Presse- und Blogschau 30.11.-5.12.2012

 

Demo von 1860-Fans +++ In Holland prügeln Jugendliche einen Linienrichter tot +++ Kontroverse um DFL-Sicherheitspapier spitzt sich zu +++ SV Babelsberg zeigt Flagge gegen Homophobie +++ Erneut Braunschweig-Fans mit rechtsextremer Symbolik +++ England: Vieira fordert härtere Strafen gegen Rassismus +++ Debatte über Homophobie im britischen Fußball +++ Scheuklappen bei Leipziger Polizei?

Die wöchentliche Presse- und Blogschau von fussball-gegen-nazis.de

Wenn Fußball zur Nebensache wird: Demo von 1860-Fans

Am 9. Dezember 2007 kam es nach dem Amateurfußballspiel des TSV 1860 München gegen den FC Bayern zu einem Polizeieinsatz mit massiver Gewaltausübung. Die daraufhin eingeleiteten Strafverfahren gegen Einsatzkräfte führen nahezu ins Leere, weil Beweismaterial "verschwand". Die Fans, darunter die Initiative "Löwenfans gegen Rechts", wollen dieses Wochenende mit einer Demonstration an diesen Vorfall erinnern und stellen klare Forderungen. (Publikative)

In Holland prügeln Jugendliche einen Linienrichter tot – auch in Deutschland fordern Schiris mehr Schutz

In den Niederlanden töteten jugendliche Fußballer einen ehrenamtlichen Linienrichter. Wie in Deutschland versucht der Verband Gewalt im Amateurfußball zu sanktionieren (Zeit), als Reaktion auf das Verbrechen wurden alle Spiele des kommenden Wochenendes im Amateurbereich abgesagt (SZFAZSpiegel Online) Das Magazin "quer" des Bayerischen Rundfunk berichtete schon vorher über Gewalt gegen Schiedsrichter in Deutschland. Vor allem in den unteren Ligen werden die Unparteiischen regelmäßig zur Zielscheibe. Mehrere Schiedsrichter aus Bayern wollen jetzt ein Zeichen setzen und sind aus Protest von ihren Ämtern zurückgetreten. Sie fordern mehr Schutz vom Verband. Doch der Verband spricht von "einigen wenigen Fällen" – und lässt die Betroffenen mit ihren Problemen alleine. (BR)

Kontroverse um DFL-Sicherheitspapier spitzt sich zu

Die DFL hat die Anträge zum Konzept "Sicheres Stadionerlebnis" veröffentlicht. (Bundesliga.de) Über die Reaktionen darauf berichten die FAZ und DerWesten. Der DFL-Funktionär und Schalke-Vorständler Peter Peters fordert im Interview mit Spiegel online: "Die Fans dürfen Einzeltäter nicht mehr decken". (Spiegel Online) Am 8. Dezember soll es mehrere Demonstrationen von Fans gegen das umstrittene DFL-Sicherheitspapier geben. "Stadionwelt" sprach mit Georg Maier, einem Organisator der von "ProFans" initiierten Demo in München. (Stadionwelt) Stellvertretend für viele Initiativen kritisiert die Fanhilfe Hannover, dass zur Abstimmung über das Maßnahmenpaket "Sicheres Stadionerlebnis" am 12.12.2012 keine Fanvertreter eingeladen worden seien. (Fanhilfe Hannover) Der Ligaverband wies inzwischen die von der Initiative "12doppelpunkt12" geäußerte Kritik an den vorgelegten Anträge zurück. (Bundesliga.de) Derweil scheint die  Politik den Druck auf die Fußballverbände zu erhöhen. Ein Spitzentreffen beim niedersächsischen Innenminister Uwe Schünemann (CDU) zusammen mit seinem NRW-Kollegen Ralf Jäger (SPD) und den Spitzen von DFB und DFL am Montag blieb ohne Einigung. (Kreiszeitung, Focus)

Der Blogger Andreas Wiemers meint zu der Diskussion: "Unter dem Deckmantel größtmöglicher Transparenz soll nun verhüllt werden, dass diesem Prozess mindestens ein Kommunikationsgau vorausgegangen ist." (Lagerstätte) Die Piratenpartei begrüßt die Protestaktion 12Doppelpunkt12. Insbesondere die "Forderungen nach Ganzkörper- und Nacktkontrollen, Gruppenhaftung für alle Stadionbesucher, Kollektivstrafen, sowie die Aburteilung von pauschal verdächtigten Fans" seien völlig überzogen und zeigten, dass "die DFL jegliches Augenmaß verloren" habe. (Piratenpartei) Der ehemalige Fußballprofi Matthias Scherz fordert: "Die DFL muss den Dialog suchen". (Kölner Stadtanzeiger) Auch der Bochumer Kriminologie-Professor Thomas Feltes, früher Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der DFL, fordert mehr Kommunikation zwischen Polizei und Fans. (DerWesten) Gerd Dembowski, Sozialwissenschaftler und Fanforscher an der Leibniz Universität Hannover, erklärt in einem lesenswerten Interview, welche Strategien die DFL, der DFB, die Bundesligavereine, die Sicherheitsbehörden und die Fangruppen verfolgen und betont die soziale Funktion der Kurve: "Das Fußballstadion ist das größte Jugendzentrum der Stadt" (Magascene)

SV Babelsberg zeigt Flagge gegen Homophobie

Fußball-Drittligist SV Babelsberg 03 und seine Fans haben ein Zeichen gegen Homophobie gesetzt. Vor dem Heimspiel gegen den Chemnitzer FC wurde im Karl-Liebknecht-Stadion eine Werbebande mit der Aufschrift "Nulldrei gegen Homophobie" im Fernsehbereich enthüllt. (ND, T-online)

Erneut Braunschweig-Fans mit rechtsextremer Symbolik

Beim Zweitligaspiel zwischen Eintracht Braunschweig und dem FC St. Pauli am 28.11. wurden auf Seiten der Eintracht-Fans erneut mehrere eindeutig der rechten Szene zuzurechnende Kleidungsstücke gesichtet. Unter anderem trug ein Braunschweig-Anhänger einen Schal mit Reichskriegsflagge, wie der Blogger Jan Tölva mit einem Foto beweist. (Jan Tölva Blog) Kaum war das Spiel vorbei, da verkündete NPD-Parteichef Holger Apfel den Sieg seiner Lieblingsmannschaft Eintracht Braunschweig per Facebook: "Scheint der Eintracht gut zu tun, wenn ich im Stadion dabei bin. 1:0 gegen die Zecken von Pauli – Tabellenführung verteidigt, was will man mehr". In kurzer Zeit klickten über 170 seiner Anhänger bei Facebook unter dem Beitrag auf "gefällt mir". Darunter auch einige, die unschwer als Fans der Eintracht zu identifizieren sind. (Recherche38)

England: Vieira fordert härtere Strafen gegen Rassismus

Der frühere französische Nationalspieler Patrick Vieira hat härtere Strafen für rassistische Beschimpfungen im Fußball gefordert. "Wenn du wirklich gegen Rassismus kämpfen willst (...), musst du einen Punktabzug gegen Clubs verhängen oder sie aus dem europäischen Wettbewerb schmeißen", sagte der 36-Jährige in einem Interview mit der englischen Zeitung Times. Wenn nichts unternommen werde, verschlimmere sich die Situation immer weiter, warnte der gebürtige Senegalese, der 2011 seine Karriere beendet hatte. (Süddeutsche)

Das alte, neue Nazi-Problem in den Fankurven

Rechtsradikale Fans gelten als Problem von gestern. Doch nicht nur in Aachen, Braunschweig und Dortmund zeigt sich der Kampf in der Kurve wieder offen. (Zeit)

Debatte über Homophobie im britischen Fußball

Anders Lindegaard, dänischer Nationaltorwart in Diensten des englischen Klubs Manchester United, hat mit der Forderung nach einem Outing homosexueller Fußball eine große Debatte über Homophobie im britischen Fußball ausgelöst. "Als Fußballer denke ich zunächst, dass homosexuelle Kollegen vor allem Angst vor den möglichen Reaktionen der Fans haben. Mein Eindruck ist, dass die Spieler keine Probleme hätten, einen Homosexuellen zu akzeptieren", schrieb der Keeper in seinem Blog. (Guardian)

Scheuklappen bei Leipziger Polizei?

Die Leipziger Stadträtin der Linkspartei Juliane Nagel berichtet von einer ernüchternden Antwort auf ihre Anfrage an das zuständige Dezernat zu neonazistischen Bestrebungen beim 1. FC Lokomotive Leipzig. (Linxxnet)

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