Am Mittwoch wurde ein gut vernetzter Neonazi in der Innenstadt tot aufgefunden. Die rechtsextreme Szene spekuliert auf Mord durch Migranten und rief am Donnerstag zu einem Trauermarsch nach Mönchengladbach auf. Der „HoGeSa“-Mitbegründer Marcel Kuschela soll sich die Stichverletzungen jedoch selber zugefügt haben, so der Obduktionsbericht. Der Trauermarsch blieb mit seinen rund 300 rechtsextremen Teilnehmer*innen weitestgehend friedlich.
Von Zamira Alshater und Jennifer Marken
Am Mittwochabend ist ein 32-jähriger Mann in der Mönchengladbacher Innenstadt vor einem Museum tot in einer Blutlache aufgefunden worden. Bei dem Toten handelt es sich um den bekannten Neonazi Marcel Kuschela, auch „Captain Flubber“ genannt. Passend zum Weltbild war für große Teile der rechten Szene schnell klar, dass ein Geflüchteter Kuschela abgestochen habe.
Bundesweit zeigten sich rechtsextreme Szenegrößen erschüttert über den Tod ihres Kameraden und mobilisierten für Donnerstagabend zu einem Trauermarsch nach Mönchengladbach. Donnerstagnachmittag gab die Polizei allerdings bekannt, dass es sich um Suizid gehandelt hat, was von großen Teilen der rechtsextremen Szene angezweifelt wurde. Wie bereits bei dem tragischen Fall von Herzversagen bei einem jungen Mann in Köthen, vermutete man hier gezielte Falschinformationen von Seiten der Polizei. Rund 300 Neonazis fanden sich schließlich zum weitestgehend friedlichen Trauermarsch ein. Dass es zeitgleich keine Gegendemonstration in gab, entschärfte die Situation zusätzlich.
Unter den Trauernden waren auch einige bekannte Neonazis, wie David Köckert (mittlerweile bei „Die Republikaner“), Siegfried Borchert („SS Sigi“, „Die Rechte“), Jacky Süßendorf (NPD) und Hannes Osterdorf (Sänger der Rechtsrock- und Hooligan-Band „Kategorie C“), der ein Lied, dass er über den Tod seines Freundes Kuschelas geschrieben hat, zum Besten gab. Trotz Ankündigung spielte Ostendorf nicht den erst vor wenigen Wochen geschrieben Song „Chemnitz ist überall“.
Wer war Marcel Kuschela alias „Captain Flubber“?
Kuschela erlangte als einer der Hauptorganisatoren der Kölner „HoGeSa“-Kundgebung vom Oktober 2014 sowie als Schlagzeuger einer Bremer Neonaziband bundesweite Bekanntschaft. Der 32-jährige Kuschela gehörte seit vielen Jahren zum bundesweit gut vernetzten Zentrum der rechtsextremen Hooligan-Szene. In dem Nebenprojekt von Hannes Ostendort, der Rechtsrock-Band „VollKontaCt“, spielte Kuschela ab 2005 Schlagzeug. Die Band verstand sich als musikalisches Sprachrohr gewaltsuchender Hooligan-Fußballfans, 2006 und 2007 erschienen zwei Alben. Deren Texte handelten von Fußball, Gewaltexzessen, Männerfreundschaften und Schlägereien. 2008 löste sich die Band auf.
Hauptorganisator bei „HoGeSa“ 2014 in Köln
Im Oktober 2014 erlangte Kuschela auf der berüchtigten Kölner Hooligan-Demonstration „HoGeSa“ („Hooligans gegen Salfisten“), auf der Rückseite des Kölner Hauptbahnhofs mit 4.500 gewaltsuchenden, großteils betrunkenen Hools, bundesweite Berühmtheit: Er fungierte als „HoGeSa Regionalleiter Nord“ und trat dort als zentrale, körperlich imposante, stark tätowierte Führungsfigur in Erscheinung. Auch „Kategorie C“ spielte dort. Dutzende von ansonsten miteinander verfeindeten Hooligans reisten damals nach Köln, um „Salafisten zu jagen“. Dass überhaupt keine „Salafisten“ anwesend waren störte den Gewaltrausch in keiner Weise.
Wenig später machte Marcel Kuschela á la „Captain Flubber“ bei der HoGeSa-Abspaltung „Gemeinsam Stark Deutschland“ mit. Er bezeichnete sich selbst als einer ihrer Gründer. Erst vor wenigen Wochen ist Kuschela von Bremen nach Mönchengladbach gezogen.
Trauermarsch blieb weitestgehend friedlich
Wie sich gestern gezeigt hat, zieht die rechte Szene aus dem Suizid von Kuschela nicht die Dynamik, die sie aus den tragischen Fallen in Chemnitz und Köthen gezogen hat. Hoffen wir, dass es so bleibt.