Die Polizei sah hier nur Menschen, die sich Masken aufgesetzt hatten, um sich vor dem Rauch der Bengalos zu schützen. Der Innenminister sieht etwas anderes.
Twitter / S. Kohlhuber

Rechtsextremer Ausfall der Woche: Cottbus

Der FC Energie Cottbus spielt am 27.05.2018 gegen den SC Weiche Flensburg 0:0 und machte damit den Aufstieg aus der Regionalliga in die Dritte Liga perfekt. Ein Grund zu feiern! Einige Fans fanden allerdings eine sehr drastische Aufmachung, um dieser Freude Luft zu machen: Sie versammelten sich auf dem Altmarkt von Cottbus und posierten mit weißen Kapuzen des rassistischen und rechtsextremen Ku-Klux-Klan und einem Banner mit der Aufschrift "Aufstieg des Bösen" in Anspielung auf einen gleichnamigen Film über den Aufstieg Adolf Hitlers. Es gibt ein Bild dieses gespentischen Aufzugs, auf dem vor der Versammlung auch noch ein Feuer brennt - ebenfalls in Anspielung auf die amerikanischen Rechtsextremen des Ku-Klux-Klan, der seit 1865 zahlreiche schwarze Menschen ermordet und ihre Häuser angezündet hat. 

 

Zusammengefasst von Simone Rafael

 

Der Club FC Energie Cottbus, der in der Vergangenheit mehrfach mit dem Rechtsextremismus der eignenen Fans zu kämpfen hatte, distanzierte sich "entschieden" von dem gezeigten Banner und den verantwortlichen Personen. "Wir sind zutiefst betroffen, dass einige wenige Personen durch ihr Handeln die Freude über den Aufstieg trüben und das Image von zehntausenden Energiefans und des Vereins beschädigen", teilte Energie mit und nannte das dargestellte Banner "menschenverachtend, abstoßend und in keiner Weise tolerierbar". Energie versprach, "im Falle der Bekanntmachung der Personen bundesweite Stadionverbote und lebenslange Hausverbote" auszusprechen. Nur müssen dazu die Personen unter den Ku-Klux-Klan-Masken erst einmal festgestellt werden. 

Dies hätte Aufgabe der Polizei sein können. Doch die stand offenbar neben dem Aufzug und tat - nichts. Das bestätigte eine Polizeisprecherin drei Tage später. Sie erklärte das Nichtstun so: "Nach den ersten Ermittlungsergebnissen haben mehrere Beamte auf dem Platz die Kapuzen und Bengalo-Feuer gesehen, aber nicht das Transparent. Die Polizisten glaubten, die Kopfbedeckungen seien nur eine Maskierung, um Anzeigen wegen des illegalen Feuerwerks zu entgehen. Einen Zusammenhang zwischen den spitzen weißen Kapuzen und dem Ku-Klux-Klan konnten sie nicht herstellen.“ Deshalb hätten die Beamten nicht eingegriffen. Eine Argumentation, die nach Ausrede klingt. Der Tagesspiegel berichtet: "In einer internen Infobroschüre des LKA zur Bekämpfung des Rechtsextremismus, die im Juni 2010 in der neunten Auflage von 10.000 Stück erschien und an alle Beamten verteilt wurde, werden der Ku-Klux-Klan und seine Symbole erwähnt - in der Rubrik über nicht verbotene Organisationen und nicht strafbare Symbole. In einem 2014 eingeführten Computerkurs für die Beamten ist die Organisation nicht erwähnt worden. Ein Polizeisprecher sagte dem Tagesspiegel: Die Broschüre sei weiterhin gültig. Im Klartext: Die Beamten hätten wissen müssen, womit sie es zu tun haben."

Nun wird gegen eine Polizeiführerin und weitere Beamte wegen Verachts der Strafvereitelung im Amt ermittelt. Es müsse geklärt werden, warum die die Polizei auf dem Altmarkt nicht eingeschritten sei und auch danach keine Beteiligten festgestellt habe, sagte Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) am Donnerstag im Landtag in Potsdam. Obwohl es eine Ankündigung in Fanforen im Internet gab, sich um 19 Uhr am Altmarkt zu treffen, schickte die Cottbusser Polizei-Chefin Bettina Groß eine von zwei Polizei-Hundertschaften bereits nach Hause. Obwohl die Polizeichefin in unmittelbarer Nähe zum Altmarkt gewesen sei, als Pyrotechnik und Bengalos gezündet wurden, sei nichts geschehen - und so auch die Identitäten der rassistischen Fans ungeklärt (vgl. B.Z.).

Der Staatsschutz fahndet nun nach den Teilnehmern der Ku-Klux-Klan-Versammlung wegen Verstoßes gegen das Vermummungsverbot, einer nicht genehmigte Demonstration und Sicherheitsfragen wegen des Zündens von Pyrotechnik.

Rechtsextremismus hat in Cottbus in der Vergangenheit und Gegenwart viel Verbreitung gefunden und wenig Gegenwehr, und den letzten rassistischen Vorfall lieferten im Verein Spieler und Trainer selbst: Sie beschimpften sich am Aufstiegstag gegenseitig als "Trainer, du Zigeuner" bzw. "Spieler, ihr Zigeuner". Später bat Cottbus-Trainer Claus-Dieter Wollitz um Entschuldigung für die antiziganistischen Gesänge gebeten, die er und seine Mannschaft während der Feierlichkeiten zum Aufstieg in die dritte Liga angestimmt hatten. "Für diesen Fauxpas möchte ich mich öffentlich entschuldigen. Wir wollten damit niemand beleidigen oder diskriminieren", sagte Wollitz der "Lausitzer Rundschau" am Montag. "Wir haben uns damit gegenseitig auf den Arm genommen. Aber in der Öffentlichkeit hat so ein Gesang nichts zu suchen." Nun, so ein Gesang hat nicht nur in der Öffentlichkeit nichts zu suchen, denn er ist abwertend und feindlich gegen Sinti und Roma und beleidigt und diskriminiert damit, auch wenn man das 'nicht so gemeint' hat.

 

 

Während der Aufstiegsfeier des @Nur_Energie stimmte die Mannschaft die antiziganistische Parole „Trainer, du Zigeuner” an. Trainer #Wollitz rief in der PK seinerseits „Spieler, ihr Zigeuner”. Später posierten Fans auf dem Altmarkt im #KKK-Stil. #Antiziganismus #SCWFCE #cottbus pic.twitter.com/9PrBnJ4vAJ

— Jüdisches Forum (@JFDA_eV) 28. Mai 2018

 

 

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