Das Aktionsbündnis "Birlikte - Zusammenstehen" erinnert am Pfingstwochenende in Köln an den Nagelbombenanschlag der Rechtsterrorist*innen des "Nationalsozialistischen Untergrundes" vor 10 Jahren.
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Am Wochenende in Köln: BIRLIKTE - Zusammenstehen

Vor zehn Jahren zündeten Mitglieder des selbsternannten »Nationalsozialistischen Untergrund« (NSU) in der Mitte der Kölner Keupstraße eine Nagelbombe. 22 Menschen wurden verletzt, vier davon schwer. Am Pfingstwochenende organisiert das Bündnis "BIRLIKTE - Zusammenstehen" in Köln zahlreiche Veranstaltungen, die an den Anschlag erinnern und ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und Rassismus setzen wollen. In Berlin wurde ein Gedenkversuch gestört - die Polizei zerstörte ein Gedenk-Wandbild, dass ihnen zu staatskritisch erschien.

Von der Redaktion

Vor zehn Jahren zündeten Mitglieder des selbsternannten »Nationalsozialistischen Untergrund« (NSU) in der Mitte der Kölner Keupstraße eine Nagelbombe. 22 Menschen wurden verletzt, vier davon schwer. Wie eine Untersuchung des Bundeskriminalamts ergab, war der mit hunderten von Nägeln gespickte Sprengsatz so konstruiert, Dutzende Menschen in den Tod zu reißen. Nach dem Anschlag herrschte in Köln Entsetzen. Bei den folgenden Ermittlungen wurde allerdings ein rechsextremes Verbrechen ausgeschlossen, stattdessen von "Auseinandersetzungen im migrantischen Milieu" ausgegangen - dabei waren es die Rechtsterrorist*innen des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU), die die Bombe platziert hatten. Am Pfingstwochenende organisiert das Bündnis "BIRLIKTE - Zusammenstehen" in Köln zahlreiche Veranstaltungen, die an den Anschlag erinnern und ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und Rassismus setzen wollen.

Das Bündnis "BIRLIKTE - Zusammenstehen" lädt am 7., 8. und 9. Juni nach Köln-Mülheim ein, um gemeinsam an die Opfer des NSU-Terrors zu erinnern, zu debattieren, ein vielfältiges Kunst- und Kulturfest auf der Keupstraße zu feiern und auf einer großen Kundgebung zu demonstrieren. Mit Musik, Theater, Tanz, Film, Literatur und Diskussionen soll ein deutliches Zeichen gegen Rassismus und rechtes Gedankengut gesetzt werden. Zum Bündnis gehören u.a. die IG Keupstraße, Mut gegen rechte Gewalt, Arsch huh - Zäng ussenander, Amadeu Antonio Stiftung, Bündnis für Demokratie und Toleranz, Mario Rispo, Schauspiel Köln, RTK.

Das Programm

findet sich auf der Website der Aktion www.birlikte.info

Auszüge:

Samstag, 07. Juni

19 Uhr: Schauspiel Köln: "Die Lücke - ein Stück Keupstraße". Premiere des Theaterprojektes von Nuran David Calis über das Leben in der Keupstraße und die Folgen des Anschlags. Das Stück entsteht in enger Zusammenarbeit mit der IG Keupstraße und unter Beteiligung der Anwohner der Keupstraße. Ort: Schauspiel Köln im Depot, Schanzenstraße 6-20, Köln-Mülheim und Keupstraße

Sonntag, 08. Juni

ab 11 Uhr:
Ganztägiges Kunst -und Kulturfest "Offene Keupstraße, offene Läden, offene Hinterhöfe!"
Programm auf mehr als 30 Bühnen in der Keupstraße und auf dem Gelände des benachbarten Carlswerks. 
u.a. 

  • Filmische, dramatische, tänzerische Auseinandersetzung mit dem Thema auf den Depot-Bühnen des Schauspiels Köln / Carlswerk; 20 Uhr: Musikalischer Abend mit Mario Rispo und Gästen
  • Im Foyer des Bastei Lübbe Verlags lesen u.a. Hatice Akyün, Jenke von Wilmsdorf, Hardy Krüger und Feridun Zaimoglu.
  • Auf der Hauptbühne im Carlswerk spielen u.a. die Delbrücker Symphoniker und das Türkische Nationalorchester und Eko Fresh und Brings.
  • Auf der Hauptbühne in der Schanzenstraße spielen u.a. Phoenix Turkish Folk Dance Ensemble, Microphone Mafia, die Steven Ouma Band, die Chupacabras und es findet eine "Stunksitzung" statt.
  • Im ISS-Bildungszentrum berichten Opfer-Anwälte aus dem NSU-Prozess.
  • im Kervansaray Restaurant gibt es "Süperdisko"
  • im Hinterhof des Friseursalons Özcan spielt u.a. der iranische Multiinstrumentalist Syavash Rastani und Günther Wallraff liest
  • auf der Außenbühne 1 gibt es eine Lesung und Autogrammstunde mit Toni Schumacher & Christian Löer
  • Im "Sabahci Kahvesi" wird die Publikation »Vom Mauerfall bis zur Nagelbombe« vorgestellt, die Interviews mit Betroffenen des Nagelbombenanschlags enthält und auf dem Podium diskutieren Expert*innen zum Thema "Wie weiter nach dem Untersuchungsausschuss?"
  • Auf der Kinderbühne und daneben gibt es Zauberprogramm, Kinderschminken, Soccer Ei und Hüpfburgen.

| Das ganze Programm für den 08. Juni

Montag, 09. Juni

12 Uhr Podiumsdiskussion
mit Sigmar Gabriel (SPD-Parteivorsitzender), Mehmet Daimagüler (Rechtsanwalt im NSU-Prozess), Hülya Özdag (Geschäftsfrau), Anetta Kahane (Amadeu Antonio Stiftung), Stefan Aust (Journalist); Moderation: Hans-Ulrich Jörges, Mitglied der stern-Chefredaktion 
Ort: DEPOT des Schauspiel Köln, Schanzenstr. 6-20, Köln-Mühlheim

15.45 Uhr Große Kundgebung
Mit Musik- und Wortbeiträgen zahlreicher prominenter deutscher und internationaler Stars. Unter anderem mit Udo Lindenberg, Peter Maffay, Wolfgang Niedecken & BAP, Zülfü Livanneli, Sertab Erener & Demir Demikan, Hardy Krüger, Bläck Föös, Serdar Somuncu, Carolin Kebekus, Tom Buhrow, Brings, Höhner, Elke Heidenreich, Isabel Schayani, Tommy Engel und Arno Steffen, Wilfried Schmickler u. v. a. / Moderation: Sandra Maischberger und Fatih Çevikollu
Ort: Kundgebungsgelände an der Schanzenstraße, Köln-Mühlheim

| Das ganze Programm für den 09. Juni

Berlin: Gedenk-Plakat von der Polizei zerstört

Es sei Köln zu wünschen, dass ein würdevolles Gedenken an das NSU-Nagelbombenattentat gelingt. In Berlin wollten das "Bündnis gegen Rassismus" und "Allmende e.V." am Dienstag ein Wandbild in Berlin-Kreuzberg aufhängen, das ebenfalls dem Attentat in der Keupstraße gedenken sollte. Auf dem Plakat war das Fahrrad der Täter zu sehen und der Schriftzug: „Ermittlungsterror gegen die Betroffenen. Die Mehrheit schweigt. NSU: Staat & Nazis Hand in Hand. Das Problem heißt Rassismus.“ Dies war der anwesenden Polizei offenbar zu viel Kritik an der eigenen Arbeit: Zunächst versuchte diese, das Bild zu entfernen mit der Behauptun, es sei ohne Erlaubnis der Hauseigentümer angebracht - was eine Vertreterin der Wohnungsbaugenossenschaft, der das Haus gehört, verneinte. Dann drohte die Polizei, die Zeile "NSU: Staat & Nazis Hand in Hand" zu übermalen, da sie den Staat verunglimpfe. Als die Initiatoren dieser Aufforderung nicht nachkamen, orderte die Polizei eine Drehleiter der Berliner Feuerwehr und ließ einen Feuerwehrmann die strittige Passage aus dem Bild reißen. Einen Pressefotograf, der die Aktion dokumentierte, versuchten die Beamten ebenfalls zu kontrollieren und einzuschüchtern. Alles in allem gaben sie damit ein sehr unrühmliches Bild ab.  

Das Plakat vor und nach der Polizeiaktion. Copyright: Bündnis gegen Rechtsextremismus/
Allmende e. V.

 
Interviews mit "Birlikte"-Teilnehmer*innen

Zahlreiche lesenswerte Interviews finden sich auf der Website "Birlikte.info":

 

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