Nach dem gezielten Überfall auf Fans von Tottenham Hotspur durch Anhänger der beiden römischen Klubs Lazio und AS kam es auch während der Begegnung am Donnerstagabend zwischen Lazio und Tottenham zu antisemitischen und rassistischen Ausfällen im Stadion.
Von Florian Zabransky, Rom
In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag wurden im historischen Zentrum Fans von Tottenham Hotspur überfallen. Diese feierten in der Bar Drunken Ship an der Piazza Campo de' Fiori. Die bis zu 40 Angreifer, viele vermummt und geschützt mit Motoradhelmen sowie mit Eisenstangen, Baseballschlägern, Messern sowie abgebrochenen Flaschenhälsen bewaffnet, verletzten mehrere Fans des Premier-League-Teams schwer, sieben mussten in Krankenhäuser eingeliefert werden. Augenzeugenberichten zufolge wurde dabei "Verschwindet Ihr Juden" gerufen und die Tottenham-Fans in der Bar von den anderen Besuchern getrennt und angegriffen. Eine Anwohnerin berichtet der Zeitung La Repubblica, dass sie sofort die Polizei gerufen hätte, diese jedoch erst nach einer halben Stunde erschien.
Lazio-Präsident: "Lazio Fans nicht an Angriff beteiligt"
Auf der vereinseigenen Homepage werden die Vorwürfe, dass es sich bei den Angreifern um Lazio-Fans gehandelt habe, als "unbegründet" zurückgewiesen. Lazios Präsident, Claudio Lotito, bekräftigte, "dass die Lazio-Fans mit diesem Angriff nichts zu tun" hätten. Bislang ist offiziell nur bekannt, dass sich unter den 14 verhafteten Personen zwei Anhänger von AS Rom befinden, die auch für die Organisation des Angriffs verantwortlich gemacht werden. Gegen die beiden wird inzwischen wegen versuchten Mordes ermittelt.
Rassistische Hegemonie in der Fankurve
Trotz aller Beteuerungen der Offiziellen von Lazio ist die rassistische Hegemonie im Lazio-Fanblock nicht zu bestreiten. Während der gestrigen Partie beleidigte immer wieder ein Großteil der Nordkurve Tottenhams Angreifer Adebayor mit Affenlauten. Die Sprechchöre gegen Tottenham wechselten zwischen "Fuck you Tottenham" und "Juden Tottenham". Zusätzlich waren neben einer Deutschland-Fahne auch viele palästinensische Fahnen in der Kurve präsent und es wurden Spruchbänder der neofaschistischen Partei Forza Nuova gezeigt. Zwar ist begrüßenswert, dass der Angriff seitens der Behörden als antisemitisch bezeichnet wird. Die Szenen im Stadion zeigen jedoch, dass der Angriff nicht als separates Ereignis, das nichts mit Fußball oder "echten Fans" zu tun hätte, verstanden werden darf. Der gemeinsame Angriff, von Fans der verfeindeten Stadtrivalen Lazio und AS Rom, auf die mitgereisten Spurs-Fans zeigt die Bedeutung des Antisemitismus in der Ideologie der jeweiligen Tifosi.
Dass zusätzlich einen Tag nach dem Angriff im Stadion weiter gegen Tottenham polemisiert wird, verdeutlicht, dass es sich dabei nicht um ein Problem einiger weniger "Krimineller" handelt, sondern dass die rassistische Hegemonie in der Kurve sowie der immer noch bestehende Alltagsrassismus und Antisemitismus ein Klima schaffen, das solche Taten erst (mit)ermöglicht.
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Mehr im Internet:
- Spiegel.de: Polizei ermittelt wegen Mordversuchs aus Judenhass
- Süddeutsche.de: Italien ist entsetzt über offenbar antisemitischen Überfall