Der Fall löste Entsetzen aus: In Bautzen wurde in der Nacht vom 21. Februar 2016 das ehemalige Hotel „Husarenhof“ Ziel eines Brandanschlages. 300 Geflüchtete sollten dort einziehen. Mehrere Personen bejubelten den Brand. Unter den Gaffern seien auch Kinder gewesen, die es den teilweise betrunkenen Erwachsenen gleich taten, applaudierten und Flüchtlinge als "Kanaken" bezeichneten. Drei Schaulustige hatten außerdem die Löscharbeiten der Feuerwehr behindert (wir berichteten). Ein Extrembeispiel, sicher. Aber bei weitem kein Einzelfall.
Wie das BKA auf Anfrage von „MDR Info“ hin mitteilte, wurden im ersten Quartal des Jahres bereits zahlreiche Anschläge auf Unterkünfte von Geflüchteten gezählt. Bei 244 der bislang 268 verzeichneten Anschläge seien die Täter dem rechtsmotivierten Spektrum zuzuordnen, teilte eine Sprecherin des Bundeskriminalamtes am Montag in Wiesbaden mit. Bei den übrigen 24 Delikten könne eine politische Motivation noch nicht sicher ausgeschlossen werden.
Das BKA schlüsselt die Zahlen noch weiter auf: Überwiegend habe es sich dabei um Gewaltdelikte (53 Fälle), Sachbeschädigungen (103 Fälle) und Propagandadelikte (69 Fälle) gehandelt. Hinzu kamen 29 Brandstiftungen, zwei Vergehen gegen das Sprengstoffgesetz und in einem Fall das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion.
Angesichts dieser Zahlen ist zu befürchten, dass sich der Trend aus den Vorjahren fortsetzt, diese besonders perfide Form flüchtlingsfeindlicher Gewalt noch weiter zunimmt: 268 Angriffen im ersten Quartal 2016, 2015 waren es bundesweit nach BKA-Zählung 1029. In 920 Fällen stammten die Täter hier aus der rechten Szene. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2014 waren 199 Straftaten gegen Asylunterkünfte gemeldet worden, im Jahr davor 69 solcher Angriffe.
Die mitteldeutschen Landeskriminalämter meldeten für 2015 in Sachsen 118 Angriffe, in Thüringen und Sachsen-Anhalt sollen es jeweils 71 gewesen sein. Das waren etwa zehnmal so viele wie im Jahr zuvor. In Nordrhein-Westfalen waren es im vergangenen Jahr 214 Fälle, damit hat sich die Zahl im Vergleich zum Vorjahreswert verachtfacht.
In einer eigenen Recherche von DIE ZEIT und ZEIT Online kamen Journalist_innen im Dezember 2015 auf ganze 222 Angriffe auf Flüchtlingsheime, bei denen Menschen zu Schaden kamen oder hätten zu Schaden kommen können. Besonders schlimm bei diesen flüchtlingsfeindlichen Angriffen ist: Fast keiner von ihnen wird aufgeklärt. In nur vier von 222 Fällen wurden Täter von Gerichten verurteilt, in weiteren acht Fällen wurde Anklage erhoben. Das sind gerade einmal fünf Prozent aller Fälle. Bei nicht einmal einem Viertel aller Angriffe konnte die Polizei überhaupt Täter_Innen ermitteln.
Auch die Amadeu Antonio Stiftung erarbeitet laufend eine Chronik flüchtlingsfeindlicher Vorfälle, sie ist zu finden unter:
https://www.mut-gegen-rechte-gewalt.de/