Überall in Deutschland sind Flüchtlinge derzeit akut von rassistischer Gewalt bedroht. Sie sind auf die Unterstützung von Verwaltung, Behörden und Helfenden angewiesen - und diese darauf, sich zu vernetzen und auszutauschen. Als Ergebnis von drei solcher Tagungen entstand die Handreichung "Rechtsextremen Mobilisierungen entgegen treten - Willkommenskultur etablieren" der Amadeu Antonio Stiftung. Sie fasst die Ergebnisse zusammen und formuliert Handlungsanweisungen im Umgang mit rechtspopulistischer Hetze. Heute: Sicherheitskonzepte - Schutz von Asylsuchenden und Ehrenamtlichen.
Von Tobias Scholz und Theresa Mair
Im vergangenen Jahr vervielfachten sich die körperlichen Übergriffe auf Asylsuchende im Vergleich zu 2014, ebenso die Zahl der Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte. Die Dunkelziffer ist hoch, viele Asylsuchende bringen Übergriffe nicht zur Anzeige. Auch Menschen, die sich für
Flüchtlinge engagieren, sind immer häufiger von Angriffen betroffen. Besonders in ländlichen Regionen, wo jede_r jeden kennt, wirken Einschüchterungsversuche.
■ Zivilgesellschaftliche Akteure müssen in der Debatte über die Ankunft von Flüchtlingen frühzeitig das Wort ergreifen. Sie müssen eine klare Haltung vertreten, auf Vorbehalte reagieren. Potentiellen Brandstifter_innen und Hetzer_innen muss deutlich signalisiert werden: »wir
sind viele und wir verurteilen euch.«
Wenige Stunden nach einer von Rechtsextremen gekaperten Veranstaltung zu einer neuen Flüchtlingsunterkunft brannte im Norden von Mecklenburg-Vorpommern eine (noch nicht bezogene) Unterkunft. Im Vorfeld hatten Rechtsextreme in sozialen Netzwerken und auf Demos massive Hetze verbreitet. Lokalpolitiker_innen und Akteure aus der Zivilgesellschaft hatten sich in der Debatte kaum geäußert.
■ Zivilgesellschaftliche Akteure aus allen Lebensbereichen müssen Allianzen formen, am besten bevor Flüchtlinge zuziehen. Ein gutes Instrument, um ein Netzwerk zu etablieren, sind »Runde Tische«.
■ Vertreter_innen von Religionsgemeinschaften sind wichtige Partner. Auf Veranstaltungen und bei Gottesdiensten können sie Ängste der Menschen ansprechen, gegen Menschenfeindlichkeit und für Nächstenliebe eintreten, Begegnungen mit Geflüchteten organisieren. Sie können
auch demokratischen Akteure vernetzen.
■ Bündnisse müssen sich öffentlich präsentieren und positionieren, mit Plakaten und Flyern, einer Website und in Sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter.
■ Listen mit Kontaktdaten aller Menschen, die in der Gemeinde mit Asylsuchenden zusammen arbeiten oder eine wichtige Rolle inne haben, sind hilfreich, um in Krisensituationen schnell und geschlossen zu reagieren.
■ Ist das rechtsextreme Potential im Umfeld groß, sollten Menschen, die sich engagieren, eine Auskunftssperre im Einwohnermeldeamt und bei der KFZ-Zulassungsstelle beantragen. Die Behörden geben dann keine persönlichen Daten weiter. Weitere Schutzmaßnahmen finden Sie
in der Broschüre von LOBBI-MV: »Im Fokus von Neonazis«: http://bit.ly/22i9FVm
Weitere Leitfäden für eine Willkommenskultur
- Amadeu Antonio Stiftung: »Refugees Welcome – Gemeinsam Willkommenskultur gestalten«:
http://bit.ly/1hLVTAj - Amadeu Antonio Stiftung: »15 Punkte für eine Willkommensstruktur in Jugendeinrichtungen«:
http://bit.ly/22F5FLf - Beratungsprojekt »Willkommenskultur vs. Rechtsextremismus« c/o gsub-Projektegesellschaft mbH: »Willkommenskultur vs. Rechtsextremismus – Handlungsansätze aus der Arbeit vor Ort«:
http://bit.ly/1UBXk8B - Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Hamburg: »Geflüchtete Willkommen heißen!«:
http://bit.ly/1L6Brwl - Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin: »Was tun, damit’s nicht brennt?«:
http://bit.ly/1TVs0kC - Flüchtlingsrat Mecklenburg-Vorpommern e.V.: Sonderausgabe »Flüchtlingshilfe konkret«:
http://bit.ly/1T68MZX - Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (Hg.): Demokratiestärkung im ländlichen Raum. Herausforderungen und Unterstützungsbedarfe kommunaler Verantwortungsträger_innen:
http://www.b-b-e.de/fileadmin/inhalte/
Dieser Text ist ein Auszug aus der Handreichung "Rechtsextremen Mobilisierungen entgegen treten - Willkommenskultur etablieren" der Amadeu Antonio Stiftung, die im April 2016 erschien.
Hier zum Download:
Chronik der Gewalt gegen Geflüchtete bei "Mut gegen rechte Gewalt":
Mehr auf netz-gegen-nazis.de:
- Willkommenskultur
- Flüchtlinge
- Artikel aus dieser Broschüre auf netz-gegen-nazis.de:
- Handlungsstrategien gegen Rassismus im Umgang mit Geflüchteten
- Zusammenarbeit mit Unterkunftsverwaltung, Sicherheitspersonal und Ehrenamtlichen
- Kommunikationsstrategien mit Anwohner_innen: »Bürgerversammlungen«
- Einbeziehung der Flüchtlingsperspektive
- Sicherheitskonzepte - Schutz von Asylsuchenden und Ehrenamtlichen