Kommenden Montag wird in Leipzig die erste Pegida-Ableger-Demonstration namens "Legida - Leipzig gegen die Islamisierung des Abendlandes" stattfinden. Führende Organisatoren kommen aus dem rechten Fußballumfeld der sächsischen Messestadt. Diese Aktionen bleiben aber nicht unwidersprochen, besonders in den Fanszenen von der BSG Chemie, aber auch bei Rasenballsport Leipzig formiert sich Gegenprotest. Der Verein RB Leipzig versagte den Fans allerdings zuletzt das Zeigen von Spruchbändern gegen Legida und gegen Rassismus.
Von Redaktion Fussball-gegen-Nazis.de
Die Initiative "Leipzig nimmt Platz" bündelt inzwischen die Proteste gegen Legida und formulierte für Montag einen Aktionskonsens, der ein gewaltfreies Vorgehen und zivilcouragierten Widerstand unterstreicht. Verschiedenste gesellschaftliche Spektren mobilisieren aktuell für die Proteste am kommenden Montag. Die Demonstrationen "Willkommen in Leipzig – eine weltoffene Stadt der Vielfalt" wird ab der Nikolaikirche und das Bündnis "8. Mai" ab dem Lindenauer Markt starten und in die Kundgebung von "Leipzig Courage zeigen" auf dem Waldplatz in Hörweite der Legida-Demonstration münden. Eine weitere Demonstration des Bündnisses "Refugees welcome" führt direkt in Hör- und Sichtweite des Auftaktortes von "Legida" am Eingang der Red Bull Arena in das Waldstraßenviertel. Zum Westplatz läuft auch eine Demo von Studierenden gegen Rassismus. Die Gegenproteste sind somit jetzt schon zahlreicher, als Legida.
Organisatoren von Legida aus dem Fußballumfeld und der AfD
Laut Medieninformationen stammen zwei der drei Hauptverantwortlichen bei Legida aus der Leipziger Fußballszene. Angemeldet hatte den Legida-Marsch zunächst Marco Prager aus der Fanszene um den Verein Lok Leipzig. Prager soll Kontakte zur rechten Fangruppe "Scenario Lok" haben, die sich kürzlich offiziell auflöste. Nach einem Angriff auf Fans vom SV Babelsberg 2013 äußerte sich Prager positiv über Scenario. Die Anmeldung für Legida hatte Prager zurückgezogen, die wahren Gründe dafür sind unbekannt. Nachdem die Leipziger Antifa die Köpfe von Legida geoutet hatte, könnte der Druck auch innerhalb der Lok Leipzig Fanszene zu groß geworden sein.
Zweiter Kopf bei Legida ist Silvio F. Rösler, er fungiert als Versammlungsleiter und kommt aus dem Fanmilieu des aufgelösten Vereins SG Sachsen Leipzig. Dieser ist ein Gegenspieler der BSG Chemie, deren Fans und Vereinsfunktionäre sich seit Jahren deutlich antirassistisch positionieren. Rösler hatte 1999 auf der Liste der DSU für den Stadtrat kandidiert und soll laut Juliane Nagel, Landtagsabgeordneter der Linken aus dem Leipziger Süden, gute Kontakte mit der AfD haben. Nach Informationen eines Leipziger Blogs soll Rösler außerdem mit dem Dresdner Pegida Ordner Siegfried Däbritz Kontakt haben, welcher wiederum laut Recherchen von MDR Exakt im internen HoGeSa-Forum aktiv war.
Neuer Anmelder der Legida-Demonstration ist der Dresdner Jörg Hoyer, er gilt als mutmaßlicher Autor des Legida-Positionspapiers. Dieses Papier ist gefüllt mit deutlicher Blut- und Boden-Rhetorik, unter anderem wird die Aberkennung der Staatsbürgerschaft für straffällig gewordene Immigrant*innen gefordert, auch wenn diese dann staatenlos wären. Klarer, als beim Dresdner Original "Pegida" sind auch Bezüge zu Themen und Ideen der Neuen Rechten und von Neonazis. Forderungen nach einem Ende des "Kriegsschuldkultes" und die "Normalisierung des Verhältnisses zur Russischen Förderation" sprechen eine deutliche Sprache.
RB Leipzig verbot seinen Fans Legida-Kritik im Stadion zu äußern
Die Legida-Demonstration findet im Waldstraßenviertel rund um die Red Bull Arena (alias Zentralstadion) in Leipzig statt. Der RB Leipzig Fanclub "Red Aces" wollte sich deshalb beim letzten Heimspiel am 22.12.2014 mit Spruchbändern gegen Legida und gegen Rassismus positionieren. Mehrere Spruchbänder wurden eingereicht – der Verein gestattete keines. Er entschied dies auf der Grundlage der Stadionordnung, die besagt, dass politische oder andere nicht mit der Veranstaltung zusammenhängenden Äußerungen untersagt sind. Die Fans äußerten sich enttäuscht über die Entscheidung des Vereins. Sie sehen Antirassismus als eine Frage des gesunden Menschenverstandes an und nicht als politische Äußerung. Gegenüber Faszination-Fankurve äußerten sie: "Wir sehen es als selbstverständlich an, direkt und offen gegen Rassisten und Nazis vorzugehen und zu agitieren! Wir haben kein Bock auf Thor Steinar und ähnliche Accessoires im Block und halten auch nichts von Zigeunerliedern. Dies sei ein für alle mal gesagt." Während dem letzten Heimspiel fand dann trotz Vereinsverbot eine kleine Botschaft den Weg in die Kurve: ein Spruchband mit der Aufschrift "Leipzig ist vielfältig, weltoffen und tolerant – reicht Rassisten nicht die Hand" und die Botschaft "NOLEGIDA" wurde mittels bemalten T-Shirts gezeigt.
Gegenwind aus der Leipziger Fußballszene um die BSG Chemie
Öffentlichkeitswirksam hat auch die Fangruppe "Diablos Leutzsch" der BSG Chemie Fußballfans aufgerufen, gegen Legida aktiv zu werden. "Der vormals gewichtige und zu seiner Zeit auch wichtige Ruf ‘Wir sind das Volk!’ wird dabei von der nächsten Schwachmatengruppe aufgenommen und ist heute nur noch eine leere Hülse im Sinne von übersteigertem Nationalismus und Deutschtümelei. Die Aussagen in Interviews und auf diversen Internetplattformen zeigen, dass es nicht um Ängste oder berechtigte Kritik geht, sondern um Klischees, Vorurteile und Rassismus – in guter deutscher Tradition", heißt in einer Mitteilung der aktiven Chemie-Fanszene. Die Diablos rufen alle Chemie-Fans und andere Leipziger dazu auf, den "Legida-Protesten" mit einer Bewegung entgegen zu treten. Dies tun sie auch besonders deutlich, da in der Leipziger Zeitungslandschaft die Fehlbehauptung kursierte, dass Silvio F. Rösler Anhänger der BSG Chemie sei.
Legida wird in Leipzig scheitern
Zwar hat Legida mittlerweile schon weitere Demonstrationen bei der Stadt Leipzig angemeldet, aber Beobachter*innen gehen von einem Scheitern am kommenden Montag aus. Juliane Nagel, die für die Initiative "Leipzig nimmt Platz" auch die Gegenproteste mit organisiert, äußerte sich zuversichtlich: "Wie von Anfang an vermutet, stammen die Macher aus der rechten Fußball-Fanszene und mischen bei der virtuellen Hetz-Gruppe "Gohlis sagt nein" mit, die nachweislich eine Vorfeldorganisation der NPD ist. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Nazipartei versucht mit Facebook-Tarnorganisationen rassistische Stimmung zu schüren, war aber im real life eher gescheitert. Ich denke, dass wir in Leipzig gut auf den PEGIDA-Ableger vorbereitet sind."
Mehr im Netz:
Übersicht der Gegenproteste (inventati.org)