Die Fanatico Boys Heidenheim haben keinen Platz für Nazis im Albstadion. Auch auf Sachsen-Anhalts Fußballplätzen wird die Luft dünn für Rechtsextreme. Endlich.
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"Kein Fußball den Faschisten!" – FSA beantragt Ausschluss vom FC Ostelbien Dornburg

Am Dienstag erklärte der Fußballverband Sachsen-Anhalt FSA nun offiziell, dass er den Ausschluss des Kreisligisten 1. FC Ostelbien Dornburg aus dem Landessportbund LSB beantragt. Ein erster Verbotsversuch scheiterte 2011. Seit Monaten ist öffentlich bekannt, dass im Verein zahlreiche Rechtsextreme aktiv sind, auch der Verfassungsschutz des Landes hat seine Einschätzung diesbezüglich nachkorrigiert.

Von Lina Morgenstern

Der Fußballverband Sachsen-Anhalt begründet seinen Antrag auf Ausschluss des Fußballvereins aus dem Jerichower Land mit dem Verstoß des Vereins gegen die Grundsätze des Verbandes der Gewalt- und Diskriminierungsfreiheit. "Der LSB wirkt mit seinen Mitgliedsorganisationen gegen Fremdenfeindlichkeit, politischen Extremismus, Gewalt, Gewaltverherrlichung und Homophobie", heißt es in der Erklärung. Diesen Grundsätzen entspräche der FC Ostelbien Dornburg nicht. "Im Jahr 2015 kam es zu einer Häufung von Verstößen gegen das Fairplay sowie grober Unsportlichkeiten und Diskriminierungen."

Anfang August war bekannt geworden, dass sich 49 von 56 SchiedsrichterInnen weigerten, die Partien des Kreisligisten in der kommenden Saison zu pfeifen. Auch mehrere Vereine gaben bekannt, nicht mehr gegen den Verein spielen zu wollen. Dies hatte eine bundesweite Diskussion angestoßen, die längt überfällig war. Schon im Januar berichtete dieses Portal über den Verein und seine rechten MitstreiterInnen. Bei einem Fußballspiel in Gommern Anfang des Jahres waren Mitglieder des Vereins nach einer roten Karte für den Kapitän Dennis Wesemann auf Zuschauer losgegangen, mindestens eine Person wurde verletzt. Die rote Karte erhielt der Mannschaftskapitän, weil er den Schiedsrichter mit Gewalt bedroht hatte. Später am Tag versammelten sich zum Teil die gleichen Täter in Magdeburg und pöbelten in einer Diskothek. Dabei zeigten die Hitlergrüße. Nachdem sie die Disko verlassen mussten, beleidigten sie auf dem Weg zum Bahnhof mehrere Iraker. Damals war berichtet worden, dass die Täter der rechten Magdeburger Hooligangruppe "Blue White Street Elite" angehören, aus deren Umfeld auch der FC Ostelbien Dornburg gegründet wurde.

Probleme um Rechtsextremismus beim Verein waren lange bekannt

"Ich finde es gut, dass der Fußballverband Sachsen-Anhalt nun reagiert hat und auch der Landessportbund über den beantragten Ausschluss entscheiden muss. Ich bedauere, dass das nicht früher geschehen ist. Die Einschätzungen zum Verein und Berichte über rechte Vorkommnisse bei Spielen sowie die Hintergründe zu seinen rechten Mitspielern sind seit Jahren bekannt", erklärte Sebastian Striegel, er sitzt für die Grünen im Landtag Sachsen-Anhalts und begleitet den FCOD schon lange kritisch.

Im Juli dokumentierte das Magazin MDR Exakt den Verein, die rechtsextreme Gesinnung und die Gewalttätigkeit seiner Mitglieder und SympathisantInnen. In der taz erschien im April der erste Spielbericht von einer Partie des FC Ostelbien Dornburg. In der Zeitung wurde geschildert, wie ein Gegenspieler besonders vom FCOD Kapitän Dennis Wesemann rassistisch beleidigt und körperlich angegangen wurde. Trotzdem musste der Betroffene, nicht der Täter, das Feld verlassen, der Trainer wechselte den Spieler, Fitim Cimili, aus. "So macht Fußball keinen Spaß mehr. Der Verein gehört verboten", äußerte er kurz nachdem er gehen musste. Der Schiedsrichter der Partie ließ den FCOD gewähren.

Beide Medien berichten auch über das Klima der Angst, dass der Verein verbreitet, SpielerInnen und ZuschauerInnen wollten nur anonyme Aussagen treffen. "Ich will doch keinen Hausbesuch von Herrn Wesemann und seinen Kameraden", lauteten Aussagen der Befragten. Man kennt sich auf dem Land. Und auch SchiedsrichterInnen müssen um ihre Sicherheit fürchten, wie der Fall in Gommern zeigt.

Dennis Wesemann ist der bekannteste Kopf

Wesemann ist Gründungsmitglied der "Blue White Street Elite", rechtsextremer Kommunalpolitiker im Jerichower Land und Stürmer beim Amateurverein FC Ostelbien Dornburg. Seine Rückennummer ist die "18", ein bei Neonazis beliebter Code für "AH" oder "Adolf Hitler". Er trägt kein NPD-Parteibuch, aber fällt seit Jahren durch rechtsradikale Bestrebungen auf, ist mehrfach vorbestraft, viele nennen ihn "Neonazi". Auch der Verfassungsschutz schätzt in MDR Exakt ein, dass er eine Person ist, die "... aktiv in die örtliche rechtsextremistische Szene im Jerichower Land eingebunden (ist)". Er ist Ortsbeirat in Stresow, dem Dorf, in dem zur Landtagswahl 2011 jede*r Vierte die NPD gewählt hat. Im Juli 2014 kandidierte er als Oberbürgermeister, griff sogar einen Gegenkandidaten tätlich an. Sebastian Striegel erklärte zur Kandidatur Wesemanns gegenüber MDR Exakt: "Dennis Wesemann ist jemand, der seit Jahren in der neonazistischen Szene unterwegs ist. Der selbst durch antisemitische Äußerungen aufgefallen ist. Der mit in einem rechten Fußballverein ist. Und so jemand will als Nichtdemokrat demokratischer Ortsbürgermeister werden, das kann nicht sein." Striegel kritisiert den Verfassungsschutz heute besonders dafür, dass er den Verein so lange falsch einschätzte. "Ich denke aber, es ist gut, dass der VS den Verein nun als das erkannt hat, was er ist: ein Verein von Nazis für Nazis. Besser spät, als nie."

Erster Verbotsversuch scheiterte vor Gericht

Der FCOD wurde von Neonazis und Hooligans gegründet. Trainer, Spieler und Vorstand, die meisten haben hier rechte Weltanschauungen, auch einige polizeibekannte Hooligans gehören dem Verein an. Der Landessportbund Sachsen-Anhalt hatte zwar nach der Gründung die Anerkennung als Sportverein verweigert, war damit aber in einem Schnellverfahren vor Gericht gescheitert und nicht in die Revision gegangen. In Sachsen-Anhalt stellt sich die Situation schwierig dar. Sportgerichtsbarkeit und Verbandsfunktionäre unterstreichen immer wieder die Trennung von Vereinssport und Lebenswelt sowie politischer Einstellung und Betätigung der Vereinsmitglieder. Solange der FCOD nicht als politisch rechtsextremer Akteur auftrat, konnte er in der Kreisliga problemlos weiter spielen. "Was abseits vom Spielfeld passiert und dass der Verein eine Heimstatt für mehr oder weniger organisierten Neonazis ist, scheint für den Fußballverband und die Kreisliga irrelevant", kritisiert David Begrich vom Magdeburger Verein Miteinander e.V.

Nun soll mit dem Ausschlussverfahren ein zweiter Anlauf gestartet werden. Auch der Tenor der beiden Sportverbände hat sich geändert. "Ich denke, die Chancen hängen maßgeblich von der juristischen Beratung des Landessportbunds ab. Sie stehen aber gut, da beide Verbände, Landessportbund und Fußballverband, in ihren Satzungen klare Regelungen gegen Gewalt und Rassismus treffen. Wer im organisierten Sport mitmachen will, muss auch für demokratische Werte einstehen", erklärt Striegel von den Grünen.

Verfassungsschutzeinschätzung: erst kein Problem, jetzt doch?

In seiner Einschätzung haben sich auch das Innenministerium und der Verfassungsschutz verändert. Noch im März spielten sie das Problem gegenüber diesem Portal herunter. Man sprach nicht, wie jetzt, von aktiven Neonazis im Verein, sondern nur von Personen, gegen die Verfahren aufgrund politisch rechts motivierter Straftaten liefen. "Dennoch liegen hier keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich beim FC Ostelbien Dornburg um eine rechtsextremistische Bestrebung handelt, die sich aktiv und geschlossen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richtet", erklärte der Pressesprecher Thomas Krings damals. Auch auf Anfrage ist noch keine geänderte Stellungnahme aus dem Innenministerium eingegangen.

Inzwischen ist die Einschätzung des Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt eingegangen (14.08.2015), diese im Wortlaut:

"Der Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt ordnet rund 15 Vereinsmitglieder des FC Ostelbien Dornburg, darunter viele der aktiven Spieler, dem Rechtsextremismus zu. Trotz dieser relativ hoher Schnittmenge liegen weiterhin keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich beim Verein FC Ostelbien Dornburg um eine rechtsextremistische Bestrebung im Sinne des § 4 Abs. 1 des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Sachsen-Anhalt handelt, die sich aktiv und geschlossen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richtet."

 

P.S. "Kein Fußball den Faschisten!" ist übrigens eine Losung, die im St.Pauli Stadion Hamburg prangt, keine vom LSB oder FSA getätigte Aussage. 

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