Teilnehmer der "Gemeinsam-Stark" Demonstration in Ludwigshafen. Einer trägt eine Jacke der bei Neonazis beliebten Marke "Thor Steinar".
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"Gemeinsam-Stark" in Ludwigshafen schwach vertreten

Bis zu 400 Hooligans und Ultras demonstrierten am Wochenende in Ludwigshafen, aufgerufen hatte der HoGeSa-Nachfolger "Gemeinsam-Stark Deutschland e.V.". Die Stadt Ludwigshafen hatte im Vorfeld eine Demonstration verboten und nur eine Kundgebung unter strengen Auflagen genehmigt. Mehrere Tausend Menschen stellten sich der rechtspopulistischen Demonstration entgegen. Angemeldet hatte sie der Pro-NRW Ratsherr Dominik Roeseler aus Mönchengladbach, der zuletzt die HoGeSa-Demonstration in Köln geleitet hatte.

Von Lina Morgenstern

Es sollte ein historischer Tag werden, der Jahrestag des Aufstands der Fußballhooligans gegen den Islam in Deutschland. Am 08.Februar 2014 hatten Hooligans und Ultras das erste Mal gemeinsam einen Aufzug von Salafisten in Mönchengladbach gestört. Um an diese Tradition anzuknüpfen, wollte sich der im Januar gegründete und als HoGeSa-Nachfolger gehandelte "Gemeinsam-Stark e.V. Deutschland" (GSD) in Ludwigshafen versammeln und rief dazu auf, "Teil einer revolutiionären Massenbewegung" zu werden. Die Stadt hatte die angemeldete Demonstration aus Angst vor einer Eskalation wie in Köln vergangenes Jahr verboten und nur eine Kundgebung auf dem Bahnhofsvorplatz genehmigt. Zu dieser gesellten sich dann 300-400 Teilnehmer*innen, angemeldet waren 1.000. Begleitet wurden sie von zahlreichen Gegenprotesten.

Breite Gegenprostete und viele Festnahmen

"Danke, dass Sie bei diesem Wetter nicht im Bett geblieben sind. Wir sind die Mehrheit, nicht die paar Hooligans, die aus ganz Deutschland zusammenkommen", begrüßte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) die Gegendemonstrationen in der Innenstadt. Die Organisator*innen sprechen von 3000 bis 4000 Menschen, die zu den sechs angemeldeten Demonstrationen gekommen sind, die Polizei geht von 2000 Menschen aus. Auch Stadträte der AfD wollten sich mit einer Fahne anschließen, wurden aber von couragierten Personen daran gehindert.

Am Ende des Tages meldete die Polizei, dass mehr als 130 Gegendemonstrant*innen aus dem "linksautonomen Lager" festgenommen worden seien. Sie hätten sich nicht an die Auflagen gehalten, ihnen werden unter anderem Verstoß gegen das Vermummungsverbot und Sachbeschädigung vorgeworfen. Alle Festgenommenen müssten mit einer Anzeige wegen Landfriedensbruch rechnen. Auf der Seite der Hooligans gab es eine Festnahme, der Festgenommene soll einen Polizisten ins Gesicht geboxt haben. Wie Faszination Fankurve berichtet sollen 25 Hooligans mit Pflastersteinen bewaffnet gewesen sein, festgenommen wurden sie deshalb aber nicht, erhielten aber Platzverweise.

In Ludwigshafen trifft sich HoGeSa light

Sonst verlief die GSD-Kundgebung störungsfrei und unter strengen Auflagen. Angemeldet wurde die Kundgebung von Dominik Roeseler, der auch die HoGeSa-Demonstration in Köln angemeldet hatte. Er ist außerdem Pro-NRW Ratsherr in Mönchengladbach und Fan des dortigen Fußballvereins Borussia Mönchengladbach. Auf der Kundgebung schimpfte er über die vermeintliche Entwicklung zum neuen deutschen  Unrechtsstaat und über das Verbot des Auftritts der rechten Band "Kategorie C – Hungrige Wölfe" bei der Demonstration. Auch die strengen Auflagen schmeckten ihm nicht, obwohl sich GSD auf ihrer Website vorsorglich selbst eine strenge Hausordnung für Demonstration gegeben hatte, die ein Waffen-, Alkohol- und Vermummungsverbot mit einschließen. Außerdem solle von den Demonstrationen keine Provokation ausgehen. Trotzdem erschienen in Ludwigshafen 25 mit Pflastersteinen bewaffnete Personen. Weiterhin steht in den Demonstrationsregeln unter "11: Mit Vertretern der Presse ist jede Art der Kommunikation zu unterlassen". Man kennt das von Pegida, deren Organisator*innen den Mitlaufenden von Beginn an einen Maulkorb verpasst hatten. Es ist die gleiche Mär von der "Lügenpresse", die auch der GSD e.V. erzählt. So verwundert es kaum, dass die Wenigen in Ludwigshafen neben einem kurzem "Wir sind das Volk!" auch die bei Neonazis beliebte Version "Lügenpresse auf die Fresse" skandierten. Da sich GSD selbst eine gewaltfreie Demonstration verordnet hatte, war wie Christoph Ruf im Spiegel berichtet die Arbeit der wenigen anwesenden Journalist*innen jedoch kein Problem.

Kräftiges "Ahu" für Zahid Khan, den "neuen Propheten"

Eingeheizt wird dafür von dem selbst ernannten Islamkritiker Zahid Khan. PI-News bezeichnet ihn als "ehrenwerten Moslem", dabei will Khan vom Islam eigentlich gar nichts wissen. Er ruft seinem Publikum mal in Englisch, mal in Deutsch zu: "Diese islamische Ideologie gehört in kein Land, in dem die Demokratie herrscht und wo die Menschen in Frieden zusammen leben wollen". Das Publikum unterstrich seine Sätze mit einem kräftigen "Ahu!" Im Fortgang seiner Rede berichtete Khan dann unglaubliche Fakten, wie dass die Europäische Union plane, jede Kritik am Islam unter Strafe zu stellen. Und dass der Chef der EU selbst ein Moslem sei. Im Geheimen, versteht sich, schließlich ist Jean Claude Juncker Mitglied einer christlichen Partei und besuchte einige Jahre lang eine christliche Klosterschule.

Khan bezeichnet sich auf seiner Website selbst als "neuer Prophet", der die göttliche Wahrheit offenbart und alle Menschen vor der Gefahr des Islam warnen will. Schon bei HoGeSa in Köln war er als Redner anwesend, ebenso trat er bei Bragida in München auf und für die kommende GSD-Demonstration im März ist der Tausendsassa ebenfalls angekündigt.

"Gemeinsam-Stark Deutschland" versteht sich aus überparteilich und besser als Pegida

Ob die GSD-Anhänger*innen Khan als einen neuen Propheten wollen, lässt sich nur vermuten. Einig scheinen sie sich in ihrer Liebe zum Fußball, einer anderen Art von Religion. In ihrer Selbstdarstellung erklären sie, dass sich bei GSD "normale Fußballfans wie auch Ultras und Hools" wiederfinden. Darüber hinaus wollen sie nicht nur "den klassischen Stadiongänger" ansprechen, sondern erklären ihre breite Unterstützung aus dem bürgerlichen Lager. Im Netz betont ein Aktivist, dass man es bei GSD mit "4500 Oldschool-Hooligans" zu tun habe. So oder so: das erwartete Mobilisationspotential wurde nicht auf die Straße gebracht. Auch die breite Unterstützung aus dem bürgerlichen Lager war nicht in Sicht.

GSD sieht sich außerdem als Weiterentwicklung von überparteilichen Aktionsbündnissen, wie Pegida und HoGeSa. Eine Demonstration, die von dem Pro-NRW Mitglied Roeseler angemeldet und auch von NPD-Aktivisten besucht wurde, kann jedoch schwer als überparteilich bezeichnet werden. Auch extremistisch will man hier nicht sein, GSD beruft sich aber offen auf den Neonazi-Slogan "Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!", der auch auf der Kundgebung mehrfach gebrüllt wurde. Im "Blick nach Rechts" werden noch weitere Ex-HoGeSa-Aktivisten aufgezählt, die jetzt beim GSD e.V. aktiv sein sollen. In der Rhein-Neckar-Region gibt es schon lange bekannte Verstrickungen von organisierten Neonazis und Fußballhooligans, inzwischen wirkten diese erst bei HoGeSa, jetzt bei GSD. Ähnliches spielt sich in Thüringen ab, in der Landeshauptstadt Erfurt war erst Ende Januar der verschwörungstheoretische "EnDgAmE"-Aufmarsch von den "Patriotischen Europäern gegen die Amerikanisierung Europas" auch aus dem Fußballmilieu unterstützt wurden. Am 15.März ist hier der nächste GSD-Aufmarsch angemeldet. Ob das "Volk" kommt, bleibt abzuwarten.

 

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