Die Parteiprogramme zum Thema Rechtsextremismus

Wahlprogramme unterscheiden sich von der Politik wie Wunsch und Wirklichkeit voneinander. Die Aussagen der im Bundestag vertretenden Parteien enthalten dabei eine Spannbreite von vernünftigen Ansätzen, Pflege der jeweiligen Theorien und Wählergruppen sowie wenigen Hinweisen auf Innovationen.

Ein Kommentar von Dierk Borstel

Die politische Linke

Sie will Bestehendes beibehalten. SPD, die Linke und Grüne setzen vor allem auf die Fortsetzung und Weiterentwicklung der bestehenden Bundesprogramme. Dies erstaunt, stellen die bestehenden Programme doch zum Teil erhebliche qualitative Rückschritte gegenüber ihren Vorläufern an. Besonders die Entfaltung der Zivilgesellschaft als freie, konfliktfähige und innovative Sphäre der Demokratieentwicklung wurde zugunsten der Einbindung der kommunalen Verwaltung deutlich zurückgefahren. Die Abhängigkeit der Zivilgesellschaft vom Staat wurde erhöht und nicht reduziert. An dieser Stelle wäre ein kritischer Umgang mit den bestehenden Programmen dringend geboten.

CDU und FDP

Die beiden bürgerlichen Parteien hingegen setzen andere Akzente und betonen besonders die Bedeutung von Aussteigerprogrammen. Das ist ein spannender Aspekt, der auf der politischen Linken zu kurz kommt. Abzuwarten ist dagegen, was sich hinter dem Begriff der Bürgergesellschaft verbirgt. Besonders die Liberalen betonen oft den Aspekt der freien Assoziation der Bürger, der sich auch in der Freiheit von staatlicher Unterstützung äußert. Ein solches Konzept hat durchaus seinen Charme und trägt – wie man idealbildlich in Hamburg zeigen kann – auch zu einer Kultur der Förderung und Verantwortungsübernahme bei. Was passiert jedoch in der Uckermark, in Vorpommern und in den anderen ländlichen Regionen des Ostens? Hier fehlen die Voraussetzungen für eine solche Bürgergesellschaft. Gleichzeitig sind gerade dort die Rechtsextremisten stark.

Ein Lösungsvorschlag

Wahlkämpfe sind Zeiten der bewussten Polarisierung. Die Auseinandersetzung mit dem Extremismus eignet sich dafür schlecht, denn zu groß sind bei aller Differenz die gemeinsamen Interessen. Lassen Sie uns an dieser Stelle den Versuch wagen, eine ganz Große Koalition der guten Ideen zu bilden. Die sähe dann in etwa wie folgt aus:

Mit Hilfe von Spenden und Geldern des Bundes wird eine tatsächliche freie Stiftung gegründet, die auf Basis wissenschaftlicher und praktischer Erkenntnisse, frei von staatlicher Gängelung, entlang bestimmter Rahmenlinien dauerhafte Bundesprogramme fördern kann. Im Mittelpunkt stünden die Förderung der demokratischen Kultur und die direkte Auseinandersetzung mit den extremistischen Strukturen, Ideologien und Subkulturen. Leitgedanke des Programms wäre die Idee der Stärkung der Demokratie durch Strukturaufbau bei gleichzeitiger Schwächung der extremistischen Gegenseite. Es würde ein bundesweites Screening durchgeführt, in dem die regionalen Probleme erfasst und definiert würden. Anhand dieser Problembeschreibungen müssten regionale Antworten basierend auf einen Mix aus präventiven, integrativen, repressiven und interventiven Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden. Hinzu käme ein überregionales Aussteigerprojekt, das sowohl konkrete Ausstiegshilfe als auch die Arbeit am Feld mit dem Ziel der Schaffung von Dissidenz in den Szenen anbieten könnte sowie eine Opferberatung, die den Namen auch verdient. Ein solches Programm enthielte die Ideen der Parteien, führte sie zusammen und könnte bestehende Ansätze sinnreich ergänzen.

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