Ein Mitgliedsabzeichen der NSDAP - ein beliebtes "Sammlerstück"
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NS-Militaria: Online-Shop à la Zweiter Weltkrieg

Das Darstellen und Verbreiten von Symbolen verfassungswidriger Organisationen ist in Deutschland verboten. Trotzdem gibt es zahlreiche Händlerinnen und Händler, die Uniformen, Abzeichen und sogar Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg mit entsprechender Symbolik verkaufen – mit rechtmäßigem Gewerbeschein und zu horrenden Preisen.

Von Sina Laubenstein

Sicherlich ist jedem bewusst, dass es Antiquariate gibt, die mit Militaria handeln. Unter Militaria versteht man historische Artefakte, die man, wie der Wortlaut schon andeutet, mit Militär und Krieg verbindet. Unter anderem natürlich auch den Zweiten Weltkrieg, obwohl es auch genügend Händlerinnen und Händler gibt, die die Zeit zwischen 1933 und 1945 übergehen. Verwunderlich ist nicht, dass mit den Überbleibseln des Krieges Handel betrieben wird – schockierend ist aber, welchen Anklang die Rückstände der NS-Zeit auch heute noch in der Gesellschaft finden.

Angebot und Nachfrage

Der Handel mit Militaria aus dem Dritten Reich folgt, wie jedes andere Unternehmen, den einfachen Regeln des Angebots und der Nachfrage. Und tatsächlich scheint die Nachfrage in Deutschland an NS-Überresten hoch zu sein: Scheinbar sind nicht nur Museen daran interessiert, die Geschichte des Dritten Reichs auszustellen, auch private "Sammler" wollen "Schätze" aus der NS-Zeit ergattern. Und das zu extremen Preisen: Bis zu 15.000 Euro geben sie für eine Uniform der Wehrmacht aus, für Abzeichen und Orden verlangen Händlerinnen und Händler auch mal zwischen 500 und 5.000 Euro. Eines wird deutlich: Das Vorurteil vom typischen Neonazi als Springerstiefel tragenden Glatzkopf aus der "unteren Schicht" kann hier nicht greifen. Nur, wer wirklich das nötige Kleingeld hat, kann sich original NS-Militaria "gönnen". Das Interesse an Militaria aus dem Zweiten Weltkrieg  bestätigt: Die Sympathie für das Dritte Reich reicht auch in die vermeintliche "Oberschicht".

Doch aufgepasst: Durch die hohe Nachfrage an NS-Material und die immer weniger werdenden Originale gibt es immer mehr Reproduktionen auf dem Markt. Und hier unterscheiden sich die Preisspannen extrem: Der Preis für Uniformen liegt dann zwischen 100 und 500 Euro, Orden gehen auf Auktionsportalen teilweise für unter 20 Euro weg.

Sogar auf dem allgemein bekannten Portal "Ebay" kann man Reproduktionen aus dem Dritten Reich erstehen. Das Angebot ist vielfältig und lässt sich durch die hohe Nachfrage, auch in Deutschland, erklären. Allein in Deutschland gibt es zahlreiche Militaria-Antiquariate, die sich auf die NS-Zeit spezialisieren – mit Erfolg: Das Interesse an Überbleibseln der NS-Zeit ist nach wie vor nicht erloschen. Die Käufer geben, selbst für Reproduktionen, horrende Preise aus. Dabei wird eines klar: Nicht nur Originale aus dem Dritten Reich, sondern auch viele Reproduktionen sind für den "einfachen" Neonazi von nebenan unerschwinglich.

Online-Shop der besonderen Art

Da in Deutschland das Verbreiten verfassungswidriger Symbole verboten ist, sind Händlerinnen und Händler angewiesen, ihre Waren entsprechend zu kennzeichnen. Demnach werden NS-Symbole vor allem in Online-Shops häufig punktuell unscharf dargestellt oder unkenntlich gemacht. Trotzdem: Letztendlich erhält die Käuferin oder der Käufer ein Produkt aus der NS-Zeit – inklusive verfassungswidrigem Symbol. Bei ausländischen Angeboten liegt die Sache anders: Hier ist die in Deutschland verbotene Symbolik offen zu sehen.

Neben den Uniformen der Wehrmacht oder der Schutzstaffel, inklusive Kopfbedeckung, kann man auch Orden aus der NS-Zeit erwerben: SS, Hitlerjugend, Bund Deutscher Mädchen, alle Vereine, die das Leben zur Zeit des Dritten Reiches prägten. Zudem sind auch Plakate, Fotografien, Modelle und Figuren in den Shops erhältlich: Hitler auf Propagandaplakaten, Aufrufe zum Judenboykott, Wahlplakate der NSDAP.

Am kritischsten sind jedoch die Waffen, die man erstehen kann: Neben "einfachen" Pistolen sind von Granaten bis Bomben alle Variationen an Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg erhältlich. Natürlich deaktiviert – und für jeden käuflich, der nachweisen kann, dass er über 18 ist. Angeboten werden sie als Deko-Waffen: Ein Muss für jedes Wohnzimmer, das mit der NS-Zeit sympathisiert.

Woher kommt dieses Interesse?

Ausgerechnet in Deutschland gibt es, auch 68 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, einen blühenden Markt für NS-Militaria. Doch woher kommt das Interesse an Überbleibseln aus dem Zweiten Weltkrieg und einem der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte? Fairerweise muss man sagen, dass nicht alle, die NS-Militaria sammeln, in der rechten Szene aktiv sind. Trotzdem müssen Sammler damit rechnen, dass man ihnen Sympathien gegenüber dem Nationalsozialismus vorwirft und vorwerfen kann. Militaria aus dem Dritten Reich sind deshalb so begehrt, weil es ein wichtiges Kapitel in der deutschen Geschichte darstellt – und kaum noch Originale im freien Handel zu erwerben sind. Während jedoch ein Großteil der deutschen Bevölkerung versucht, dieses Kapitel hinter sich zu lassen, kann man bei Käuferinnen und Käufern kaum von Vergangenheitsbewältigung sprechen.

Eines wird deutlich, betrachtet man sich die Angebote bei Militaria-Händlerinnen und Händlern: Die Nachfrage ist nach wie vor da – das bestätigt die Produktion von Repliken. Jedoch zeigt sich auch, dass das allgemeine Vorurteil vom Neonazi aus der "Unterschicht" nicht immer zutrifft. Der Kauf von NS-Militaria ist weit verbreitet – bei Personen, die das nötige Kleingeld haben. Und bei Beträgen von 15.000 Euro für eine Uniform betrifft dies, zweifellos, die besserverdienende "Schicht". Letztendlich: Der Kauf von Artefakten aus dem Dritten Reich macht noch keinen Nazi – kann aber doch auf einen Sympathisanten des Nationalsozialismus hinweisen. 

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