Der Domplatz ist vorbereitet: Das "Bündnis gegen Rechts" hat ihn bereits mit Kommentaren gegen Rechtsextremismus und pro Geflüchtete verziert. Morgen sollen sich hier Hooligans aus vielen Bundesländern treffen.
ngn / SR

Kundgebung von "Gemeinsam-Stark Deutschland (GSD) in Magdeburg am 9. April 2016

Es war ein Spiel mit Täuschungen: Seit Januar mobilisiert die Gruppierung "Gemeinsam Stark Deutschland (GSD)", eine Abspaltung der "Hooligans gegen Salafisten" (HoGeSa), zur Demonstration am morgigen Samstag, den 09. April 2016, nach Magedeburg. Dann wieder nahm die Gruppe die Werbung aus dem Internet, selbst die Anmeldung bei der Polizei wurde zwischenzeitlich zurückgezogen - dies allerdings wollen die GSD-Organisatoren nicht selbst gewesen sein. Was ist nun morgen in Magdeburg zu erwarten? Eine Einschätzung von der Beratungsstelle Miteinander e.V. und vom Bündnis gegen Rechts Magdeburg.
 

Von Miteinaner e.V. und vom Bündnis gegen Rechts Magdeburg
 

Hintergründe und Einschätzung

Am 9. April von 14-20 Uhr will "Gemeinsam Stark e.V." aus dem rechten Hooligan-Umfeld „Gegen linke Gewalt und Asylmissbrauch“ auf dem Domplatz in Magdeburg aufmarschieren. Ob auch ein geplanter "Spaziergang" durch die Innenstadt stattfinden wird, ist nicht abzuschätzen. Angekündigt sind "Redner aus der Schweiz, Holland und natürlich Deutschland", namentlich genannt wurde bisher nur Ignaz Bearth aus St. Gallen, ein regelmäßiger Redner bei Pegida und -Ablegern. Zu erwarten sind auch Musikbeiträge von Rechtsrockbands.
 

Wer ist "Gemeinsam stark Deutschland e.V."?

"Gemeinsam stark Deutschland e.V." (GSD) ist ideologisch heterogen und nicht eindeutig im Neonazismus zu verorten. Was die Gruppierung unter "Deutschland" versteht, ist diffus und reicht von Reichsbürgerkonzepten bis zu einem "normalen" Fussball-Nationalismus. Was ihre Mitglieder und Anhänger_innen eint, ist das gemeinsame Feindbild: Linke, Geflüchtete, Migrant_innen, Muslime, Polizist_innen.

GSD ist eine Abspaltung von "HoGeSa" ("Hooligans gegen Salafisten"), die erstmals im Herbst 2014 auftraten und durch ihre gewalttätige Kundgebung am 26. Oktober 2014 in Köln bundesweit bekannt wurden (Vgl. Netz gegen Nazis). Eine wichtige Rolle bei den Veranstaltungen von GSD und HoGeSa spielt Musik, insbesondere die der Band Kategorie C/Hungrige Wölfe. Für Magdeburg ist Kategorie C jedoch nicht angekündigt.

Die Schnittmenge zwischen GSD-Hools und der organisierten militanten Neonaziszene ist hoch. Es gibt jedoch in der organisierten Neonaziszene auch Personen und Strukturen, die vor GSD-Hools warnen oder sich bewusst von ihnen fern halten, weil sie deren Unkontrollierbarkeit fürchten.
 

Wie ist der aktuelle Stand der GSD-Mobilisierung?

Nach den vorliegenden Informationen haben sich bisher Hooligangruppen aus Niedersachsen, Bremen, Berlin und Nordrhein-Westfalen angekündigt. Wir rechnen mit bis zu tausend Personen aus der rechten Hooligan- und Naziszene. Von den angemeldeten Ordnern kommt nur ein Teil aus Sachsen-Anhalt oder Magdeburg.
 

Was ist zu erwarten?

Die bei der Veranstaltung zu erwartende Klientel ist generell gewaltaffin. Sie ist durch ihre Bindung an rechtsextreme Aktionsformate im Kontext Fußball extrem gewaltbereit gegenüber Polizist_innen, Migrant_innen und politischen Gegner_innen. Die Anwendung von Gewalt ist für diese Gruppe keine Frage der Gelegenheitsstruktur. Vielmehr sucht sie aktiv Gewaltsituationen zur Selbstinszenierung und ist durch normale polizeiliche Maßnahmen nur schwer davon abzuhalten. Schrankenlose Gewaltanwendung und die Auseinandersetzung mit der Polizei gehören für sie zum Alltag.

Es ist damit zu rechnen, dass Teilnehmende vor, während und nach der Veranstaltung aktiv nach Möglichkeiten suchen, Gewalt auszuüben gegen Migrant_innen, Polizist_innen und andere Menschen, die sie als "Gegner" definieren. Zu erwarten ist, dass dies nicht unorganisiert geschieht, sondern vorbereitet wird. Wir gehen daher davon aus, dass sich die Teilnehmenden auch über die Standorte von Unterkünften von Geflüchteten informiert haben. Somit besteht auch ein Gefährdungspotenzial außerhalb der Innenstadt.
 

Was empfehlen wir?

Das Bündnis gegen Rechts Magdeburg und Miteinander e.V. rufen aufgrund des Gefährdungspotenzials nicht dazu auf, in Sicht- und Hörweite der GSD-Veranstaltung zu protestieren. Es muss an einem solchen Tag eher darum gehen, überall in der Stadt wachsam zu sein und ggf. gefährdete Menschen und Orte zu schützen.

Von der Polizei fordern wir eine konsequente Anwendung des Versammlungsrechts bei Aufrufen zu Gewalt und volksverhetzenden Inhalten.

Die Domgemeinde lädt stündlich von 14.00 bis 20.00 Uhr zum Friedensgebet am Barlach-Mahnmal im Dom ein (Eingang zum Dom über den Kreuzgang). Von den Grünen ist eine Demonstration unter dem Motto "Keine Alternative" angemeldet. Diese soll um 18.00 Uhr am Hasselbachplatz beginnen.

Miteinaner - Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt e.V.  und vom Bündnis gegen Rechts Magdeburg
 

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Update 11.04.2016

"Gegen linke Gewalt und Asylmissbrauch" – Hooligans organisieren Aufmarsch in Magdeburg

An einer von rechten Hooligans organisierten Versammlung hatten sich am Samstagnachmittag in Magdeburg zwischen 500 und 600 Personen aus dem gesamten Bundesgebiet beteiligt. Die Veranstaltung stand unter dem Motto: „gegen linke Gewalt und Asylmissbrauch“ und bestand aus zwei Kundgebungen und einem Marsch durch das Zentrum der sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt. Zu der Versammlung aufgerufen hatte die aus der Bewegung „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) entstandene Vereinigung „Gemeinsam Stark eV“. Entgegen dem Zusammengehörigkeit vermittelnden Anspruch im Namen der Gruppierung war die Veranstaltung aber eher ein Produkt eines sehr heterogenen Unterstützer_innenkreises. Im Wesentlichen beteiligten sich an dem Aufmarsch rechtsgesinnte Hooligans, extrem rechte PEGIDA-Ableger, neonazistisch angehauchte Bruderschaften und aktionsorientierte Neonazis aus „Freien Kräften“ und der Partei DIE.RECHTE, die in Bezug auf das Auftreten bei Veranstaltungen sehr differenzierte Ansichten vertraten. Mehrere Journalisten wurden von Demonstrationsteilnehmern angegriffen.

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