Wider die "herrschende Meinungsdiktatur der politischen Korrektheit": Magazin "Zuerst!"

Seit Dezember 2009 ist das monatlich erscheinenden „Deutsche Nachrichtenmagazin“ „Zuerst!“ auf den Markt erhältlich, und verbreitet Themen aus dem rechtsextremen Spektrum in scheinbar seriöser Aufmachung bis an die Bahnhofskioske.

Von Tilman Tzschoppe

Der nationalkonservative Verleger Dietmar Munier hat es nach Eigenaussage geschafft, mit einer Startauflage von 86.000 Stück und etwa 10.000 Verkaufsstellen mit "Zuerst!" die zuvor existierende Rechtsaußen-Medienlandschaft zu überflügeln. Muniers Verlag „Lesen und Schenken“ (u.a. „Deutsche Militärzeitschrift“) kaufte dafür zunächst das älteste rechtsextreme Monatsheft „Nation & Europa“ auf, welches einst laut Verfassungsschutz das „bedeutendste rechtsextremistische Theorie- und Strategieorgan“ war, zuletzt aber immer bedeutungsloser wurde, um so einen Grund-Kundenstamm für das Magazin „Zuerst!” zu generieren. Die Ziele des Verlages klingen sehr ambitioniert. „Zuerst!” will, so Munier, etablierten Magazinen wie „Stern“, „Spiegel“ oder „Focus“ Konkurrenz machen. Die publizistische Ausrichtung ist jedoch „den eigenen deutschen Interessen“ verschrieben. An anderer Stelle wird der Verleger deutlicher: Er will der „herrschenden Meinungsdiktatur der politischen Korrektheit“ entgegentreten und sich nicht dem „Konformitätsdruck des Meinungskartells“ beugen.

Im Interview mit der „Zeit“ versucht der Chefredakteur Günther Deschner, der zuvor als Autor für die „Junge Freiheit“ und die „Welt“ tätig war, das Magazin näher zu beschreiben: "Wir wollen ein Medium sein, das sich nicht auf irgendwelche Ideologien abhebt, sondern zuerst auf deutsche Interessen, deswegen auch der Titel, der deutschen Bevölkerung kümmert. Um das, was die Bevölkerung mehrheitlich empfindet." Der Anspruch des Chefredakteurs klingt unverfänglich, doch im Heft wird sehr deutlich gegen Multikultur, demokratische Politiker und Globalisierung gewettert. Nahtlos passen hier etwa zusammen: „Die fahrende Lobbygruppe: Political Correctness, Kriminalität und Integrationsunwilligkeit“ (gegen Roma und Sinti), „Historiker Stefan Scheil über antideutsche polnische Ausschreitungen 1935: 'Deutsche ausrotten'“ und „Arabische Intensivtäter“. Der stellvertretende Chefredakteuer Manuel Ochsenreiter war langjährig Redakteur der „Jungen Freiheit“, auch etliche Autoren stammen aus dem Umfeld der Zeitung, die Rechtsaußen-Thesen in ein bürgerliches Milieu ausbreiten möchte. Einige der JF-Strategien werden auch bei „Zuerst!“ übernommen – wie etwa das Interviewen nicht rechtsaußen zu verortender Prominenter.

Für Horst Eger, den Leiter des Verfassungsschutz Schleswig Holstein, stellt das Magazin eine neue Strategie der Rechtsextremen dar: "Alle anderen Blätter sind nicht erfolgreich. (…) Hier wird - offenbar technisch sehr geschickt gemacht – der Versuch unternommen, neue Kunden zu erreichen und damit auch eine politische Zielsetzung in andere Bevölkerungskreise hinein zu tragen." Die Themen der „Zuerst!“ sind die, die das rechtsextreme wie rechtspopulistische Spektrum beschäftigen, doch werden sie in grafisch moderner Aufmachung und möglichst seriös scheinend dargeboten. Doch Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind nur schlecht versteckt. So macht Munier als „höchste Gefahren“ für Deutschland „massenhafte Einwanderung“, „rekordverdächtige Fortpflanzung der Fremden“ und „Verlust der eigenen ethnischen Identität“ aus. Auch Verschwörungstheorien und rechter Antikapitalismus gehören zum Repertoire. Wenn Chefredakteur Deschner vom Norddeutschen Rundfunk auf die rechtsradikalen Inhalten seiner Gazette angesprochen wird, reagiert er ausweichend: "Ich und meine Kollegen haben in der Welt nicht anders geschrieben, als wir heute schreiben. Wenn man das heute möglicherweise als zu rechts empfinden sollte, kann man sagen, nicht wir haben uns weiter nach rechts bewegt, sondern das Parteiensystem und die Medienlandschaft haben sich weiter nach links bewegt."

Das rechts-nationalistische Politikmagazin erhofft sich auf lange Sicht, kein Nischenprodukt zu bleiben. „Heimatlose Konservative“ sollen einerseits als Leser für das Magazin und andererseits für die romantisierende Militärliteratur des „Lesen und Schenken“-Verlages gewonnen werden, der seine zweifelhaften Literaturprodukte im Magazin aufs Heftigste bewirbt. Abzuwarten bleibt, ob sich der Anspruch Muniers mit seiner publizistischen Arbeit, einen "Stimmungswechsel“ in der Deutschen Bevölkerung hervorzurufen, bewahrheitet. Muniers Anspruch ist es, „rechts von der Union auch in den nächsten Jahren eine politische Bewegung zu etablieren“. Ein Coup ist jedenfalls geglückt: Den Vertrieb von „Zuerst“ macht aktuell die politisch unverdächtige Verlagsunion (VU), eine Tochtergesellschaft des Hamburger Bauer-Verlages.

Verleger Dietmar Munier ist mit „Zuerst!“ dabei, seine Rolle und Bedeutung unter den Rechtsaußen-Verlegern weiter auszubauen. Zur Unternehmensgruppe von Munier zählen bislang die Lesen & Schenken GmbH, der Arndt-Verlag, der Bonus-Verlag, der Orion-Heimreiter-Verlag der Pour le-Merite-Verlag und die Deutsche Militärzeitschrift/Verlag (DMZ).

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