"Die Jagdsaison ist eröffnet" zitierten die Aachen Ultras (ACU) noch im Jahr 2012 aus dem Forum der Karlsbande Ultras, die immer wieder mit Angriffen auf eben jene Mitglieder von ACU auffielen.
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Fahnenverbot für die Karlsbande, aber kein Wort zu rechten Umtrieben

Anfang November gab der Verein Alemannia Aachen bekannt, dass er der Ultragruppe Karlsbande Ultras (KBU) abermals ein Fahnenverbot erteilt hat. Anlass waren Verstöße gegen die Stadionordnung. Über zumindest fragwürdige Verbindungen nach rechts außen verlor der Verein dagegen kein Wort. Dabei gilt die Karlsbande seit Jahren als rechts offen und erregte mit der Vertreibung der antirassistischen Ultras aus der Fankurve bundesweite Aufmerksamkeit.

Von Jan Tölva

Die Karlsbande darf in Zukunft bei Heimspielen von Alemannia Aachen keinerlei Banner, Fahnen oder Spruchbänder mit Namen oder Logo der Gruppe verwenden. Die Alemannia begründete das Verbot für damit, dass Mitglieder der Gruppe beim Pokalspiel gegen den FC Wegberg-Beek am 11. Oktober die Sitzplatztribüne gestürmt und wenig später beim Ligaspiel gegen Viktoria Köln am 31. Oktober Rauchbomben auf das Spielfeld geworfen haben sollen. Der Schritt des Vereins kam wenig überraschend, immerhin steht die Gruppe bereits seit Jahren in der Kritik. Die Begründung lässt allerdings zu wünschen übrig. Sicher ist es zu verstehen, dass der Verein wenig Gefallen am Verhalten der Gruppe bei den besagten Spielen findet. Es wirkt jedoch seltsam, dass er kein einziges Wort über ein viel größeres Problem verliert, mit dem die Karlsbande beinahe schon regelmäßig in die überregionale Presse gerät und damit auch die Alemannia in ein schlechtes Licht rückt. Die Ultragruppe hat, so zeigt sich immer wieder, große Schwierigkeiten damit sich nach rechts außen abzugrenzen – um es einmal vorsichtig zu formulieren.

Erstes Fahnenverbot für KBU erst im September aufgehoben

Auch das ist nicht neu. Bereits vor gut zwei Jahren hatte der Verein der Gruppe ein Fahnenverbot erteilt und es erst Anfang September wieder aufgehoben. Man hätte sich zusammengesetzt und beschlossen, das öffentliche Auftreten der Karlsbande im Stadion "erst einmal wieder zu genehmigen", hieß es damals von Vereinsseite auf Nachfrage. Immerhin hatte die Gruppe beim ersten Heimspiel der Saison gegen den FC Hennef 05 Anfang August vor Anpfiff ein Spruchband präsentiert, auf dem zu lesen war: "Rechtsextremismus und Rassismus haben bei uns keinen Platz". Der Geschäftsführer des Vereins, Alexander Mronz, sprach daraufhin von einem "Schritt in die richtige Richtung".

Vertreibung der antirassistischen Aachen Ultras nur die Spitze des Eisbergs

Dass es sich bei dem Banner im besten Fall um ein Lippenbekenntnis gehandelt haben konnte, war Kenner*innen der Szene schon vorher klar gewesen. Immerhin waren Mitglieder der Gruppe bereits in der Vergangenheit wiederholt an Angriffen auf die antirassistische Ultragruppe Aachen Ultras (ACU) beteiligt gewesen und hatten dabei auch regelmäßig mit extrem rechten Hooligans, etwa von der Gruppe Westwall, gemeinsame Sache gemacht. Die Aachen Ultras gehen bis heute nicht mehr ins Stadion. Für die Karlsbande und Westwall hat es sich somit ausgezahlt, konsequent auf Gewalt zu setzen. Auch der Verein schien damals froh, die Störenfriede endlich los zu sein, die mit der simplen Forderung, Menschenrechte sollten auch im Aachener Tivoli gelten und Rassismus sowie andere Formen von Diskriminierung folglich keinen Platz haben, offenbar nicht nur Karlsbande und Hooligans, sondern auch Teile der Vereinsführung überforderten.

Für die Fanszene der Alemannia, aber auch für Teile des Vereins, schien klar zu sein, dass es die Aachen Ultras waren, die Politik und damit Unfrieden ins Stadion trugen. Dass sich in der Fankurve des Vereins bereits seit Jahren aktive Neonazikader, offen rechte Hooligans und rechtsoffene Ultras die Klinke in die Hand gaben, galt ihnen dagegen offenbar als vollkommen unpolitisch. Genauso unpolitisch wie die homophoben und sexistischen Gesänge, die in Aachen fast schon zu guten Ton gehören, oder die Tatsache, dass die Karlsbande im März 2013 in ihrem Fanzine "Banderole" einen Text abdruckte, in dem der Verein Preußen Münster als "Judenclub" bezeichnet wurde.

"Kein Bock auf Nazis"? Nicht im Aachener Tivoli

Als dann Ende September zum zweiten Heimspiel der laufenden Saison Ultras der Gäste von KFC Uerdingen ein Banner mit der Aufschrift "Kein Bock auf Nazis" mit ins Aachener Tivoli nehmen wollten, wurde es ihnen untersagt. So etwas wolle in Aachen niemand, soll ein Ordner den Ultras Krefeld zufolge gesagt haben. Eine Aussage, die gut ins Bild eines Vereins passt, der sich beharrlich weigert, dazu zu lernen.

Auch den Behörden ist das Problem seit langem bekannt. Als die Polizei im November 2012 nach einem Angriff auf einen Mitarbeiter des Aachener Fanprojekts und einige Mitglieder der Aachen Ultras den Reisebus der Karlsbande durchsuchte und die Personalien der Insass*innen aufnahm, stießen die Beamt*innen nach eigenen Angaben auf "mindestens zwei bekannte Rechtsextremisten". Zeitweise wurden Teile der Gruppe sogar vom nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz beobachtet, weil es personelle Überschneidungen zur 2012 verbotenen Kameradschaft Aachener Land (KAL) gegeben haben soll. Eine Liaison, die nicht groß verwundern kann. Immerhin hatte sich die Karlsbande 2010 von den Aachen Ultras abgespalten, unter anderem gerade weil diese gegen "die Aufnahme rechtsnational gesinnter Fans" waren, wie es das nordrhein-westfälische Innenministerium ausdrückte.

Die Aufhebung des Fahnenverbots nannte Aachens Polizeipräsident Dirk Weinspach dann auch "ein falsches Zeichen zur falschen Zeit". Es fehle ein klarer Bruch mit ehemaligen rechtsextremistischen Mitgliedern und mit deren Rassismus.

Es fehlt ein klarer Bruch mit Nazis im Stadion

Es wirkt tatsächlich zumindest ironisch, dass der Verein der Karlsbande genau zu dem Zeitpunkt wieder erlaubte, im Stadion Flagge zu zeigen, als im Internet Bilder auftauchten, die mehrere Mitglieder der Gruppe beim Besuch eines Konzerts der rechtsextremen Hooligan-Band Kategorie C am 30. August im belgischen Eynatten zeigte, keine zehn Kilometer südlich von Aachen. Einer der Männer trug sogar ein T-Shirt, das nur für den harten Kern der Karlsbande erhältlich sein soll. Die Vermutung liegt also nahe, dass es sich nicht bloß um "irgendjemanden" aus dem weiteren Umfeld handelte.



Konzert von Kategorie C im August bei Aachen. Unschwer zu erkennen: auch Mitglieder der Karlsbande sind anwesend. Quelle: Screenshot Facebook

Auf welcher Art Konzert sie sich befanden, dürfte den Anwesenden klar gewesen sein. Kategorie C ist nicht nur eine inzwischen sehr bekannte Band, sie macht auch keinerlei Hehl aus ihrer politischen Eistellung. Bei dem Konzert in Eynatten trugen die Mitglieder der Band T-Shirts der Marken Ansgar Aryan, Erik & Sons sowie Thor Steinar. Im Publikum waren T-Shirts mit den Slogans wie "Antifa halt's Maul!" oder "Ruhm und Ehre" zu sehen. Beide stammen aus dem reichhaltigen Merchandisingangebot der Band. Sänger Hannes Ostendorf ist ohnehin seit langem als Mitglied der Bremer Hooligangruppe Standarte Bremen bekannt, die ursprünglich Standarte 88 hieß und sich damit auf die laufende Nummer der SS-Standarte "Stedingen" bezog, die von 1934 bis 1944 ihren Sitz in Bremen hatte. Viel klarer kann ein Bekenntnis zum Nationalsozialismus nicht sein.

Auch Teilnehmende aus Aachen bei der HoGeSa Demo in Köln

Zuletzt trat Kategorie C am 26. Oktober bei der Großdemonstration des extrem rechten Zusammenschlusses "Hooligans gegen Salafisten" (HoGeSa) in Köln auf und hatten zu diesem Anlass sogar extra einen neuen Song komponiert. Nach Polizeiangaben waren etwa 60 Hooligans und Neonazis aus Aachen vor Ort; einige von ihnen sollen an den Ausschreitungen beteiligt gewesen sein. Ob auch Mitglieder der Karlsbande in Köln waren, ist dagegen noch unklar. Doch selbst, wenn sie es nicht waren. Sie teilen sich die Kurve mit denen, die dort waren, sie feiern mit ihnen auf rechten Konzerten und sie gehen gemeinsam mit ihnen gegen Menschen vor, die ihnen als Störenfriede erscheinen. Es ist fast egal, ob Mitglieder der Karlsbande in Köln waren oder nicht. Die Gruppe hat weiterhin zu wenig Distanz zu Neonazis, um kein Problem für die Aachener Fankurve zu sein. Der Verein muss endlich weitergehende Maßnahmen ergreifen, als nur die Fahne von KBU zu verbieten.

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