Blockadeversuch am 12. Februar 2014, gesehen auf Twitter.
Twitter/woschod

Trauerspiel in Dresden: Neonazis marschieren am 12. Februar und wollen am 13. in der Zivilgesellschaft abtauchen

Weil sie am 13. Februar nur eine Kundgebung an immer noch unbekanntem Ort genehmigt bekamen, verlegte die neonazistische Kameradschaftsszene ihren "Gedenkmarsch" in Dresden einfach um einen Tag nach vorn. Der Erfolg war beachtlich: Die Nazis durften durch die Innenstadt marschieren, auf vor der Öffentlichkeit geheim gehaltenen Wegen und unter massiver Polizeigewalt gegen Blockaden. Die Polizei sprach von 350 Neonazis, die Neonazis von 500. Gegendemonstrant*innen waren etwa 1.000 gegen die Nazis auf der Straße. Nun kündigen die Nazis an, sich morgen unter die zivilgesellschaftlichen Aktionen zu mischen.

Von Simone Rafael

Schon seit Jahren veranstaltet das „Aktionsbündnis gegen das Vergessen“, ein Zusammenschluss von Kameradschaftsnazis aus Sachsen, nicht nur den jährlichen „Gedenkmarsch“ am 13. Februar, dem Tag der Bombardierung von Dresden durch die Alliierten, sondern eine ganze „Aktionswoche“ drum herum. Und nie bisher war die so erfolgreich wie diese Mal: Gerahmt von einigen Kleinstaktionen - wie Kranzniederlegungen an der Statue der „Trümmerfrau“ mit ?? Teilnehmer*innen am Dienstag - gelang den Neonazis der Coup, genau das zu bekommen, was die Stadt und die Zivilgesellschaft ihnen nehmen wollten: Einen Marsch durch die Dresdner Innenstadt.

Sie durften marschieren

So tat die Stadt Dresden im Jahr 2014 zwar einiges, um einen Aufmarsch am 13. Februar zu verhindern – so dass schlussendlich für diesesn Termin nur eine stationäre Kundgebung an immer noch unbekanntem Ort in der Innenstadt erlaubt wurde. Allerdings waren die Verantwortlichen leider nicht insgesamt konsequent. Für den 12. Februar meldeten die Nazis vor drei Tagen „spontan“ eine Demonstration mit 50 Teilnehmenden an, die ihnen prompt von der Stadt erlaubt wurde.

Unter Protest

Und dies erwies sich als Glücksfall für die Neonazis: Unter lauter Wagner-Musik konnten schließlich zwischen 350 und 500 Neonazis am Abend des 12. Februar durch die Dresdner Innenstadt mit Fackeln und hetzerischen Plakaten marschieren, am Hauptbahnhof noch einen revisionistischen Film ansehen und die erste Strophe des Deutschlandliedes intonieren. Die rund 1.000 Gegendemonstrant*innen wurden mit fehlender Informationspolitik und Hinhaltetaktik seitens der Polizei gestraft. Nichtsdestotrotz stellten sie sich den Rechtsextremen lautstark entgegen und es gab etliche Blockadeversuche, die allerdings alle von der Polizei laut Teilnehmer*innen-Berichten recht grob beendet wurden.

Nazis feiern sich

Die Neonazis feierten ihre traurige Veranstaltung. Die Veranstalter twitterten: „Das war der Gedenkmarsch 2014!“ Während der Veranstaltung hatten zahlreich „Autonome Nationalisten“-Gruppen vor „Linkskriminellen“ und „Explosionen“ gezittert (und getwittert), doch am Ende war alles vergessen: „Das würdige Gedenken in Dresden wurde offiziell beendet. Linkskriminelle konnten nicht verhindern dass marschiert wurde“, meint etwa eine AN-Gruppe aus Göppingen.

Wie geht es am 13. Februar weiter?

Diese Veranstaltungs-Resümees klingen nun fast wie das Ende der Nazi-Aktivitäten für diesen Februar in Dresden. Dennoch mobilisieren die Neonazis weiterhin für morgen. Allerdings schreiben sie aktuell auf der Website zu ihren Aktivitäten in Dresden, dass sie nicht mehr zu einer Kundgebung aufrufen (die noch heute Nachmittag dort angekündigt war, u.a. mit NPD-EU-Wahl-Spitzenkandidat Olaf Rose als Redner), sondern sie wollen „dort sein, wo wir unblockierbar sind: ab 17.00 Uhr als Ordner und Teilnehmer bei der Menschenkette, als Teilnehmer am stillen Gedenken, bei Gottesdienst und Friedensgebet in Hof- und Frauenkirche, um 18.30 Uhr beim Entzünden der Kerzen auf dem Neumarkt und bei allen anderen „zivilgesellschaftlichen“ Veranstaltungen.“ Ob und wie es ihnen gelingt, diese gruselige Ankündigung umzusetzen, und wie Polizei und Zivilgesellschaft darauf reagieren, wird der morgige Tag zeigen.

Update 13.02.2014

Die Kundgebung für den heutigen 13. Februar haben die Neonazis inzwischen offiziell abgesagt. Sie rufen allerdings dazu auf, sich in die zivilgesellschaftlichen Aktionen zu mischen (dnn-onlinenetz-gegen-nazis.de). Wahrscheinlich versammeln sich einige Hundert Neonazis heute ab 18 Uhr vor dem Hotel Königstein, nahe dem Hauptbahnhof und mitten auf der Einkaufsmeile Prager Straße. Nazi-Anmelder Maik Müller hat seine Unterstützer*innen aufgefordert, sich bereits ab dem Nachmittag in der Stadt aufzuhalten, den Hauptbahnhof aber wegen möglicher Blockaden zu meiden. „Wir sind auf alle denkbaren Szenarien vorbereitet“, so Silvio Lang, Sprecher vom Bündnises Dresden nazifrei, das die Blockaden organisiert.  Um 14 Uhr startet der Mahngang Täterspuren an Dresdner Orte, die mit Nazi-Verbrechen in Verbindung stehen. Treff ist am Gewerkschaftshaus am Schützenplatz. Um 16.30 Uhr startet die Demonstration des Studentenrates Dresden am Münchner Platz. Die endet am Postplatz. Dresden nazifrei hat zwei Mobilisierungspunkte: Im Anschluss an den Mahngang, der zum Hauptbahnhof führt, eben dort, und an der Ecke Schweriner/Hertha-Lindner-Straße. Am letzteren Punkt ab 16Uhr. Eine weitere Anlaufstelle für Demonstranten ist ab 16 Uhr die Ecke Wilsdruffer Straße/Galeriestraße. Dort hat die Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus angemeldet.  (SZ-online).

Mehr auf netz-gegen-nazis.de:

| Twitter-Ticker zu Dresden

| Dresden: Nazis wollen am 12. und am 13. Februar "trauern" (mit Auflistung aller Gegenaktivitäten)

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