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Menschenfeindliche Positionen zur Bundestagswahl: Tritt eine antisemitische Terrororganisation an?

Nach Berichten verschiedener Medien wie etwa der Jüdischen Allgemeinen will die “Volksfront zur Befreiung Palästinas” (PFLP) als Teil der von der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands angemeldeten “Internationalistischen Liste/MLPD” zur Bundestagswahl antreten.

 

Von Fiona Katharina Flieder

 

Was ist die PFLP?

Die “Volksfront zur Befreiung Palästinas” (PFLP), die von der Europäischen Union und anderen Staaten als terroristische Organisation gelistet wird, wurde 1967 gegründet. Ihre Weltanschauung kombiniert arabischen Nationalismus mit Marxistisch-Leninistischer Ideologie, mit dem Ziel, einen palästinensischen Staat mit Jerusalem als Hauptstadt zu errichten. Hierfür soll der Staat Israel vernichtet werden.

Seit den 1970er Jahren wurden diverse Anschläge und Angriffe verübt, sowohl von einzelnen Mitgliedern der Organisation als auch im Namen und unter Beteiligung der PFLP. Zu Beginn galt sie als zweitgrößte Fraktion in der PLO (Palestine Liberation Organisation) mit Verbindungen zu anderen militanten Gruppen wie z.B. der RAF. Internationale Bekanntheit erlangte die PFLP in den 1970ern durch mehrere Flugzeugentführungen.

Da die PFLP sich mit Arafat und anderen Führungspersonen des Mittleren Osten nicht identifizieren konnte, suchte sie Rückhalt in der UdSSR und China. Mit dem Fall der Sowjetunion erlitt auch die PFLP einen Rückgang, andere Kräfte wie die Hamas wurden stärker. In den 1990er Jahren gab es ein Hin und Her zwischen moderateren Strömungen und Widerstand gegen die palästinensischen Behörden.

Mit Beginn des neuen Jahrtausends wurde die PFLP wieder aktiver. In den Jahren 2002 bis 2004 war sie für fünf Selbstmordattentate verantwortlich, später auch für zahlreiche Raketenabschüsse vom Gaza-Streifen ins südliche Israel und Angriffe auf israelische Patrouillen an der Gaza-Grenze. 2011 und 2014 gab es tödliche Angriffe auf Juden und Jüdinnen, bei denen aber nicht geklärt werden konnte, ob sie von einzelnen Mitgliedern bzw. Sympathisant_innen der PFLP ausgingen oder direkt von der PFLP geplant waren.

(Die ausführliche Variante der BBC finden Sie hier).

 

Aktuell:

Erst vor wenigen Monaten wurde bei zwei Anschlägen in Jerusalems Altstadt eine israelische Polizistin getötet. Die Hamas erklärte, “bei den Tätern handele es sich um zwei palästinensische Mitglieder der verbündeten Volksbefreiungsfront für die Befreiung Palästinas (PFLP) sowie um ein Hamas-Mitglied”.

In Deutschland ist die Organisation legal. Volker Beck fordert nun gemeinsam mit einigen Abgeordneten des Deutschen Bundestages und der israelischen Knesset ein Verbot der PFLP durch Bundesinnenminister Thomas de Maizière. Nach den jüngsten Vorwürfen, die PFLP würde gemeinsam mit der MLPD für die Bundestagswahl kandidieren, wünscht Beck nun eine Klärung, »ob die Zulassung einer Wahlliste des Wahlbündnisses der MLPD mit der PFLP zur Bundestagswahl rechtsfehlerhaft ist«.

Doch sowohl die PFLP als auch die MLPD dementieren in jeweiligen Stellungnahmen, dass es sich um ein Wahlbündnis handle und die PFLP zur Wahl antreten würde (Stellungnahme der MLPDStellungnahme der PFLP).

 

Positionierung der MLPD:

In der Stellungnahme der MLPD heißt es aber auch: “Sympathisanten der PFLP engagieren sich jedoch in unserem Bündnis und vertreten hier unter anderem und neben Anderen die Interessen der Palästinenser.” Ob es nun Mitglieder der u.a. von der EU als terroristische Organisation gelisteten PFLP sind, wie Die Welt berichtet, oder “nur” Sympathisant_innen - eins steht fest: Die MLPD begrüßt grundsätzlich und explizit die politischen Einstellungen und Methoden der PFLP: “Wir distanzieren uns keinesfalls von der PFLP und ihrem politischen Wirken. Die Mitwirkung von Sympathisanten der PFLP in unserem Bündnis hat ihre ideologische Berechtigung. Wir unterstützen den Freiheitskampf des palästinensischen Volkes gegen den Imperialismus, auch in Form des israelischen Staats. (...) Wir halten an unserer Forderung nach einer Streichung der PFLP von den durch die bürgerlichen Parteien und Regierungen politisch instrumentalisierten so genannten „Terrorlisten“ fest.”

Damit erkennt die MLPD Israel das Existenzrecht ab.

 

Das ist allerdings auch nicht komplett verwunderlich. In ihrem Parteiprogramm spricht die MLPD sich zwar deutlich gegen Antisemitismus aus, bekräftigt aber noch einmal ihre Solidarität mit dem palästinensischen Kampf, der sich gegen die Existenz Israels richtet.

Auch die Grundsätze der MLPD sind nicht unproblematisch. Sie vertreten die strukturell antisemitische Position, dass der Kapitalismus nur durch die “Diktatur der Monopolkapitalisten” besteht. Diese seien zu stürzen, um eine “Diktatur des Proletariats”, den Sozialismus zu etablieren.

Die MLPD ist eine der wenigen Gruppierungen, die sich nach Bekanntwerden der Verbrechen in kommunistischen Diktaturen immer noch positiv auf Figuren wie Stalin und Mao Tsetung beziehen und ihre Lehren als “die entscheidende Grundlage für den Kampf für den Sozialismus” ansehen.

(Die ausführliche Betrachtung der Bundeszentrale für politische Bildung finden Sie hier.)

 

Bei einem solchen Hintergrund mag auch die Zusammenarbeit mit einer antisemitischen Terrororganisation - sei es nun in einem offiziellen Wahlbündnis oder nur mit einzelnen Vertreter_innen - nicht mehr überraschen.

 

Mehr über Antisemitismus in der Linken:

http://www.belltower.news/artikel/antisemitismus-20162017-der-mitte-der-gesellschaft-und-der-radikalen-linken-12485

 

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Foto oben: Flickr / Sicco2007 / CC BY-NC-ND 2.0

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