Leistung, Haltung usw.) zeigen«.

Vielfalt? – Ethnopluralismus

Dieses Zitat verweist auf den zweiten Grundsatz der NPD-Ideologie: Die Partei leugnet vehement die prinzipielle Gleichheit aller Menschen und schließt dabei von der biologischen Verschiedenheit aller Individuen auf ihre vermeintliche gesellschaftliche, politische, soziale und juristische Ungleichheit. Sie nennt ihr Konzept »lebensrichtiges Menschenbild«. Sie versucht, ihre Gesellschaftsvorstellungen mit pseudo-wissenschaftlichen Erkenntnissen zu begründen, überträgt dazu Erkenntnisse beispielsweise aus der Verhaltensforschung bei Tieren auf den Menschen und ignoriert, dass den Menschen gerade auszeichnet, dass er nicht nur Natur-, sondern auch Kulturwesen ist.

Die NPD teilt die Menschheit in unterschiedliche Rassen ein. Doch anders als die NSDAP bezeichnet sie andere als die arische Rasse nicht offiziell als minderwertig. Stattdessen vertritt sie einen sogenannten »Ethnopluralismus«, den sie der Neuen Rechten entlehnt hat. Demnach sei es erstrebenswert, dass nebeneinander verschiedene Staaten und Gesellschaften existieren, die jeweils »reinrassig« sein sollten. Dieses Konzept hat den Vorteil, dass es der NPD – zumindest theoretisch – auch die Zusammenarbeit mit ausländischen Rechten ermöglicht. In der Praxis dagegen verachten viele einfache NPD-Mitglieder alle MigrantInnen. Denn genau diese Vorstellung, allein aufgrund der eigenen Herkunft mehr wert zu sein als andere Menschen, macht die NPD und ihre Weltanschauung für einen Teil der Bevölkerung attraktiv – besonders in Zeiten von Globalisierung und wachsender sozialer und wirtschaftlicher Unsicherheit.

Antisemitismus als Konstante im Hintergrund

Wenn die NPD vollmundig gegen das »Großkapital« agitiert, darf man sich keine Illusionen darüber machen, wen im speziellen sie als zu bekämpfenden Gegner ausmacht. Gemäß ihrer tiefen Verankerung in der NSDAP-Programmatik wähnt sie das vorgeblich besonders schädliche internationale Kapital als »jüdisch«. Die »Kapitalismuskritik« der NPD ist eng mit dem klassischen politischen Antisemitismus verknüpft. Bemerkenswerterweise lassen sich antisemitische Äußerungen zur sozialen Frage im großen Stil bei der NPD nicht finden.

Eine deutlichere Sprache sprechen jedoch Äußerungen in internen Foren und Blättern. Offenbar erhofft man sich derzeit keine Sympathiegewinne durch aggressive antisemitische Äußerungen. Die entsprechende Ideologie ist bei den NPD-Anhängern jedoch konstant zu finden und schwimmt im Hintergrund immer mit. Sie wird jedoch öffentlich nicht offensiv zur Schau getragen. Durchbruch findet der Antisemitismus der NPD bei Gelegenheiten wie Demonstrationen unter dem Motto »Keine Steuergelder für den Synagogenbau« oder wie jüngst in hämischen Kommentaren zum Tod von Paul Spiegel, dem Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Dieser Text wurde uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum e.V. (apabiz)

drucken