An einem Samstag im August… die DVU startete ihren Wahlkampf zur Bundestagswahl im brandenburgischen Eberswalde am 23.08.. Etwa 60 DVU-Mitglieder und deren Sympathisanten versammelten sich zum Wahlauftakt. Damit war die Kundgebung die bisher größte Veranstaltung der DVU vor Ort. Doch seit dem ward sie nicht mehr dort gesehen. War es das schon mit dem Wahlkampf?
Von Bea Marer
August 2009, auch die DVU befindet sich im Wahlkampf. Es ist schwer zu bemerken. Die Materialschlachten vergangener Wahlkämpfe fanden mit dem Führungswechsel in der Partei im Januar 2009 ein jähes Ende. Verleger Gerhard Frey übergab den Vorsitz an Matthias Faust und zog daraufhin offensichtlich auch sein Vermögen aus der DVU zurück. In der jetzigen, finanziell schwierigen Lage muss sich die Deutsche Volksunion auf Schwerpunkte konzentrieren, die sie mit Kundgebungen wie dieser setzen möchte. Daher ist vielleicht auch zu erklären, warum es auch eineinhalb Wochen nach dem Auftakt zum Wahlkampf immer noch keine neuen Veranstaltugen gegeben hat.
Mit den Hauptthemen „Ausländer“ und der Hetze gegen die „etablierten Parteien“ versuchten zahlreiche hochrangige Vertreter der DVU Besucherinnen und Besucher des Stadtparks Eberswalde für sich zu gewinnen.
Friedliche Gegenwehr der Eberswalder Bürger
Im Vorfeld wurde über die samstägliche Veranstaltung von demokratischer Seite aus nicht viel geredet. Der Stadtrat sowie die Initiativen vor Ort waren sich einig: keine Gegenveranstaltung, kein Medienrummel vorweg - die engagierten Gegner des Rechtsextremismus wollten die Veranstaltung der DVU möglichst unbekannt halten. Schließlich gilt der PR-Grundsatz "jede Publicity ist gute Publicity" auch für Rechtsextreme. „Wir erledigen doch nicht den Wahlkampf für die DVU!“, sagt Kai Jahns, Koordinator für Demokratie und Toleranz in Eberswalde.
Jahns lud lediglich zum „Bürgertraining“ am Freitag davor ein. Vertreterinnen und Vertreter der örtlichen Initiativen berieten gemeinsam, wie der DVU zu begegnen sei. Ganz totschweigen könne man es nicht, aber zu viel Wirbel solle es auch nicht geben, denn „die DVU braucht einen Gegner, an dem sie sich aufbauen kann“, so Jahns.
Mit Kaffee und Kuchen gegen rechts
So versammelten sich Bürgerinnen und Bürger an einer Kuchentafel, die sie bewusst im Blickfeld der DVU-Veranstaltung platziert hatten. Rund 30 Menschen kamen zusammen, um über das Problem mit dem Rechtsextremismus vor Ort zu diskutieren oder auch, um sich einmal genauer über die DVU und ihre Strategien zu informieren. Es war „keine Gegenveranstaltung, nur ein Zeichen, dass Eberswalde die Anwesenheit der Nazis nicht einfach hinnimmt“, meinte Kai Jahns.
„Die Bevölkerung nimmt die DVU schon wahr. Lange wurde über Probleme aber nur hinweggeschwiegen“, schätzt Sebastian Walter die Lage ein. Das [’solid]-Mitglied war auch Mitinitiator für die Initiative „Fete“ (Für ein tolerantes Eberswalde). „Das normale DVU-Potential besteht aus lediglich 20 bis 30 aktiven Mitgliedern, daher wird sie zu Recht auch ‚Phantompartei’ genannt.“ Oft würden nahezu wahllos Mitglieder für Kandidaturen aufgestellt, die auch gelegentlich gewählt würden, aber dann schon bald nicht mehr in Erscheinung träten.
Die DVU in Eberswalde
Während sich die Bürgerinnen und Bürger den Kuchen schmecken ließen, beschallte die DVU sich selbst mit altbekannten Polemiken. Auf die Parkbesucher wirkte das wenig attraktiv. „Die Taktik ist nicht geeignet, um unter die Leute zu kommen“, meint Kai Jahns, „die Partei konnte bisher noch nicht an lokale Themen anknüpfen“.
Eine der zentralen Figuren an diesem Samstag war der in dem Eberswalde benachbarten Ort Finowfurt ansässige Klaus Mann. Bekannt ist er für Rechtsrock-Konzerte, wodurch er das Bindeglied zwischen den freien Kameradschaften und den Parteimitgliedern gilt. Da die Konzerte auf Manns Privatgrundstück stattfinden, kann er aus den Kameradschaften heraus rekrutieren und zur Partei heranführen. Die Justiz ist machtlos, solang nichts Strafbares geschieht.„Der fühlt sich hier wohl, weil er keinen Widerstand erfährt“, so Sebastian Walter von [’solid].
Während sich die DVU im neuen Gewand als "Neue Rechte" ganz bürgerlich-friedliebend zeigt und Verbindungen zur Kameradschaftsszene nach Außen hin zu verschleiern sucht, sind in Eberswalde zahlreiche Vertreter aus der Kameradschaftsszene anzutreffen. Gordon Reinholz, führender Aktivist der Kameradschaft „Märkischer Heimatschutz“ und Besitzer eines Nazi-Ladens in Eberswalde, ist selbst vor Ort und hat noch einige Anhänger mitgebracht, die noch in das eigentlich schon überholte Klischeebild eines Nazis hineinpassen.
„Staraufgebot“ der „Neuen Rechten“
Sebastian Walter hat viele bekannte Gesichter unter den Rechtsextremen entdeckt. Aus dem gesamten Bundesgebiet sind hochrangige DVU-Mitglieder angereist. So versuchten der neue Vorsitzende Matthias Faust, sowie sein Stellverstreter Ingmar Knop mit den Bürgern in Kontakt zu kommen. Auch die Fraktionsvorsitzende der DVU im Landtag Brandenburg und zugleich stellvertretende Landesvorsitzende Liane Hesselbarth war anwesend, außerdem auch der Vorsitzende der DVU-Jugendorganisation „Junge Rechte“ Marcel Guse.
Auch Pressesprecher Andreas Molau war zugegen, er stellt die neue Hoffnung für die DVU dar, die sich mit seiner Hilfe salonfähig machen will. Zusammen mit Faust gibt er der bislang streng traditionell-nationalistischen eine neue und neurechte Richtung vor.
Friedliche Gegenwehr ist zu langweilig für's Fernsehen
Die "Kuchentafel" der Demokraten war vor Ort ein Erfolg - medial allerdings weniger. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg war vor Ort, aber filmte nicht, denn die Berichtpflicht greife nur, wenn „etwas Aufregendes zu zeigen ist“. „Schlimm ist das“, meint Lisa Schönrock vom Lokalen Aktionsplan Barnim (LAP), „von Ausschreitungen wird gern berichtet, aber wenn Bürgerinnen und Bürger einfach friedliche demonstrieren, berichtet das wieder keiner!“.
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