Das 10-jährige Blog-Bestehen feierte "Politically Incorrect" 2014 mit dieser Grafik
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Politically Incorrect: Eines der größten deutschen Internetblogs hetzt rassistisch und islamfeindlich

Politically Incorrect ist eines der grössten deutschen Internetblogs. Täglich klicken sich über 50.000 Besucher durch die Seiten und schreiben Kommentare. Die Blogger von PI veröffentlichen Artikel mit rechtspopulistischen und islamfeindlichen Inhalten.

Von Franziska Baur

Vor sieben Jahren startete der Sportlehrer Stefan Herre im Alleingang den Blog. Heute schreiben zahlreiche Autoren für PI-News. Die Nachfrage ist schnell gestiegen. Vorwiegend erscheinen rechtspopulistische Beiträge, mit einer auffällig anti-islamischen Einstellung. Die Hauptthesen des Blogs sind: In Deutschland vollzieht sich eine schleichende Islamisierung, die von der Öffentlichkeit nicht in ihrem bedrohlichen Ausmaß erkannt wird; Europa wird von einer Welle der Überfremdung überrollt; die kommerziellen Medien verzerren absichtlich die Realität und behandeln Themen, die mit Migranten und dem Islam zusammenhängen, nicht ausführlich genug. Der Blog spricht in seinen Leitlinien von schweren Menschenrechtsverletzungen in Deutschland, die „aufgrund der Befolgung islamischer Gesetze und Ethik“ zustande kommen. Sie konstruieren ein diffuses Bedrohungsszenario - und machen dafür pauschal den Islam und seine Glaubensanhänger verantwortlich.

Politische Korrektheit, nein danke!
Dies ist die Grundüberzeugung der PI-Blogger. Sie sind der Ansicht, dass die kommerziellen Medien über gewisse Themen „nicht angemessen“ berichten. Angeblich, um öffentliche Debatten zu beschwichtigen oder ganz abzuwürgen. Laut PI veröffentlichen die kommerziellen Medien nur Artikel, die „politisch korrekt“ sind. Die PI-Leitlinien richten sich explizit dagegen. Sie setzen sich gegen „die politische Korrektheit und das Gutmenschentum“ ein, das ihrer Ansicht
nach „heute überall die Medien“ dominiert. Der Name des Blogs kann daher als Statement verstanden werden, das lautet: Wir lassen uns den Mund nicht verbieten, wir sprechen die Probleme unserer Gesellschaft offen an, auch wenn es denen da oben nicht passt! Mit dieser
Einstellung sehen sich die PI-Blogger im Kampf gegen Zensur und stilisieren sich selbst zu heroischen Kämpfern, die für Meinungsfreiheit eintreten.

Problemquelle Multikulturalismus
PI macht besonders den sogenannten Multikulturalismus für gesellschaftliche Probleme verantwortlich. Wer für Vielfalt ist, ist ein naiver Gutmensch. Diese würden die Realität ausblenden und ihre Augen vor Problemen verschließen. Frank Furter will nicht zu den naiven Gutmenschen gehören. Auf PI schreibt er über Menschen mit Migrationshintergrund: „Sie wurden als Söhne und Töchter von Einwanderern geboren,(…) ohne Fähigkeiten, ohne Ausbildung, ohne Nutzen für den hiesigen Arbeitsmarkt.“

Dieses Zitat zeigt, mit welch einer Verachtung und Aggressivität PI seine Meinung im Netz vertritt. Mit pauschalen Urteilen, oft aber auch mit polemischer Sprache oder satirischer Übertreibung machen die Autoren Stimmung gegen demokratische Strukturen und Einwanderer.

Kein Verbot wegen proisraelischer
Haltung

2008 versuchte der sozialdemokratische Politiker Sebastian Edathy eine Beobachtung des PI-Blogs durch den Verfassungsschutz durchzusetzen. Im Gespräch mit Spiegel Online sagte Edathy: „Das ist nicht mehr grenzwertig, da ist eine Grenze überschritten.“ Trotz der fremdenfeindlichen Äußerungen auf PINews hatte Edathys Aufforderung keinen Erfolg. Die Begründung: PI bezeichnet sich selbst als pro-amerikanisch und proisraelisch und bekennt sich zum deutschen
Grundgesetz. Daher kann PI kein Verfassungsverstoß vorgeworfen werden. Auch Volksverhetzung - worauf ein Verbot folgen könnte - wirft der Verfassungsschutz PI nicht vor. Denn Muslime sind keine Volksgemeinschaft, sondern eine Religionsgemeinschaft. Daher ist eine anti-islamische Haltung keine Volksverhetzung. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch klar, dass es Politically Incorrect nicht um eine sachliche Religionskritik geht. Auf ihrem Blog schreiben die Autoren: „Wir sehen den Islam in erster Linie nicht als eine Religion, sondern als ein Gesellschaftssystem, das sich religiös legitimiert.“ Yasemin Shooman vom Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin bezeichnet die angebliche Religionskritik
von PI als Tarnungsstrategie, um sich gegen den Vorwurf des Rassismus zu schützen. Mit Stereotypen konstruiert PI ein Feindbild. Den Islam. Damit bedient sich das Blog den gleichen Mechanismen, die auch Rassisten verwenden, um einzelne Gruppierungen auszuschließen.

Zurücksehnen nach etwas,was es nie gab
Rechtsradikale sehnen sich oft nach etwas „zurück“, zum Beispiel nach einer Gesellschaft ohne Ausländer. Die hat es jedoch so nie gegeben. Völker haben schon immer mit anderen Völkern zusammengelebt. Die rechtsradikale Vorstellung von Vergangenheit entbehrt damit jeder historischen Grundlage. Auch die Rechtspopulisten bei PI betreiben diese Art der Vergangenheitsverklärung, wenn sie sich zurück sehnen an eine Zeit, bevor Migranten nach Europa kamen.

Rechtspopulistisches Gesamtpaket
Die Werbung auf dem PI-Blog unterstreicht die fremdenfeindliche und rechtspopulistische Einstellung der Betreiber. Angefangen bei Werbehinweisen auf Veranstaltungen des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders, über einen Aufruf mit einem Nein gegen den EU-Beitritt der Türkei zu stimmen, bis hin zu Anzeigen für die rechtspopulistische Bürgerbewegung Pax Europa – auf dem PI-Blog lassen sich durch die Bank Beispiele für rechtspopulistisches Gedankengut finden. Um die Ansichten und Weltanschauungen auch außerhalb von Artikeln zu veröffentlichen, hat PI einen eigenen „Fanshop“. Hier werden unter anderem T-Shirts,Kaffeetassen, Jacken oder Taschen mit rechtspopulistischen Sprüchen und Symbolen angeboten. So erhält PI mit seinen Ansichten auch Einzug ins Alltagsleben vieler Leser.

Hohe Beteiligung
Leser des Blogs werden auch zum Mitmachen animiert. Sie sollen sich selbst einbringen, Medien-Meldungen weiterleiten oder selbst Kommentare schreiben. Mit dieser Aufforderung und dem Angebot, selbst auf PI veröffentlichen zu können, schafft PI Nähe zu seinen Usern. Das Resultat ist: unter den Artikeln stehen oft über hundert oder sogar zweihundert Leserkommentare, in denen viele ihrer Unzufriedenheit mit der politischen und gesellschaftlichen Situation
Luft machen. Dabei fallen nicht selten Beschimpfungen, die auf Migranten und Andersdenkende abzielen.

Auch die vielen Regionalgruppen von PI, die sich in den letzten Jahren gebildet haben, spiegeln ein hohes Engagement der PI-Community wieder. 2011 haben sich bereits über 50 Gruppen über das ganze Bundesgebiet verteilt – und auch in Tschechien, der Schweiz und in Österreich haben sich bereits Gruppen gebildet. Zum Vergleich: Im März 2010 zählt die Süddeutsche Zeitung in Deutschland 38 PI-Gruppen. Vor allem in Westdeutschland und insbesondere in Nordrhein-Westfahlen lässt sich eine große Anzahl von PI Gruppen feststellen. Sie organisieren Demonstrationen gegen islamische Einrichtungen,
Infostände und treffen sich am Stammtisch. In ostdeutschen Städten haben sich bisher vergleichsweise wenig Gruppen zusammengeschlossen.

Wahrscheinlich liegt dieser West-Ost-Unterschied unter anderem auch daran, dass der Gründer des Blogs aus der Nähe von Köln stammt. Die Kölner PI-Gruppe ist mit Veranstaltungen und regelmäßigen Treffen die aktivste der Regionalgruppen.

Gemischtes Publikum
Neben den rechtspopulistischen Äußerungen auf PI-News lassen sich auch Artikel zu gesellschaftlichen Themen finden, mit denen die Blogger eine breite Bevölkerungsgruppe ansprechen. Einem Artikel der Süddeutschen Zeitung zufolge bezeichnen sich manche Nutzer selbst als konservativ – sie wählen CDU oder FDP. Der Blog greift die vagen Ängste dieser Wählerschaft auf und bietet leicht verständliche Antworten an. So gewinnen sie die Zustimmung von einem wachsenden Bevölkerungsanteil. Ein einheitliches Porträt des typischen Users gibt
es nicht.

Ein Trend, der sich im gesamten rechtspopulistischen Spektrum abzeichnet,ist: Sie haben immer mehr Akademiker in ihren Reihen. Auch Blog-Gründer Stefan Herre hat studiert und ist nun Mitglied bei der rechten Partei die Freiheit. Wo diese Art der politischen Stimmungsmache hinführt, bliebt offen. Denn eine Plattform, die von einer wachsenden Bevölkerungsgruppe Zustimmung erfährt, kann nicht ignoriert werden. Die Entwicklungen stimmen bedenklich.

Dieser Artikel erschien zuerst in der "Politik Orange"-Ausgabe "Randthema. Medien und Rechtsextremismus" (August 2011, Online-Ausgabe hier). Mit freundlicher Genehmigung der Autorin.

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