Dominik Roeseler (Pro-NRW) ist Anmelder von zahlreichen rechten Demonstrationen und Kundgebungen, so auch am 25.10.2015 in Köln. Trotzdem scheiden sich an ihm die Geister. Er und andere Hooligans sind derzeit stolz, von SPD Chef Sigmar Gabriel als "Pack" bezeichnet zu werden.
Screenshot Facebook

Rechtsextreme Hooligans – Zwischen Spaltung und Bündnisarbeit

Vor kurzem wurde der geplante Aufmarsch von Nazis und Hooligans in Hamburg am 12. September von der Polizei verboten. Und die zuvor zerstrittenen Hooligans aus dem HoGeSa Spektrum einigten sich auf eine gemeinsame Demonstration am 25. Oktober in Köln. Unser Autor Robin Dulinge zieht Bilanz über ein Jahr "Hooligans gegen Salafisten" und ihre Nachfolger*innen.

Von Robin Dullinge

Wir erinnern uns an den 26. Oktober 2014, rund 4500 Hooligans, Nazis, Ultras und Bürger*innen waren aus der gesamten BRD angereist und folgten einem Aufruf der "Hooligans gegen Salafisten" zur gleichnamigen Demonstration in Köln. Es bahnte sich an, wovor bereits zahlreiche Antifa- und Ultragruppen gewarnt hatten. Hooligans und Nazis, die über Jahre Vernetzung, Politisierung und Mobilisierung inner- und außerhalb der Kurven deutscher Stadien betrieben hatten, betraten gemeinsam die Straße um Rassismus in der Mehrheitsgesellschaft salonfähig zu machen. Was folgte waren Angriffe auf Migrant*innen und Gegendemonstrant*innen, offener Rassismus und rechte Propaganda, initiiert durch Hooligans, die unter dem Deckmantel des "Unpolitischen" alte und neue Hooligans vereinten, während die Institutionen, Vereine und Medien bis dahin die Probleme weitestgehend verharmlosten.

Interessenkonflikte, Spaltung und Neustrukturierung

Ein Hooligan aus Düsseldorf, der seinem Tattoo nach der Gruppe "Bushwhackers" zugehörig scheint, offenbarte bei der Auftaktkundgebung mit einem Redebeitrag wie gespalten die Interessen der rechtsextremen Hooligans schon damals waren. Auf seinen "kritischen" Redebeitrag erhielt er wenig Zustimmung, er appellierte an die Teilnehmenden, dass Hogesa eine Bürgerbewegung und offen für jede*n werden müsse, stieß dabei jedoch in eine Kerbe, die nur kurze Zeit später durch das Entstehen der *Gida-Bewegung zeigte, wie weit verbreitet Rassismus in der Mehrheitsgesellschaft ist. Und sie symbolisiert ihre Bereitschaft, diese mit Nazis und rechtsextremen Hooligans auf die Straße zu tragen.

HogeSa spaltete sich im Februar 2015. Während die erlebnisorientierten HogeSa-Anhänger*innen, vor allem durch die Störung einer Gedenkkundgebung bezüglich der rassistischen NSU-Anschläge in Köln und einem Anschlag auf einen Antifaschisten mit Migrationshintergrund vor dem AZ Wuppertal auffielen, versuchte der neu gegründete Verein "Gemeinsam-Stark Deutschland e.V." (GSD) zunächst durch karitative Aktionen und verschiedene Demonstrationen dem bürgerlichen Spektrum näher zu kommen. Interessant ist, dass einer der Hauptakteure, Dominik Roeseler, Ratsherr von Pro NRW in Mönchengladbach und stellvertretender Parteivorsitzender, sowohl für GSD als auch HogeSa und Dügida tätig war. Er agierte als Anmelder und Pressesprecher für "Gemeinsam-Stark Deutschland", war Mitinitiator und Gründer der HogeSa sowie Anmelder der Demonstration in Köln und spielte bei den *Gida-Demonstrationen in Düsseldorf eine große Rolle. Trotz der Spaltung hielt Roeseler die Kontakte zu den Gruppen, begleitete so die in NRW aktiven HogeSa-Anhänger*innen z. B. zu der Demonstration von Pegida NRW in Wuppertal.

So ist durch den Interessenkonflikt zwar eine Spaltung entstanden, jedoch ähneln sich die Positionen weiterhin. Im weiteren Verlauf der Spaltung entstand das "Bündnis deutscher Hools", kurz B.D.H., gegründet von zwei rechten Hooligans der Vereine BFC Dynamo und Union Berlin. Mittlerweile erstreckt sich auch dieses Bündnis über die gesamte Bundesrepublik. Eine bereits existente Gruppe sind außerdem die "Berserker Pforzheim", die aus zahlreichen Medienberichten bekannt sind. Auch hier gab es Entwicklungen. Die rechtsextreme Gruppe hat durch die "Division Wolfsburg – Berserker Deutschland" Zuwachs bekommen. Die Gruppe steht offenbar dem B.D.H. nahe, wie das Infoportal "Recherche38" berichtet.

Vernetzung, Demonstrationsschutz und Etablierung

Während sich HogeSa nach der Demonstration in Köln in interne Streitigkeiten und die folgenden Spaltungen begab, entwickelte sich mit Startpunkt in Dresden bundesweit die Pegida-Bewegung.

Schon im Dezember 2014 ließ sich diese als Verein eintragen und konnte mit ihren montäglichen Demonstrationen zeitweilig bis zu 25.000 Menschen auf die Straße bringen. Die Bilder der rassistischen und asylfeindlichen Demonstrationen erinnerten an die Zustände der 1990er Jahre, als im Zuge von diversen Brandanschlägen von Rostock-Lichtenhagen bis Saarlouis 1993 die faktische Abschaffung des Rechts auf Asyl in Deutschland beschlossen wurde.

In zahlreichen Städten entwickelten sich Ableger von Pegida, was zur Folge hatte, dass die rechtsextremen Hooligans noch mehr Anschluss in die Mehrheitsgesellschaft fanden und durch ihr Gewaltpotenzial sowohl für den Schutz der *Gida-Demonstrationen verantwortlich waren, als auch für zahlreiche Angriffe auf Gegendemonstrant*innen und Journalist*innen. Sie waren also keineswegs von der Bildfläche verschwunden, im Gegenteil konnten sie beinahe ungestört von den staatlichen Behörden nicht nur rassistische Hetze verbreiten, sondern Flüchtlingsunterkünfte angreifen und das Recht auf Pressefreiheit einschränken. Darüber hinaus erwirkten sie, dass die Bundesregierung das Gespräch mit Nazis, rechten Hooligans und Rassist*innen aufnahm, indem der Dialog mit Pegida gesucht wurde. Im Juli wurde auch das Asylrecht weiter verschärfte.

Parallelen zu den 1990er Jahren?

Geschichte wiederholt sich nicht, jedoch ähneln die aktuellen Anschläge und Angriffe auf Geflüchtete und deren Unterkünfte, vor allem im sächsischen Heidenau, denen die sich in Rostock-Lichtenhagen vor 23 Jahren ereigneten. Erst als der öffentliche Druck enorm hoch war, äußerten sich auch die höchsten Amtsinhaber*innen zum tobenden braunen Mob. Pikant ist, dass jene Politiker*innen vor Ort waren, die durch ihre Gesetzgebung maßgeblich an diesen Zuständen beteiligt sind. So bezeichnete SPD-Chef Sigmar Gabriel, die Rassist*innen als "Pack" und wie die Journalistin Jutta Ditfurth schreibt, auch als "undeutsch". Sie erklärt, dass er sich damit also der Nazi-Rhetorik anschließt. Bundesinnenminister Thomas de Maiziére (CDU) beschäftigt sich derzeit intensiv mit der deutschen Flüchtlingspolitik. Immerhin besuchte er vor kurzem einen Anti-Rassismus Workshop beim BVB. Man sollte von einem Innenminister erwarten, dass er einen Fokus auf die Verhinderung der extrem rechten Gewalt lege. Jedoch bemüht er sich um eine weitere Verschärfung des Asylrechts und begegnet dem grassierenden Rassismus, indem er die Forderungen der Rechtsextremen indirekt unterstützt.

Positiv ist die Reaktion in vielen deutschen Stadien. Zahlreiche Vereine und Fankurven solidarisieren sich mit Geflüchteten, laden diese zu Spielen ein, widmen Antidiskriminierungsarbeit und dem Kampf gegen rechte Tendenzen mehr Aufmerksamkeit. Jedoch äußern sich auch extrem rechte Fans sich zu Thematiken, so beispielsweise durch die erst kürzlich stattgefundene Aktion "Fuck Valentin", die den in Untersuchungshaft sitzenden Bremer Ultra Valentin als "linken Gewalttäter" diskreditieren soll. Beim Pokalspiel des RWE präsentierte die Essener Kurve ein solches Spruchband. Monate vorher, nach dem Vorfall beim Derby des SVW gegen den HSV, solidarisierten sie sich schon mit den rechtsextremen Hooligans aus Bremen. Valentin war nach Angriffen von rechten Hooligans auf Bremer Ultras und daraus folgende Auseinandersetzungen beim Nordderby verhaftet worden.

Nazis und Hooligans in der Bündnisarbeit: Demonstrationen am 12.09. und 25.10.

Während sich also die rechten Hooligans neue Gruppen gründen und sich vernetzen, steht am 12.September der nächste große Nazihooligan-Aufmarsch bevor. Zum "Tag der deutschen Patrioten" mobilisieren die oben genannten Gruppe nach Hamburg. Auch Dominik Roeseler ruft auf seiner Seite dazu auf. Es kann damit gerechnet werden, dass an diesem Tag von Alltagsrassist*innen bis hin zu extrem rechten Kadern Alle auf die Straße gehen werden, die sich mit nationalistischem und rassistischem Gedankengut identifizieren.

Eine ähnlich große Gefahr birgt, dass die rechten Hooligangruppen HogeSa, GSD, das "Bündnis deutscher Hooligans" und die "Berserker Deutschland" ihre Streitigkeiten mit den Mit-Organisatoren auf Eis gelegt haben und nun gemeinsam am 25.Oktober nach Köln fahren wollen. Die Demonstration steht unter dem Motto "Köln 2.0 - friedlich und gewaltfrei gegen islamischen Extremismus" und wird von Andreas Kraul und Dominik Roeseler getragen. Im Vorfeld hatten die einzelnen Gruppen zu zwei Terminen nach Köln mobilisiert, dem 24. und dem 25.Oktober und lagen offenbar im Zwist miteinander.

Bei dem Streit ging es offenbar um einen internen Machtkampf zwischen den Beteiligten, denn kurz vorher distanzierte sich das Bündnis der Hooligan-Gruppen noch von Dominik Roeseler und Andreas Kraul alias Kalle Gabrowski“. Nachdem Roeseler als Pressesprecher von GSD suspendiert worden war, gab er auf seiner Facebook-Seite bekannt, dass er die Distanzierung und internen Differenzen als Diffamierung seiner Person wahrnehme. Die Hooligangruppen versuchten hingegen den bestehenden Konflikt so wenig wie möglich zu thematisieren. Der interne Machtkampf scheint auf ein anderes Datum vertagt worden zu sein. Nun gilt es für die antirassistischen Kräfte am 25.Oktober wachsam zu bleiben.

Bei beiden Demonstrationen wird es das Ziel der rechten Hooligans sein, weiter in die Mitte der Gesellschaft zu dringen. Es gilt diese Demonstrationen kritisch zu begleiten und den extrem rechten Kräften ihren gesellschaftlichen Nährboden zu entziehen. Es ist an der Zeit, sich den Zuständen und Verhältnissen bewusst zu werden, damit in Zukunft Geflüchtete und Migrant*innen die Chance haben, ein selbstbestimmtes Leben ohne Angst vor rassistischer Gewalt zu führen.
 

Factsheet mit einer Übersicht über die Entwicklung der "Hooligans gegen Salafisten" auf Fussball-gegen-nazis.de

Zu Protesten ruft das Bündnis "Köln gegen Rechts" unter dem Motto "Kein Comeback von HogeSa" auf.
drucken