Etwa 250 Neonazis und rechte Hooligans folgten dem Aufruf von "Gemeinsam stark Deutschland".
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#2MaiEF – Neonazis und Hooligans demonstrieren in Erfurt

Am Wochenende demonstrierten 250 rechte Hooligans von "Gemeinsam Stark Deutschland" in Erfurt. Das Spaltprodukt der "Hooligans gegen Salafisten" hatte den Aufmarsch zuvor mehrfach verschoben. Den Hooligans stellten sich 500 Menschen entgegen und störten die Rechten mit mehreren kleinen Blockaden. Schon vor Beginn der Hooligan-Demonstration wurden Journalist*innen bedroht und angegriffen.

Von Lina Morgenstern

Die Demonstration von Hooligans und Neonazis in Erfurt am Samstag stieß auf breiten Gegenprotest. Das Bündnis "Platzverweis für rechte Hooligans" mobilisierte etwa 500 Menschen in die Thüringische Landeshauptstadt, die gegen den zweiten Naziaufmarsch in Erfurt an diesem langen Wochenende demonstrierten. "Gemeinsam stark Deutschland" (GSD) hatte die Demonstration bereits zweimal angekündigt und dann wieder verschoben. "Dabei bezieht sich schon das Motto ´Hand in Hand, für unsere Kinder und unser Land!´ ganz unverblümt auf die rassistische Stimmungsmache gegen Flüchtlinge, für die NPD und Neonazis das angebliche Wohl der Kinder in Erfurt instrumentalisieren", erklärte das Bündnis "Platzverweis" im Vorfeld. Trotz der Erfahrungen aus vorangegangenen HoGeSa-Demonstrationen ließ die Stadt Erfurt die rechten Hooligans vom Domplatz durch die Altstadt laufen. Erfurter Bürger*innen protestierten wie am 1.Mai gegen die NPD auch am 2.Mai mit klassischer Musik gegen die rechten Hooligans und übertönten deren Reden.

Als Redner sprach ein führender Pegida-Kopf

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch einen Mann mit großem Dynamo-Dresden-Tattoo, der die Gegendemonstrierenden als "Affenköpfe" beschimpfte und auch weiter keine wertvollen Inhalte zum Besten gab. Top-Redner war "Ignaz" von der "Demokratischen Partei" aus der Schweiz, der den Hooliganismus in Deutschland lobte. Als Letzter sprach ein bekanntes Gesicht, Edwin Wagensveld. Man kennt den Holländer von der islamfeindlichen Pegida-Bewegung. Besonders in Leipzig organisierte er die Aufmärsche des Ablegers Legida mit, die maßgeblich durch Fußballhooligans getragen werden. Aber auch in Dresden hetzte er auf zahlreichen Pegida-Demonstrationen als Redner. Zu Beginn seiner Ansprache in Erfurt begrüßte "Ed" einen der anwesenden Journalisten persönlich, was auf Twitter als Einschüchterungsversuch gewertet wurde. Im Vorfeld und auch während der Demonstration der Hooligans kam es wiederholt zu Drohungen gegen und Angriffen auf anwesende Pressevertreter*innen. Zusätzlich zu den Rednern spielte ein Liedermacher und viele Hooligans sangen gemeinsam "Schwarz ist die Nacht, in der wir euch kriegen".

"Gemeinsam Stark Deutschland" sieht sich als Weiterentwicklung von überparteilichen Aktionsbündnissen, wie Pegida und HoGeSa. Schon die erste Demonstration in Ludwigshafen im Februar, die von dem Pro-NRW Mitglied Roeseler angemeldet und auch von NPD-Aktivisten besucht wurde, konnte jedoch schwer als überparteilich bezeichnet werden. Auch "extremistisch" will man hier nicht sein, GSD beruft sich aber offen auf den Neonazi-Slogan "Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!". Bei GSD aktiv sind dabei einige Ex-HoGeSa-Aktivisten, wie Sven H. alias "Captain Flubber" und auch Andreas K. aus Herne soll inzwischen beim neuen Verein mitarbeiten. In der Rhein-Neckar-Region gibt es lange bekannte Verstrickungen von organisierten Neonazis und Fußballhooligans. Ähnliches spielt sich in Thüringen ab, in der Landeshauptstadt Erfurt war erst Ende Januar der verschwörungstheoretische "EnDgAmE"-Aufmarsch von den "Patriotischen Europäern gegen die Amerikanisierung Europas" auch aus dem Fußballmilieu unterstützt wurden.

Teilnehmende aus dem gesamten Bundesgebiet

Statt der angemeldeten 600 kamen dann aber nur 200-250 Hooligans nach Erfurt. Die Teilnehmenden der GSD-Demonstration reisten aus dem gesamten Bundesgebiet an: Berlin, Essen, Wolfsburg, die schon durch HoGeSa bekannten "Berserker Pforzheim" sowie Gruppen aus Magdeburg und Thüringen. Unter sie mischten sich organisierte Neonazis, die laut Augenzeug*innen teils auch am 1.Mai bei den rechtsextremen Demonstrationen in Erfurt und Saalfeld teilgenommen hatten. In Saalfeld folgten 700 Neonazis einem Aufruf der Partei "Der Dritte Weg", dabei kam es zu einem gewalttätigen Übergriff der Neonazis auf Gegendemonstrant*innen, mehrere Menschen wurden verletzt. In Erfurt konnten die Hooligans ihre Runde durch die Altstadt weitgehend ungehindert laufen. Während der Demonstration wurde dabei ein Journalist tätlich angegriffen. Die Polizei ermittelt.

In der Bilanz des Tages verkündete das Aktionsbündnis "Platzverweis" auf Twitter die resignierte Botschaft: "Erfurt ist die erste Stadt seit Köln, in der die Hooligans dank Stadt und Polizei laufen konnten." Bedankt wurde sich trotzdem bei den hunderten Gegendemonstrant*innen, von denen viele aus dem Antifa-Spektrum stammen. Jedoch zeigten gegen die Hooligandemonstration auch einige Politiker*innen Gesicht, so die Landtagsabgeordnete Katharina König (Die LINKE), die Erfurter Stadträtin Astrid Rothe-Beinlich (Grüne) und der Erfurter Stadtrat Andreas Horn (CDU). In der Thüringer Allgemeine erklärt dieser zu den zahlreichen Kundgebungen des Maiwochenendes: "Jede Gegendemo der demokratischen Kräfte ist extrem wichtig." Auch Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die LINKE) verfolgte via Twitter die Ereignisse rund um die Demonstration in Erfurt, nahm aber nicht an den Gegenprotesten teil. 

 

Zahlreiche Fotos von der Demonstration hat Soeren Kohlhuber auf Flickr.com zur Verfügung gestellt.

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