Choreographie der BSG Chemie Leipzig gegen Grün-Weiß Miltitz in der Saison 2008/2009. Seit Jahren äußern sich die Fans der BSG gegen Nazis und Rassismus sowie für eine bunte Kurve.
© BSG Chemie Leipzig

Kick it like “Refugees United”

Ein Leipziger Fußballverein hat eine tolle Aktion ins Leben gerufen: Neben den Vereinsmitgliedern kicken dort nun auch Flüchtlingskinder unter dem Motto "Refugees United". Die Jury des Sächsischen Förderpreises für Demokratie ist beeindruckt vom klugen und mutigen Engagement des BSG Chemie Leipzig und seiner Fans und verlieh dem Projekt einen der Anerkennungspreise zum Sächsischen Förderpreis für Demokratie 2014.

Von Mut-gegen-rechte-Gewalt.de

Nach wie vor gehören rassistische, antisemitische und diskriminierende Gesänge und Slogans zum Alltag der bundesdeutschen Fußball-Kultur. Der Massenprotest von rechtsextremen Hooligans in Köln Ende Oktober, bei dem Gruppen und Personen aus ganz Deutschland aufgelaufen sind, zeigt das mehr als deutlich. Der Fußball als sozialer Raum leidet dabei unter einer ständigen Bedrohung durch rechtsextreme Gruppen.

Diskriminierung ist Alltag in den unteren Fußballligen

Während diskriminierende Gesänge und Rufe in Bundesliga-Stadien zunehmend tabuisiert werden, sind sie insbesondere im ländlichen Raum und in den unteren Ligen jedes Wochenende zu hören. Zwar sind Antirassismus, Antidiskriminierung und Demokratieförderung formal durchaus kommunizierte Ziele der Vereine, verstanden und gelebt werden sie jedoch selten. Die Praxis zeigt, dass Engagement, Kritik und gelebte Streitkultur permanent ausgebremst und angefeindet werden.

Anders bei der BSG Chemie

Das es auch anders gehen kann, zeigen der Verein BSG Chemie Leipzig und seine Fans seit Jahren: über Kampagnen, Öffentlichkeitsarbeit, Projekte und Aktionen sind sie aktiv gegen Diskriminierung im Fußball.

Spruchband der BSG Chemie Fans in Erinnerung an die Reichspogromnacht, zum Heimspiel gegen den SV Liebertwolkwitz in der Saison 2012/13. Quelle: © BSG Chemie Leipzig

Regelmäßig organisieren sie antirassistische Fußballturniere und thematisieren Menschenfeindlichkeit wie Rechtsextremismus weithin sichtbar in Choreographien und Spruchbändern im Stadion. In Workshops wird gemeinsam über Rollen- und Geschlechterbilder im Fußball diskutiert. Oder darüber, wie der spielerische Gegner möglichst originell beschimpft werden kann, ohne dabei zu diskriminieren. Die von den Fans selbst erarbeitete Stadionordnung untersagt neben Nazi-Ideologien auch Sexismus und Homophobie. Für seine basisdemokratischen Strukturen, den hohen Grad an Beteiligungsmöglichkeiten und seine aktive und kreative antirassistische Fanszene ist der Verein nicht umsonst über die Landesgrenzen hinaus bekannt.

"Refugees United" integriert Flüchtlingskinder in die Nachwuchsförderung

Gemeinsam mit Trägern von Flüchtlingsunterkünften setzt das Fanprojekt Leipzig nun einen weiteren Akzent. Angestoßen durch den Besuch von zwanzig Flüchtlingskindern bei einem Spiel der ersten Männermannschaft entstand die Idee für "Refugees United". Ein Angebot speziell für Kinder und jugendliche Bewohner*innen von Leipziger Flüchtlingsunterkünften, die so in die Vereins- und Nachwuchsstrukturen der BSG Chemie hineinwachsen können.

Da die strukturellen und kommunikativen Hürden hoch sind, bedarf es der Partizipation verschiedener Stellen: In Absprache mit Sozialarbeiter*innen vor Ort werden die Kinder und Jugendlichen je nach Bedarf dezentral abgeholt und zum Training gebracht. Den Transport organisieren die Fans des Vereins, die sportliche Betreuung übernehmen Nachwuchstrainer/innen und die sozialpädagogisch unterstützt werden sie dabei durch Fachkräfte der benachbarten Einrichtungen der Jugendhilfe. Das Ziel: Im gemeinsamen Training wachsen Flüchtlinge und lokale Nachwuchsspieler*innen zu einem Team zusammen.

Für dieses Engagement haben die Verantwortlichen nun einen Anerkennungspreis vom Sächsischen Förderpreis für Demokratie erhalten. Dieser wird von der Amadeu Antonio Stiftung, der Freudenberg Stiftung, der Sebastian Cobler Stiftung und der Stiftung Elemente der Begeisterung jedes Jahr neu vergeben.

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