03.07. - 11.07.2014

Die wöchentliche Presse- und Blogschau von Fussball-gegen-Nazis.de

Brandenburg: Staatsschutz fasst mutmaßliche rechtsextreme Schläger +++ Aachen: Polizei ermittelt nach rechtsextremer Schlägerei Mittäter per Video +++ Mallorca: Dresdner Neonazis randalieren an der Playa de Palma +++ Fanprojekt veranstaltet Copa Augusta Antiracista 2014 +++ Rassismus bei der WM: „Die Fifa hat sich entschieden, wegzusehen“ +++ Top-Funktionär kritisiert FIFA: Lasche Rassismus-Urteile +++ Anti-Rassismus-Erklärungen als Fifafirlefanz? +++ Interview mit Hans Sarpei: „Warum malt man sich schwarz an?“ +++ Homosexualität und Homophobie bei der WM 2014 +++ Nazi-Witzchen bei Twitter: #BRAGER und der Holocaust +++ Hass und Gewalt im Fußball-Land +++ Klares Abseits - Rassismus im Fußball +++ Zeigten Offenbach-Fans den Hitlergruß? +++ MSV Duisburg reicht Fan-Video zum Julius-Hirsch-Preis ein +++ FARE prämiert Aktionen in zwölf Ländern +++ Bayer Leverkusen: Schüler entwerfen Anti-Rassismus-Kalender +++ Kolumbien: Fans gegen Gewalt im Fussball +++ Köln: 1. FC Köln hat erstmals Wagen beim Christopher-Street-Day +++ NSU-Komplex erreicht Ultra-Szene +++ „Steh deinen Mann“ wird bei SVG Göttingen aufgeführt +++ Fußball als Lernort für die Migrationsgesellschaft.

Die wöchentliche Presse- und Blogschau von Fussball-gegen-Nazis.de

Brandenburg: Staatsschutz fasst mutmaßliche rechtsextreme Schläger

Nach einer Attacke beim Fußball-Public-Viewing in Brandenburg an der Havel hat der Staatsschutz die vier mutmaßlichen rechtsextremen Schläger ermittelt. Der 23 Jahre alte Hauptverdächtige sitzt seit Mittwoch in Untersuchungshaft, wie die Polizei mitteilte. Die vier Männer sollen nach dem Sieg der deutschen Nationalelf gegen Algerien am 30. Juni nationalsozialistische Parolen gegrölt haben. Als ein 26-Jähriger sie bat, dies zu unterlassen, attackierten sie ihn (Welt online).

Aachen: Polizei ermittelt nach rechtsextremer Schlägerei Mittäter per Video

Im Nachgang zum WM-Fußballspiel Deutschland gegen Frankreich kam es am Freitagabend gegen 20.35h zu einer größeren Schlägerei in der Aachener Innenstadt im Bereich Gasborn-Promenadenstraße-Synagogenplatz. Dabei wurden zwei Personen leicht verletzt; in einer Gaststätte ging diverses Mobiliar zu Bruch. Eine Gruppe von rund 50 Neonazis zündete Bengalos, zeigte den Hitlergruß und zeigte eine Reichskriegsflagge. Ein 58-Jähriger sprach sie auf das Verhalten an und wurde daraufhin von mehreren Personen aus der Großgruppe verfolgt. Er flüchtete sich in eine Kneipe, wo er von einem Verfolger gestellt und geschlagen wurde, so dass er eine Platzwunde erlitt. Der Haupttäter konnte auf Basis von Zeugenaussagen und der heutigen Auswertung des sichergestellten Videomaterials ausgemacht werden. Auf Antrag der Aachener Staatsanwaltschaft erließ das Amtsgericht Aachen aktuell einen Beschluss zur Öffentlichkeitsfahndung nach dieser Person. Zwei Mittäter konnten durch ein Video identifiziert werden (dueren-magazin).

Mallorca: Dresdner Neonazis randalieren an der Playa de Palma

Zu dem Zwischenfall kam es am 06.07.2014 gegen 02.30 Uhr in der Schinkenstraße: Zwischen 40 und 50 deutsche Urlauber, die der rechtsradikalen Szene zuzuordnen sind, begannen plötzlich aufeinander und auf das Mobiliar im Bierkönig einzuschlagen. Wenig später konnte die Polizei die Auseinandersetzung zwar auflösen, allerdings blieb es nicht dabei. Die Neonazis hatten es auf eine Gruppe anderer deutscher Urlauber abgesehen, die nach dem Vorfall in ihr Hotel geflüchtet war. Die deutschen Hooligans folgten ihnen, bewaffnet mit Steinen und Stöcken. Insgesamt 9 Personen wurden dabei verletzt, vier Männer im Alter zwischen 19 und 25 Jahren konnte die Polizei auf Mallorca festnehmen. Die Neonazis gehören ersten Erkenntnissen zufolge zu der Gruppierung Devils Dynamo Dresden, einem rechtsradikalen Fanblock des gleichnamigen Fußballclubs (Mallorca Inselradio). Auch bei Public Viewing auf Mallorca hielten einige Deutschland-Fans ihre Gesinnung nicht hinterm Berg, wie ein Foto von "Fußball-Fans gegen Rechts" auf Facebook zeigt.

Fanprojekt veranstaltet Copa Augusta Antiracista 2014

Das Augsburger Fanprojekt veranstaltet in diesem Jahr zum bereits sechsten Mal die ‚Copa Augusta Antiracista‘, ein Turnier für Hobbyteams, bei dem sich alle Interessierten anmelden können. Mit dem Turnier am Samstag, 26. Juli, will das Fanprojekt ein Zeichen gegen Diskriminierung und Fremdenhass setzen. Los geht es mit dem Turnier ab 10 Uhr auf dem Nebenfeld des Rosenaustadions. Anmeldungen sind über die Facebook-Seite der Copa Augusta Antiracista möglich (die-fans.de).

Rassismus bei der WM: „Die Fifa hat sich entschieden, wegzusehen“

Homophobe Lateinamerikaner, rechtsextreme Europäer: Die Liste der Zwischenfälle bei der WM, die das Anti-Rassismusnetzwerk Fare zusammengestellt hat, zeigt, wie nötig entschiedene Schritte der Fifa wären. Der Ausblick auf Russland 2018 lässt Schlimmes befürchten (F.A.Z.).

Top-Funktionär kritisiert FIFA: Lasche Rassismus-Urteile

Mehrere ungeahndete Rassismus-Vorfälle bei der WM in Brasilien haben einen internen Konflikt im Fußball-Weltverband offenbart. Der Chef der Anti-Diskriminierungs-Arbeitsgruppe, Jeffrey Webb, kritisierte in Rio de Janeiro Entscheidungen der FIFA-Disziplinarkommission. "Viele Menschen zählen auf uns, und alles was ich will, ist Gleichheit. Menschen sind für den Wunsch nach Gleichheit gestorben. Aber es ist offensichtlich, dass es einen Unterschied gibt, zwischen dem, was wir in der Task Force als Rassismus betrachten und dem, was das Disziplinarkomitee als Rassismus und Diskriminierung ansieht", sagte Webb (T-Online-News).

Anti-Rassismus-Erklärungen als Fifafirlefanz?

Diskriminierung muss ja gegeißelt werden - aber die Anti-Rassismus-Show vor WM-Spielen sollte mal jemand abschaffen. Es wäre besser, wenn die Mannschaftskapitäne einfach nur „Rassismus ist Scheiße“ in ihrer Muttersprache brüllen, findet Journalist Stephan Behr in der Frankfurter Rundschau. Wem das arg undurchdacht erscheint: Grundsätzlich geht es dem Autor darum, dass Anti-Rassismus-Aktionen mit mehr Verve und Überzeugung vorgetragen und gelebt werden müssten.

Interview mit Hans Sarpei: „Warum malt man sich schwarz an?“

Das Thema Rassismus ist bei dieser WM sehr präsent. Ghanas Ex-Nationalspieler Hans Sarpei spricht im Interview über vermuteten und tatsächlichen Rassismus, die Aktionen der Fifa und Menschen, die sich im Gesicht schwarz anmalen (ksta.de).

Homosexualität und Homophobie bei der WM 2014

Wenn es nach der Fifa geht, ist Homosexualität bei der Fußball-WM 2014 unerwünscht. Der schwule Ex-Fußballer Marcus Urban sieht das anders. Laut seinen Informationen haben viele WM-Teams homosexuelle Stars (news.de).

Nazi-Witzchen bei Twitter: #BRAGER und der Holocaust

Zwei Länder bekämpfen sich, es gibt mitunter Verletzte und Sieger sowie Verlierer: Die Parallelen zwischen Großereignissen wie der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien und kriegerischen Auseinandersetzungen - es gibt sie, wenn sie auch weit hergeholt wirken. Und doch schlug während des Tor-Spektakels von Jogis Elf am Dienstag einmal mehr die Stunde der Nazi-Vergleich-Twitterer (meedia.de, ntv.de). Selbst die taz konnte sich übrigens einen "Blitzsieg"-Kalauer nicht verkneifen (Foto).

Hass und Gewalt im Fußball-Land

Ein Gericht in Sao Paulo, der größten Stadt Brasiliens, hat drei Neonazis wegen versuchten Mordes zu Gefängnisstrafen von insgesamt 56 Jahren verurteilt. Das Trio wurde außerdem wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung verurteilt. Die Neonazi-Gang hatte 2011 vier Männer mit Messern und Äxten angegriffen, die an einer Gedenkdemonstration für den getöteten Nazigegner Edson Neris da Silva teilnahmen. Der damals 35-jährige da Silva war am 6. Februar 2000 auf offener Straße von einer bis zu 18-köpfigen Gruppe von Neonazis der Gang „Carecas ABC“ erschlagen worden. Während sein Freund den Gewalttätern entkommen konnte, wurde da Silva durch Tritte und Schläge mit einem Schlagring zu Tode geprügelt. Er verstarb an inneren Blutungen (Blick nach rechts).

Klares Abseits - Rassismus im Fußball

Einige Idioten können viel Schaden anrichten: In der ARD-Dokumentation "Klares Abseits" geht es um Rassismus im Fußball. Der Film lässt Protagonisten wie Ex-Nationalspieler Gerald Asamoah zu Wort kommen - bleibt an der wichtigsten Stelle aber allzu oberflächlich (Sueddeutsche.de). Der Film ist aktuell noch ansehbar in der ARD-Mediathek.

Zeigten Offenbach-Fans den Hitlergruß?

Es wird allmählich zur Masche: Nicht zum ersten Mal besuchten Fußballfans am Wochenende eine Salafisten-Kundgebung, um gegen die ultrakonservativen Muslime zu demonstrieren. Dass sich dieses Publikum nicht aus linksliberalen Debattierzirkeln rekrutiert, bedingt die Sache selbst. Bei einem Auftritt des Salafistenpredigers Pierre Vogel in Offenbach sollen Kickers-Fans allerdings auch mit rechten Parolen und dem Zeigen des Hitlergrußes aufgefallen sein (fanzeit.de).

MSV Duisburg reicht Fan-Video zum Julius-Hirsch-Preis ein

Der MSV Duisburg hat das von Anhängern der Zebras erstellte Video „Wir sind alle gleich – weil wir anders sind!“ zum Julius-Hirsch-Preis des Deutschen Fußball Bundes eingereicht. Der DFB würdigt mit diesem Preis in Erinnerung an den jüdischen deutschen Nationalspieler, der 1943 in Auschwitz-Birkenau von den Nationalsozialisten ermordet wurde, das Engagement für Menschenwürde und Toleranz, gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Dem MSV Duisburg ist dieses Engagement ebenfalls ein hohes Anliegen. „Der Kurzfilm unserer Fans ist kein „one-shot Projekt“, sondern das Ergebnis aus langjährigem Engagement und vor allem echter Überzeugung und echtem Herzblut“, lobt MSV-Geschäftsführer Peter Mohnhaupt den Kurzfilm und seine „Macher“. „Seit vielen Jahren engagieren sich unsere Fans zu den Themen Integration, Respekt und Toleranz und wir als Verein unterstützen dieses intensiv.“ (xtranews.de)

FARE prämiert Aktionen in zwölf Ländern

13 Organisationen erhalten von dem internationalen Netzwerk FARE (Football Against Racism in Europe) insgesamt 30.000 Euro. Die 13 Organisationen oder Projekte verteilen sich auf zwölf Länder: Bulgarien, England, Griechenland, Ungarn, Israel, Polen, Portugal, Rumänien, Schottland, Slowakei, Slowenien und die Ukraine. Im Oktober werden wieder zwei “football-people”-Wochen stattfinden und in dieser Zeit finden auch die 13 Projekte statt, die unterschiedlicher Art sind (fanzeit.de)

Bayer Leverkusen: Schüler entwerfen Anti-Rassismus-Kalender

Ein klares Bekenntnis gegen Rassismus zeigt der neue Kalender für 2015 des Fanprojekts von Bayer Leverkusen. Die zwölf Monatsmotive wurden von Fünft-, Sechst- und Siebtklässlern der Theodor-Wuppermann Hauptschule entworfen (Rheinische Post).

Kolumbien: Fans gegen Gewalt im Fussball

Während die kolumbianische Nationalmannschaft an der WM unbeirrt weiterstürmt, tobt in den Fussballarenen in Kolumbien ein blutiger Fankrieg. Oft genügt ein falscher Blick und aus einer Nichtigkeit wird tödlicher Ernst. Das Projekt "Fussballfans gegen Gewalt" trägt dazu bei die Gewaltkultur aus dem Fussball zu verdrängen. Die Botschaft an die Fans ist: Sport ist nicht Kampf (terredeshommesschweiz.ch).

Köln: 1. FC Köln hat erstmals Wagen beim Christopher-Street-Day 

Etwa 40 000 Teilnehmer zogen in schrillen und fantasievollen Kostümen durch die Innenstadt von Köln, um für die Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen und gegen Homophobie zu demonstrieren. Die Polizei bezifferte die Zuschauerzahl mit 700.000.  Erstmals dabei war ein Wagen des Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln, der damit ein Zeichen gegen Homophobie im Sport setzen wollte (Badische Zeitung).

NSU-Komplex erreicht Ultra-Szene

In Fan- und Ultrakreisen sorgt eine Enthüllung im NSU-Komplex für Spekulationen und Verunsicherung. Ein Fanforscher soll vor Jahren als Mitarbeiter des Verfassungsschutzes den V-Mann “Tarif” mitgeführt haben. Er initiierte später ein Netzprojekt, auf dem Ultras und Fans bloggen (publikative.org).

„Steh deinen Mann“ wird bei SVG Göttingen aufgeführt

Das Theaterstück „Steh deinen Mann“ vom Göttinger Boat People Projekt wird bei der SVG aufgeführt. Die Schwarz-Weißen sind damit der erste niedersächsische Verein, in dessen Räumlichkeiten das Werk über Homosexualität im Fußball gezeigt wird (Göttinger Tageblatt).

Fußball als Lernort für die Migrationsgesellschaft

Özil, Klose oder Khedira stellen Leitfiguren eines ‚neuen deutschen Selbstverständnisses´ dar, erklären Stefan Metzger und Daniel Huhn. Doch Multikulturalität im deutschen Fußball ist – entgegen der vorherrschenden Meinung – ein alter Hut (Migazin).

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