Flickr / Luke Ratzlaff / CC BY 2.0

Verschwörungen, Macheten und Fußballschläger: Die Ausschussvorsitzenden der AfD

Ein Verschwörungsideologe als Kopf des Haushaltsausschusses, jemand der Andersdenkenden mit einer Machete droht steht dem Rechtsausschuss vor und ein wegen schwerer Körperverletzung verurteilter "Fußballfan" dem Tourismusausschuss. Sollte es erneut zu einer großen Koalition zwischen CDU/CSU und SPD kommen, wird diese Postenverteilung im Bundestag Realität.

Von Stefan Lauer

Die Vergabe von Vorstandsposten für die Ausschüsse im Bundestag folgt ungeschriebenen Regeln, die sich nach der Größe der Fraktionen und der Zusammensetzung der Regierung richten. In der Regel wird der Vorsitz des wichtigen Haushaltsausschusses an die größte Oppositionsfraktion vergeben. Wird die GroKo neu aufgelegt, wäre das die AfD-Fraktion. Weil die Regierungsbildung immer noch nicht abgeschlossen ist, hat das Parlament die Ausschüsse schon jetzt verteilt. Sollte es doch nicht zu einer großen Koalition kommen, ist es gut möglich, dass sich der Zuschnitt der Ausschüsse nochmal ändert. Vorerst haben die Rechtspopulisten drei Ausschüsse für sich gesichert; den Haushaltsausschuss, den Rechtsausschuss und den Tourismusausschuss. Die AfD hat drei Abgeordnete als Vorsitzende nominiert.

 

Haushaltsausschuss: Peter Boehringer

Der Haushaltsausschuss gilt als der wichtigste Ausschuss im Bundestag. Hier wird zum Beispiel die Bewilligung von Haushaltsmitteln vorbereitet und Änderungswünsche aus den Fraktionen zusammengeführt. Als Vorsitzenden hat die AfD Peter Boehringer nominiert.

Boehringer (48) ist Unternehmensberater und Ökonom und veröffentlichte vor seiner Karriere als Parlamentarier hauptsächlich Texte zum "deutschen Gold", dass er mit einer von ihm gegründeten Bürgerinitiative "heim holen" will. Laut einem Bericht der FAZ gilt er einigen Fraktionkollegen als Initiator des Goldhandels, mit dem die AfD an mehr Geld aus der Parteienfinanzierung kommen wollte. Er selbst streitet das ab. Er habe dem damaligen Vorsitzenden Bernd Lucke von der Aktion abgeraten. Boehringer ist neben Parteifreundinnen Beatrix von Storch und Alice Weidel Mitglied der Hayek-Gesellschaft, einer liberal-konservativen Gruppierung, in der auch mehrere vermögende Industrielle organisiert sind, unter anderem Erich Sixt (Autovermietung), Theo Müller (Müller Milch) oder Thomas Bentz (Melitta-Erbe).

Gold ist dabei aber nur ein Sprungbrett für Boehringer, um krude Verschwörungstheorien zu verbreiten. So schreibt er auf seinem Blog im September 2015: "Und alleine nur wegen der laufenden, irreversiblen Umvolkung in der BRD, das heißt des permanenten Austauschs des deutschen Staatsvolks durch zu 98 Prozent illegale Eindringlinge aus weitgehend muslimischen Herkunftsstaaten, ist die heutige, supranationalen Befehlen gehorchende BRD-Führungsclique inzwischen krimineller als die kommunistische der DDR, die ja schon schlimm genug war!"

Einiges an diesen Sätzen dürfte bemerkenswert für den künftigen Vorsitzenden des Haushaltsausschusse sein. Zum Beispiel scheint Boehringer ein Verfechter der "Umvolkungstheorie" zu sein, einer bizarren Verschwörungstheorie, die auch von der rechtsextremen "Identitären Bewegung" vertreten wird und die besagt, dass nicht näher benannte "dunkle Mächte" in Zusammenarbeit mit europäischen Regierungen daran arbeiten, die Bevölkerungen in Europa "auszutauschen" oder zu "ersetzen", um so die eigene Macht und die Wirtschaft zu stärken.

NDR und WDR liegen dutzende Emails vor, die Boehringer verschickte und die einen noch tieferen Einblick in die Gedankenwelt des Goldexperten liefern. Schon im Bundestag verschickte er am 29. Dezember 2017 einen Link von Yahoo-News, in dem es um die von der AfD skandalisierten, angeblichen Schutzzonen für Frauen während der Silvesternacht in Köln ging. Boehringer kommentiert, dass "völlig irre Gebaren des Staats, der vor dem 'kriminellen = koranhörigen = frauenverachtenden Macho-Mob der Surensöhne'" kapituliere.

Islamfeindlichkeit scheint für Boehringer ohnehin ein wichtiges Feld zu sein. Immer wieder betont er seine Solidarität mit Michael Stürzenberger, einem rechtspopulistischen Islamfeind, der seit Jahren in Bericht des bayrischen Verfassungsschutzes auftaucht.

Genau wie viele andere AfD-Politiker_innen kennt Boehringer keine Grenzen in Sachen Hass auf die etablierten Parteien. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnet er in einer Email aus dem Januar 2016 als "Merkelnutte", im Dezember 2015 beschreibt er einen "sogenannten" CDU-Parteitag als "Klatschviehveranstaltung um eine neue Sportpalastrede der Führerin Merkel". Den Außenminister nennt er "Sigmar Dumpfbacke Gabriel".

Auf Anfrage sagt Boehringer den Journalist_innen von NDR und WDR, dass er die Wortwahl in den Emails so heute nicht mehr wiederholen würde. Er bestätigte nicht, dass die Inhalte der Mails tatsächlich von ihm geschrieben wurden.

 

Rechtsausschuss: Stephan Brandner

Im Rechtsausschuss werden Gesetzesentwürfe zur Rechtspolitik in Sachen Straf-, Zivil- und Verfassungsrecht behandelt. Der Ausschuss berät außerdem das Parlament zu Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht und er beschäftigt sich mit Konsequenzen aus dem Vertrag von Lissabon, die europäische Gesetzesvorhaben betreffen. Die AfD will Stephan Brandner (51) zum Vorsitzenden bestimmen.

Brandner saß bis vor seiner Wahl in den Bundestag im Thüringer Landtag und gilt als enger Vertrauter von Rechtsnochweiteraußen Björn Höcke. Im Landtag fiel Brandner vor allem durch aggressive und beleidigende Zwischenrufe auf. Damit handelte er sich 32 Ordnungsrufe durch das Präsidium ein. Drei Ordnungsrufe während einer Sitzung führen zum Rausschmiss für den jeweiligen Tag. Brandner musste zweimal den Saal verlassen.

Nachdem das Künstlerkollektiv "Zentrum für politische Schönheit" einen Nachbau des Berliner Holocaust-Mahnmals auf dem Nachbargrundstück von Björn Höcke errichtete, reagierte Brandner mit dem Bild einer Machete und einer expliziten Drohung gegen die Künstler_innen.

 

 

Eine syrische Familie sei für ihn "Vatter, Mutter und zwei Ziegen". Brandner hat auch immer wieder demokratische Parteien und Politiker auf übelste beleidigt. Den FDP-Vorsitzenden Christian Lindner nannte er die "wandelnde Matratze der Altparteienlandschaft" und auch sonst hält er mit demokratiefeindlichen  Äußerungen nicht hinterm Berg.

 

 

In der Süddeutschen Zeitung fordert Journalist und Autor Heribert Prantl bereits dazu auf, die Gepflogenheiten des Bundestages zu ignorieren und Brandner den Ausschussvorsitz zu verweigern.

 

Tourismusausschuss: Sebastian Münzenmaier

Der Tourismusausschuss befasst sich mit Anträgen, Gesetzentwürfen und EU-Vorlagen zum Tourismus in Deutschland. Als Vorsitzenden will die AfD den 28-jährigen Sebastian Münzenmaier einbringen.

Bis zu seinem Einzug in den Bundestag war Münzenmaier Fraktionsgeschäftsführer im Rheinland-pfälzischen Landtag. Bevor er in die AfD eintrat, war er Mitglied bei "Die Freiheit", einer islamfeindlichen Kleinstpartei, die vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet wurde und deren Vorsitzender  Michael Stürzenberger war. Im Oktober 2017 wurde Münzenmaier wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 10.000 Euro und sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. 2012 hatte er Hooligans des 1. FC Kaiserslautern dabei geholfen, Fans von Mainz 05 zu überfallen. Die Fans sollen dabei Knochenbrüche und Platzwunden erlitten haben. Bei einer Durchsuchung von Münzenmaiers Wohnung direkt nach der Tat fand die Polizei einen Teleskopschlagstock, eine Sturmhaube und Trophäenfotos von vorherigen Hooligan-Attacken. Das Urteil gegen ihn ist noch nicht rechtskräftig, sowohl er, als auch die Staatsanwaltschaft wollen ihn Berufung gehen. Er ist der einzige AfD-Abgeordnete der nicht in das Fußballteam des Bundestags aufgenommen wurde.

Titelfoto: Flickr / Luke Ratzlaff / CC BY 2.0

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