Presse- und Blogschau 8.11.-15.11.2012

Sportministerkonferenz thematisiert Rechtsextremismus +++ Mitglieder des Berliner AK rassistisch beleidigt +++ Ex-DFB-Chef Zwanziger veröffentlicht Autobiografie +++ Nazis in den Fankurven – nicht nur in Duisburg +++ Versteigerung von Dynamo-Trikots für Anti-Rassismus-Projekte in Dresden +++ Debatte über Outing und Homophobie +++ Antisemitische Endlosschleife - seit zwei Jahren protestiert Makkabi Berlin gegen ein Kunstwerk

Die wöchentliche Presse- und Blogschau von fussball-gegen-nazis.de

Sportministerkonferenz thematisiert Rechtsextremismus

Bremens Innen- und Sportsenator Ulrich Mäurer (SPD) fordert im Vorfeld der Sportministerkonferenz (SMK) in Eisenach eine stärke Bekämpfung des Rechtsextremismus im Sport. "DFB und DFL tun hier bereits eine Menge, aber von einem flächendeckenden Ausschluss Rechtsextremer in den Stadien sind wir bedauerlicherweise noch ein Stück entfernt", beklagt Mäurer. Er spricht sich für klare Regelungen in den Stadionordnungen aus, die verhindern, "dass Extremisten den Fußball als Bühne für ihre politische Gesinnung missbrauchen". Diejenigen, die mit rechtsextremen Bannern oder Bekleidungsstücken erwischt werden, müssten ebenso wie diejenigen, die beim Versuch Pyrotechnik ins Stadion zu schmuggeln, mit Hausverboten bestraft werden. Die Stadionordnung des Weserstadions wurde nach Angaben des Senators zu Beginn der laufenden Saison gemeinsam mit Werder Bremen in dieser Hinsicht deutlich verschärft und ermöglicht solche Verbote gegen Rechtsextreme. Maßnahmen gegen rechtsextreme Unterwanderung der Sportvereine ist Thema einer Beschlussvorlage, die von der Thüringer Vorsitzenden der Sportministerkonferenz Heike Taubert eingebracht und von Bremen unterstützt wird. Danach soll in den Ländern geprüft werden, ob die gesetzlichen Grundlagen zur Sportförderung ausreichende Handlungsmöglichkeiten bieten, um extremistisch orientierten oder unterwanderten Vereinen die Sportförderung zu entziehen. "Ich fände es unerträglich, wenn ich solchen Leuten auch noch Übungsleiterzuschüsse geben müsste oder wenn denen öffentliche Sportstätten zur Verfügung gestellt werden", so Bremens Innen- und Sportsenator Mäurer. Bremen sei derzeit dabei, die Sportförderrichtlinien in dieser Weise zu überarbeiten. (Bildungsklick)

Mitglieder des Berliner AK rassistisch beleidigt

Der Regionalligist Berliner AK hat einen Brief bekommen, in dem Mitglieder des Vereins rassistisch angegriffen werden. Am 5. November erreichte das anonyme Schreiben den Verein. Darin wurden nicht hinnehmbare Äußerungen gegenüber den muslimischen und ausländischen Vereinsmitgliedern getätigt, erklärte der Klub: " Wir werden mit Schweinen gleichgesetzt, zum Verschwinden aufgefordert, als Kanaken, primitiver Abschaum und Barbaren beschimpft und schließlich bedroht mit den Worten 'Verschwindet – sonst Ofen'." Der Regionalligaverein hat deshalb Strafanzeige erstattet. (Pressemitteilung des Vereins)

Der ehemalige DFB-Chef Zwanziger hat seine Autobiografie geschrieben

Monatelang hat Theo Zwanziger geschwiegen. Das war ungewöhnlich für einen Mann, der sonst zu nahezu allem etwas zu sagen hatte. Homophobie? Rassismus? Mangelhafte Integration? Kaum wurde ein gesellschaftliches Problemthema durch das Land getrieben, war der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) zur Stelle. Bis er im März 2012 unter mehr oder weniger unerfreulichen Umständen aus dem Amt schied. Seither war nichts mehr zu hören von dem 67-Jährigen. Nun hat er sich mit seiner Autobiografie wuchtig zurückgemeldet. (Die Welt) Im Interview mit der Taz wird Zwanziger gefragt: "Als DFB-Präsident haben Sie Themen wie Rassismus, Homophobie und Frauenfußball sehr hoch gehängt. Ihr Nachfolger Wolfgang Niersbach will jetzt 'zurück zum Kerngeschäft'. Beunruhigt Sie das?" Die Antwort: "Der Ausspruch, den Wolfgang Niersbach gewählt hat, implementiert zumindest die Möglichkeit, dass das Geschehen auf dem Rasen wieder alles andere überragt. Warum sagt man so was? Ist das Kerngeschäft wirklich nur Bundesliga, Nationalmannschaft und Nachwuchsförderung bei den Jungs und Männern?" (Taz)

Nazis in den Fankurven – nicht nur in Duisburg

Die Staatsanwaltschaft Halle ermittelt gegen zwei Fans des Zweitligisten MSV Duisburg, die jüngst im MSV-Fanblock den "Kühnen-Gruß" zeigten. Staatsanwaltschaften wie MSV-Vereinsführung wollen nun nicht mehr hinnehmen, dass rechte Hooligans unter den Fans ihr Unwesen treiben. Erst vor ein paar Wochen hatte der Sicherheitsbeauftragte des Vereins öffentlich eingeräumt, dass der MSV ein Problem mit rechtsextremistischen Fans habe. Auch wenn der Anteil mit 25 Personen als gering eingeschätzt wird, gab es in jüngster Vergangenheit doch volksverhetzende Vorfälle bei den Spielen. Der Fanbeauftragte des Vereins spricht von einer neuen Dimension. Auslöser dieser Kampfansage an die Rechtsextremen unter den Fans war besagtes Auswärtsspiel in Halle. Dort hoben MSV-Anhänger nicht nur die Hand zum Kühnengruß, es schallten auch antisemitische und rassistische Parolen aus dem Duisburger Fanblock. "Der Verein muss etwas tun, allein auch um die echten Fans zu schützen", sagt MSV-Pressesprecher Martin Haltermann. (Die Welt, Der Westen)

Versteigerung von Dynamo-Trikots für Anti-Rassismus-Projekte in Dresden

"Love Dynamo - Hate Racism" – mit diesem Appell auf der Brust sind Dynamo Dresdens Spieler ins Heimspiel gegen Eintracht Braunschweig am 20. Oktober gegangen. Mit den Sondertrikots wollte der Verein ein Zeichen gegen Rassismus setzen und gemeinsam mit der Dresdner Faninitiative "1953international" antirassistische Projekte unterstützen. Dazu hat eine Versteigerungsaktion gedient, bei der am Mittwoch sechs Spielertrikots unter den Hammer gekommen sind. Immerhin knapp 4200 Euro wurden auf diese Weise eingesammelt. Das Geld wird nun in drei Initiativen für Anti-Rassismus-Arbeit investiert. (OVZ online)

Kritisches und Optimistisches zur Debatte über Outing und Homophobie

Oskar Beck sieht in seiner Kolumne die Outing-Debatte kritisch: "Eine Hexenjagd ist im Gange, und keiner, der bis Drei zählen kann, würde sich in dieser Atmosphäre der Intoleranz und Ausgrenzung während seiner Karriere freiwillig outen und fröhlich 'Hier!' rufen – was dann passiert, weiß Justin Fashanu, aber man kann ihn nicht mehr befragen. Für 80.000 Pfund Redegeld hat sich der Stürmer von Nottingham Forest im Boulevardblatt 'The Sun' offenbart, ist danach vor der Hetze nach Amerika geflüchtet, später hat er sich aufgehängt. Willkommen in der Wirklichkeit des Machosports." (Stuttgarter Zeitung) Die Fanprojektleiter vom FC Rot-Weiß Erfurt (Nadin Schmidt) und dem FC Carl Zeiss Jena (Matthias Stein) sehen dagegen die Zeit für ein Outing bei Fußballern gekommen. Im Interview sagen sie: "Fußballfans sind toleranter, als viele denken". (Thüringer Allgemeine) Unterdessen erklärt der Blogger Alexander von Beyme, dass homosexuelle Freizeitfußballer seit Jahrzehnten untereinander vernetzt sind, und warum es überhaupt eigene Fußball-Teams für Schwule gibt. (Alexander von Beyme)

Antisemitische Endlosschleife - seit zwei Jahren protestiert Makkabi Berlin gegen ein Kunstwerk

Wer das Vereinsgebäude von TuS Makkabi betritt, ist erst einmal nur fassungslos. "Den Juden ist es egal, was sie für ein Trikot tragen, Hauptsache das Geld stimmt", steht es rot auf schwarz auf einer rund 60 Meter langen LED-Laufschrift, die vom Eingang bis zum Ende des Kabinentraktes führt. Es ist eines von mehreren Zitaten, das als Teil der Kunstinstallation "Hirsch Rot" in der von Makkabi und dem Sport-Club Charlottenburg (SCC) gemeinsam genutzten Sportanlage Julius Hirsch im Eichkamp zu lesen ist. (Jüdische Allgemeine)

1860 tritt Münchner Bündnis für Toleranz bei

Der TSV 1860 München ist jetzt Mitglied des Münchner Bündnisses für Toleranz. Dieser Zusammenschluss aus Kirchen, Sozialverbänden, demokratischen Parteien und anderen wichtigen gesellschaftlichen Gruppen engagiert sich in München gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt. (Abendzeitung)

Neonazis im Fußballstadion? Kein Einzelfall

In der Champions League scheint die Lage klar zu sein: Bei den Spielen trugen die Kapitäne zuletzt Armbinden mit der Aufschrift "Unite Against Racism". Überall in Europa wird in diesen Tagen gegen Diskriminierung im Fußball demonstriert. Die Organisation Fare (Football Against Racism in Europe) versucht mit ihren jährlichen Aktionswochen, in 41 Ländern für Toleranz und gegen Rechtsextremismus in den Stadien zu werben. Längst treten Rechtsextreme nicht mehr mit Reichskriegsflagge im Stadion auf - aber sie sind da. Seit Kurzem sieht sich Eintracht Braunschweig durch eine Broschüre mit dem Problem offiziell konfrontiert. Der Verein ist dabei aber sicher kein Einzelfall, sagt der Journalist und Autor Ronny Blaschke im Video-Interview mit dem NDR: "Es gibt eigentlich in jedem Stadion Neonazis." (NDR)

Braunschweiger Nazis verteidigen die Fanszene der Eintracht

Das Blog "Ende der Fahnenstange" betrachtet die Situation in Braunschweig: "In der letzten Zeit ist viel gesagt und geschrieben worden über die erschienene Broschüre kurvenlage, die sich inhaltlich mit dem thematischen Schwerpunkt Neonazis, rechte Fans und die Eintracht Braunschweig beschäftigt. Während der Verein und diverse vermeintlich unpolitische Fans sich darüber beschwerten, dass Extremist_innen [sic!] das Stadion für linke Politik missbrauchen würden, mischen mittlerweile nun auch waschechte Nazis in der Debatte um die erschienene Broschüre mit." (Ende der Fahnenstange)

ORF bittet Alaba um Entschuldigung

Nach einem rassistischen Scherz hat der österreichische TV-Sender ORF Bayern Münchens Verteidiger David Alaba um Entschuldigung gebeten. "Nichts läge uns ferner, als jemanden rassistisch zu beleidigen", sagte ein Sprecher des Senders am Freitag. "Die Satire wurde ganz offensichtlich missverstanden, und wir entschuldigen uns dafür." Alaba selbst war bereits juristisch gegen den Sender vorgegangen und hatte erwirkt, dass der Beitrag von der Homepage des ORF genommen wird. (Spox)

"Nationalgesinnte Fußballanhänger"

Neonazis im Fußballstadion: Eintracht Braunschweig, der MSV Duisburg und Alemannia Aachen sind nur drei der Clubs, die zuletzt in diesem Zusammenhang in die Schlagzeilen gerieten. Der deutsche Meister Borussia Dortmund gehört ebenfalls dazu. In der aktuellen Saison häuften sich die Hinweise, dass die braune Szene der Ruhrgebietsstadt vermehrt auf den Tribünen und rund ums Westfalenstadion aktiv ist. Nach dem Verbot der Neonazi-Gruppe „Nationaler Widerstand Dortmund“ im August dieses Jahres wurde beim Heimspiel gegen Werder Bremen auf der Stehplatztribüne per Transparent "Solidarität mit dem NWDO" bekundet, initiiert offenbar von einem polizeibekannten 27-Jährigen. Bei einem Auswärtsspiel des BVB in Hamburg tauchte ein Transparent der "Borussenfront" auf. Die vor drei Jahrzehnten gegründete und von Siegfried Borchardt ("SS-Siggi") geführte Truppe hatte in den 80er Jahren vielen rechtsextremen Hooligangruppen als Vorbild gedient, war aber in den letzten Jahren kaum noch öffentlich aufgetreten. "30 Jahre Borussenfront Dortmund – Ein Mythos stirbt nie", bekundeten die Neonazi-Hooligans nun per Banner. (blick nach rechts)

drucken