Was Neonazis so denken, was Muslime ärgert: Bei der "Halal-Challenge" soll Schweinefleisch im Halal-Supermarkt-Regal postiert werden.
Screenshot Facebook, 04.05.2016

Monatsüberblick April 2016: Islamfeindlichkeit

Darin: Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern):  Erneuter Angriff auf Moschee +++ Bundesregierung will ab 2017 Islamfeindlichkeit erfassen +++ AFD: Anti-Islam-Partei mit Programm +++ Zentralrat der Muslime lädt Frauke Petry zum Gespräch +++ Neue Studie veröffentlicht: islamfeindliche Einstellungen nehmen zu +++ Hessischer Landtag spricht sich gegen Islamfeindlichkeit aus +++ #Halal-Challenge.
 

Von Lisa Janz
 

1. Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern):  Erneuter Angriff auf Moschee

Nachdem Unbekannte Ende März islamfeindliche Parolen an die Außenfassade eines Gebetshauses in Parchim geschmiert hatten, gab es im April erneut  einen  Angriff auf eine Schweriner Moschee. Am 21. April 2016 warfen  unbekannte Täter_innen die Scheiben des vom Islamischen Bund betriebenen Gebetshauses in der Anne-Frank-Straße ein. Zum Tatzeitpunkt hielt sich niemand in den Räumlichkeiten auf, es gab keine Verletzten.

2. Bundesregierung will ab 2017 Islamfeindlichkeit erfassen

Politisch motivierte Gewalttaten, die als "Hasskriminalität" bezeichnet werden, sollen um die Unterkategorie "islamfeindlich" erweitert werden. Dies steht in der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Bundestagsfraktion "die Linke". In Kraft treten soll die Regelung ab 1. Januar 2017. Die Linken-Abgeordnete Ulla  Jelpke kritisierte die Bundesregierung:  

3.AFD: Anti-Islam-Partei mit Programm

Seit vergangenem Wochenende hat die AFD offiziell ein Parteiprogramm (vgl. ngn).  Grundtenor:  "Der Islam gehört nicht zu Deutschland". So entschied der Parteitag in Stuttgart mit rund 2000 Mitgliedern unter anderem Minarette, Vollverschleierung und Muezzin-Rufe zu verbieten. Dass das frisch beschlossene Parteiprogramm eine konsequente Fortführung des bisherigen Anti-Islam-Kurses ist, zeigen diese  islamfeindlichen Vorfälle des letzten Monats:

AFD-Politiker fliegt nach islamfeindlicher Aussage aus Hamburger Bürgerschaft

Ludwig Flocken, fraktionsloser AFD-Politiker aus Hamburg, wurde während einer Sitzung der Hamburger Bürgerschaft des Saals verwiesen. In der Sitzung wurde das  Thema Salafismus-Prävention an Hamburger Schulen behandelt. Nachdem er, trotz mehrfacher Verwarnung der Sitzungsleitung, hetzerische Aussagen über Muslim_innen nicht unterließ, wurde er von der Sitzung ausgeschlossen.

 

Zentralrat der Muslime lädt Frauke Petry zum Gespräch

Nachdem zahlreiche AfD-Funktionär_innen im Vorfeld zum Bundesparteitag Ende April ordentlich die Stimmung gegen Muslim_innen  anheizten, bekam die Partei Post vom Zentralrat der Muslime in Deutschland. Dieser lädt die Parteivorsitzende zur Klärung der drängenden Frage ein: "Warum hassen Sie uns so?". Petry soll laut Handelsblatt beabsichtigen, der Einladung zu folgen.

 

4.Neue Studie veröffentlicht: islamfeindliche Einstellungen nehmen zu

Die Uni Bielefeld hat eine neue Studie zu Willkommenskultur und Islamfeindlichkeit in Deutschland veröffentlicht. Während die Bereitschaft eine Willkommenskultur zu etablieren nur leicht zurückgegangen sei, stieg die Anzahl derer, die Geflüchtete und Muslim_innen ablehnten, heißt es dort. Dies trifft vor allem auf Personen zu, die angeben  AFD zu wählen.

5. Hessischer Landtag spricht sich gegen Islamfeindlichkeit aus

Einig wie selten zeigte sich der Hessische Landtag in seiner Sitzung am 21. April 2016. Auf Antrag der Fraktion "Die Linke" wurde der Umgang mit der AFD und deren islamfeindlichen Inhalten diskutiert.  Am Ende der Sitzung wurde ein gemeinsames Papier  nach Vorlage der Grünen und der CDU verabschiedet, das deutlich machen soll: „ Für Islamfeinde ist in Hessen kein Platz“.

6. Scheuer  fordert Islam-Gesetz für Deutschland

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer will mit einem "Islam-Gesetz" nach österreichischem Vorbild die ausländische Finanzierung von Moscheen in Deutschland verbieten. „Es kann nicht sein, dass andere zum Teil extreme Wertvorstellungen aus dem Ausland importiert werden. Deutsch muss die Sprache der Moscheen werden“ sagte er der Zeitung „Die Welt“.

 

7. "Österreich zuerst"- Hofer gewinnt ersten Wahldurchgang  mit islamfeindlichen Parolen

Die rechtspopulistische FPÖ kann mit ihrem Bundespräsidentschafts-Kandidaten Norbert Hofer einen Überraschungs-Wahlerfolg verzeichnen.  Mit Parolen wie "Der Islam gehört nicht zu Österreich" oder "Österreich zuerst" zog der Spitzenkandidat an seinen Konkurrent_innen vorbei in die Stichwahl am 22. Mai um das Amt des österreichischen Bundespräsidenten. Unter anderem  gratulierten die rechtsextreme NPD, sowie der Front National Hofer und der FPÖ zum Wahlerfolg.

8. Generalsekretär des Europarates besorgt über zunehmende Islamfeindlichkeit in Europa

Der Menschenrechtsbeauftragte des Europarates, Thorbjørn Jagland, äußert sich in seinem Jahresbericht besorgt über zunehmende Islamfeindlichkeit in Europa. Besonders die nach Europa flüchtenden Menschen seien Ziel einer zunehmend bedrohlichen Stimmung gegenüber Menschenmuslimischen Glaubens.

9. „Muslime wenden sich innerlich von Deutschland ab“- Interview mit Lamya Kaddor

Die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor gab der Wochenzeitung "Die Zeit" ein sehr interessantes Interview zur aktuellen Diskussion um Diffamierungen und Hetze über Muslim_innen und "den Islam". Hier geht's zum Interview:

10.#Halal-Challenge

Wenig  geistreiche Menschenfeindlichkeit verbreitete sich im April unter dem Hashtag #Halal-Challenge über  die Social-Media-Kanäle. Die Challenge: kämpfe mit "gutem deutschem Schweinefleisch" gegen "böses muslimisches Halal-Fleisch". Dafür soll man sich, ganz nach dem Vorbild der Ice-Bucket-Challenge dabei filmen, wie man Schweinefleisch zwischen Halal-Produkten im Supermarkt verteilt.

Dahinter verbirgt sich, wie zu erwarten, nicht die neueste Aktion des Tierfreunde e.V., sondern dezidiert islamfeindliche Rechte(unter anderem bekannte "Hooligans gegen Salafisten" und „Dügida“-Organisatorin Melanie Dittmer).  Aufgehen tut der teuflische Plan allerdings nicht: die bloße Anwesenheit von Schweinefleisch widerspricht nicht den Essensvorschriften  gläubiger Muslim_innen.

In Österreich waren  die "besorgten Schweinefleischesser" „erfolgreicher“:  Boykott-Androhungen führten dazu, dass die Supermarktkette "Spar" Halal-Produkte wieder aus dem Sortiment nahm.

Wäre die Motivation dahinter nicht widerlich menschenverachtend, man könnte sich glatt schlapp lachen über die "braunen Ritter der Kühlregale".

 


 

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