Zum 90. Geburtstag wurde der Schauspieler und Autor Hardy Krüger in Berlin für sein unermüdliches Engagement gegen Rechtsextremismis geehrt.
Simone Rafael / BTN

Hardy Krüger zum 90. Geburtstag: “Dein Hitler ist ein großes Arschloch”

Der große Schauspieler Hardy Krüger wurde von überzeugten Nationalsozialisten großgezogen, beim Film zum Widerstand gegen Hitler überzeugt und ist zeitlebens ein engagierter Kämpfer gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus geblieben. Zu Ehren seines 90. Geburtstags veranstaltete die Amadeu Antonio Stiftung in Berlin das Symposium “Offene Gesellschaft: Haben Unternehmen und Zivilgesellschaft Handlungsbedarf?”

 

Von Simone Rafael

 

Das muss Hardy Krüger erst einmal jemand nachmachen: Vor zwei Wochen hat der Schauspieler und Autor seinen 90. Geburtstag gefeiert, und trotzdem fällt einem weiter der “jungenhafte Charme” dieses Mannes ins Auge, den er tatsächlich immer noch besitzt und der ihn erst zum international gefeierten Schauspieler werden ließ - und bis heute hilft, wenn er sich einsetzt für Demokratie und Gleichwertigkeit.
 

Von links: Hardy Krüger und seine Frau Anita hören der Laudatio von Anetta Kahane, der Vorsitzenden der 
Amadeu Antnoio Stiftung, zu.

 

“Du warst einmal Nationalsozialist, aber trotzdem offen genug, Dich von dem älteren Schauspielkollegen Hans Söhnker? Aus der ideologischen Falle holen zu lassen. Und genauso wolltest Du später nicht schweigen in der Tätergesellschaft, sondern zu Debatte beitragen”, würdigt Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Hardy Krügers Lebenswerk. Die Amadeu Antonio Stiftung arbeitet seit Jahrzehnten mit Hardy Krüger zusammen und hat am 26.04.2018 in Berlin ein Symposium mit dem Titel  “Offene Gesellschaft: Haben Unternehmen und Zivilgesellschaft Handlungsbedarf?” organisiert. Es findet nicht ohne Grund in den Räumen der Daimler Contemporary am Potsdamer Platz statt - auch mit der Daimler AG verbindet Krüger langjährige Beziehungen und das Unternehmen fördert viele Projekt, die sich für eine demokratische Kultur innerhalb und außerhalb des Unternehmens einsetzen. “Denn für uns als Wirtschaft und speziell als global agierendes Unternehmen ist es ja wichtig, in einer demokratischen, offenen, Kreativität zulassenden und nicht reaktionären Gesellschaft zu arbeiten”, bekräftigt Kristina Eichhorst, Leiterin International Relations bei Daimler.Hardy Krüger ist ein Mann, der sich auf Anekdoten versteht, deshalb lautet seine zu Daimler: “Ich bin mein ganzes Leben Mercedes gefahren - ich fand, die können jetzt auch mal was für mich tun und Aktivitäten gegen Nazis finanzieren.” Und so kam es dann auch.

Im Gespräch: Robert Kusche von der RAA Sachsen, Moderator Uli Hauser vom stern, Hardy Krüger, Dr.
Kristina Eichhorst, Daimler
, Nesreen Hajjaj von Berliner Jugendforum (v.l.) diskutieren, wie wichtig 
Engagement für Demokratie auf allen gesellschaftlichen Ebenen ist.

 

In seinem Engagement für Demokratie setzt Hardy Krüger ein, was er hat: Er macht Themen sichtbar, stößt Debatten an, auch da, wo andere nicht weiterkommen: Denn er ist nicht nur prominent, sondern auch ein guter Erzähler und ein reflektierter und unermüdlicher Engagierter. Ob in Schulen oder im Gespräch mit Bürgermeister_innen geht es ihm um ein “Nie wieder!”, das er als Zeitzeuge mit großer Verve aus der eigenen Geschichte begründen kann. Er erzählt dann von sich als kleinem Jungen in einem nationalsozialistischen Elternhaus, der stolz war, auf die Adolf-Hitler-Schule zu gehen, und wie er später, immer noch im Nationalsozialismus, mit 15 Jahren zum Film kam und dort auf Menschen mit anderen Ideen traf: “Hans Söhnker, den ich sehr bewunderte, sagte dann eines Tages zu mir: ‘Dein Hitler ist ein großes Arschloch.’ Da war ich sehr verwirrt, denn ich dachte doch, Hitler ist die Rettung Deutschlands.” Wie Krüger seine Geschichte erzählt, wie Söhnker sein nationalsozialistisch geprägtes Weltbild ins Wanken brachte, bis er seinen Weg in der erweiterten Widerstand fand, oder die ersten Jahren in der jungen Bundesrepublik mit Nazis, die wieder in Ämter kommen wollten, seine Sprache hat große Kraft.  Am allerwichtigsten ist ihm aber die Grundbotschaft: “Das geht! Junge Leute können wir überzeugen zum Besseren. Ich weiß das aus eigener Erfahrung, ich habe es ja selbst erlebt. Auch wer rechtsextremer Ideologie anhängt, kann umkehren, kann nachdenken und sein Leben ändern.” Wenn Hardy Krüger heute in Schulen geht, sagt er den Jugendlichen: “Seid nicht politikverdrossen! Das hatten wir 1933 schon mal und wir wissen, es hat in die Katastrophe geführt. Interessiert Euch für Politik! Schaut den Parteien auf die Finger, lobt sie, wenn sie gut sind, kritisiert sie, wenn sie es nicht sind. Aber interessiert Euch!”
 

Wie ist die Situation in Sachsen? Robert Kosche von der RAA Sachsen berichtet Uli Hauser (stern) und 
Hardy Krüger, wie wichtig Engagement gegen demokratiefeindliche Bestrebungen in Sachsen gerade ist - 
und dass es dort Mut braucht.

Wenn Hardy Krüger heute auf Deutschland blickt, wünscht er sich Engagement: Von seiner Generation, findet er, könnten mehr über Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus berichten, um vor Gefahren zu warnen. Von allen wünscht er sich ein Bewusstsein, dass jede und jeder mit seinem Verhalten zu Veränderungen beiträgt: “Weg vom Denken: Was soll ich als Einzelner schon machen? Wir sind 80 Millionen Einzelne, wir können viel bewirken!” Mit Blick auf die AfD sagt Hardy Krüger trocken: “Die AfD ist jetzt demokratisch in den Bundestag gewählt. Die können wir genauso demokratisch auch wieder rauswählen. Jeder Bürger, der sieht, wie AfD-Funktionäre aktuell handeln, sollte das tun.” Wie Anetta Kahane in ihrer Laudatio sagt: “Wir feiern deinen unbeirrten Mut und deine starke Stimme im Namen der Demokratie. Du hat die nationalsozialistische Ideologie mitgemacht, miterlebt, und setzt dich deshalb dafür ein, dass es nicht wieder passiert. Das ist so wichtig für alle, die gegen Nazis kämpfen!”

 

Robert Kusche von der RAA Sachsen, Hardy Krüger, Anetta Kahane, Nesreen Hajjaj von Berliner Jugendforum,
Dr. Kristina Eichhorst, Daimler (v.l.)

 

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