Das Phrasenschwein ist gut gefüllt mit hehren Worten. Doch nun müssen Taten folgen!
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Das Phrasenschwein ist genug gemästet!

Der 3:0 Sieg über die österreichische Nationalmannschaft war ein klares Signal - gegen die Kritiker und in Richtung Qualifikation zur WM 2014 in Brasilien. Ein ebenso klares Signal hätte man sich aber auch vom DFB als Reaktion auf die homophoben Gesänge der österreichischen Anhängerschaft gewünscht. "Schwul, schwuler, DFB " hatten die Fans der Alpenrepublik in der Allianz Arena gesungen. Doch der Deutsche Fußballbund lässt erneut seinen Worten keine Taten folgen.

Von Julius Hermann

"Der Fußball als Mannschaftssport lehrt Disziplin, Achtung, Teamgeist und Fairness - auf dem Platz wie im Leben". Mit diesen eindeutigen Worten fasste FIFA-Präsident Sepp Blatter das Anliegen der 1997 ins Leben gerufenen Fairplay-Tage zusammen. Eine Kampagne, die auch heute noch den Anspruch hat, über das Spielfeld hinaus zu wirken und Fairness im Umgang miteinander auch im Alltag zu etablieren. Es soll eine gesamtgesellschaftliche Haltung vermittelt werden - und somit geht die Initiative über das bloße Überreichen von Urkunden, das Unterzeichnen von Positionspapieren oder dem Verlesen von Erklärungen vor Spielbeginn hinaus. In diesem Jahr jährt sich der Fairplay-Kodex zum 17. Mal. Und die Zeit ist mehr als reif dafür, den Ankündigungen und Versprechungen endlich Taten folgen zu lassen. Das "Phrasenschwein" ist schließlich mit Aussagen wie der des amtierenden DFB Präsidenten Wolfgang Niersbach ("Fairplay ist für unseren Sport und seine Akteure grundlegend") wirklich genug gemästet worden.

Doch den Schritt, den hehren Worten auch Taten folgen zu lassen, wagt die aktuelle Führung des deutschen Fußballs offensichtlich nicht. Im Gegenteil: Mit ihren Aussagen gegen ein Outing von homosexuellen Spielern streuten der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, Phillip Lahm, sowie DFL-Präsident Dr. Reinhard Rauball eher noch Sand ins Getriebe. Auch wurde von Seiten der Öffentlichkeit immer wieder kritisiert, dass die Veröffentlichung eines Leitfadens zum Thema "Homophobie im Fußball" durch den DFB recht lange auf sich warten ließ. Dabei schien auch mit der Unterzeichnung der "Berliner Erklärung" durch den Deutschen Fußball Bund (DFB) ein guter Schritt getan. Doch am Tag der Veröffentlichung, bei der die ZDF-Sportmoderatorin Katrin Müller-Hohenstein von einem "historischen Moment" sprach, glänzte der DFB mit Abwesenheit. Die nicht erfolgte Reaktion auf die Schmähgesänge der österreichischen Fans scheint sich nun in diese traurige Zick-Zack-Kurs einzureihen.

Wer jedoch glaubt, die Fußballwelt sei noch nicht bereit beziehungsweise offen für einen Mentalitätswechsel, der sieht sich getäuscht. So ist das Engagement gegen Diskriminierung von prominenten Klubs wie Hertha BSC, St. Pauli oder Union Berlin als vorbildlich zu bewerten. Auch Initiativen wie die "Fußballfans gegen Homophobie" leben schon lange vor, was es heißt, den Fairplay-Kodex aktiv umzusetzen und Haltungen  zu verändern, indem man kräftig an alten Gedankengerüsten rüttelt und diese so vom abgelagerten Staub befreit. Zahlreiche Akteure haben somit dem DFB bereits eine Bilderbuch-Vorlage zugespielt. Gespannt wartet die Fußballgemeinde darauf, ob der Ball nun endlich verwandelt wird. Dem Deutschen Fußball Bund sollte dabei bewusst sein, dass bereits 90 Minuten gespielt wurden und niemand Lust auf eine Verlängerung hat. Oder anders gesagt: Der DFB sollte deshalb darauf achten, durch sein ambivalentes Auftreten nicht zum Bremsklotz einer Entwicklung zu werden, die ohnehin nicht aufzuhalten ist. Denn: "Das Coming-Out wird kommen – und wir alle arbeiten daran", wie es die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Christine Lüders, bei der Veröffentlichung der "Berliner Erklärung" formulierte.   

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