Darin: Das A-Wort - warum fällt es vielen so schwer, Antisemitismus beim Namen zu nennen? +++ Antisemitismus in Berlin: "Einer hat mich angespuckt" +++ Zuckerberg, Neid und die Deutschen +++ In einem Atemzug mit IS und Iran: Wiesenthal-Liste: Ist München eine antisemitische Stadt? +++ London: Antisemitische und anti-muslimische Hassverbrechen stiegen 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 61 Prozent +++ Antisemitismus in Frankreich: Zahl jüdischer Auswanderer auf Rekordhoch +++ Was wird aus dem Judenhass der Flüchtlinge? +++ Jüdin nimmt muslimischen Flüchtlinge auf: Zwei Religionen, eine WG.
Das A-Wort
Der Antisemitismus ist so vielfältig wie nie zuvor, doch es fällt schwer, ihn beim Namen zu nennen. Am 10. November sprach der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sein Urteil im Fall Dieudonné gegen Frankreich. Der französische Komiker hatte einen Schoa-Leugner feiern lassen und die Opfer verhöhnt. Das Gericht bestätigte die Geldstrafe: Meinungsfreiheit schützt nicht die Zerstörung der Menschenrechte anderer. Drei Tage nach dem Urteil erschütterte der Terror Paris. Hauptanschlagsziel war die Konzerthalle Bataclan. Die war zuvor schon häufiger Ziel der antiisraelischen BDS-Bewegung gewesen – nicht zuletzt, weil sie viele Jahre jüdische Besitzer hatte, die dort auch Veranstaltungen des jüdischen Staates organisierten. Da schließt sich der Kreis zu Dieudonné. Der französische Repräsentant von BDS arbeitet fast nur mit einer Journalistin zusammen, die Dieudonné unterstützt und von einer »Unterwerfung des politischen Establishments unter die zionistische Lobby« spricht. Selbst wenn dies nichts mit dem Terror zu tun hätte – hier verschwimmen Grenzen zwischen Wort und Tat. Noch nie war der Antisemitismus so vielfältig wie derzeit. Der Befund für Deutschland mag noch nicht so verheerend sein, aber er mahnt zur Wachsamkeit. Es gibt nicht nur den als »Israelkritik« getarnten Antisemitismus. Wir haben es auch vermehrt mit Neurechten zu tun, die auf Klischees, die im kollektiven Unterbewusstsein verankert sind, setzen: Werden die so verstanden, wie sie es beabsichtigt haben, könnten sie sich herausreden, sie hätten das so nicht gesagt.
http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/24197
Antisemitismus: "Einer hat mich angespuckt"
Eigentlich gilt in Deutschland Religionsfreiheit, aber Juden in Berlin gehen doch lieber ohne Kippa auf die Straße, da sie immer öfter attackiert und beleidigt werden. Mitglieder des jüdischen Sportvereins TuS Makkabi wurden bei Spielen zusammengeschlagen.
Zuckerberg, Neid und die Deutschen
Linksextreme verüben einen Anschlag auf die deutsche Facebook-Zentrale in Hamburg, in Karikaturen wird Facebook-Chef Mark Zuckerberg in unverkennbar antisemitischer Manier als (Daten-)Krake mit Hakennase dargestellt. Viel Ressentiment ergießt sich über das soziale Netzwerk und dessen jüdischen Gründer. Als dieser kürzlich anlässlich der Geburt seiner Tochter verkündete, 99 Prozent seines Vermögens, insgesamt 45 Milliarden US-Dollar, einer gemeinnützigen Stiftung zukommen lassen zu wollen, hagelte es erneut Kritik. Damit wolle Zuckerberg sich lediglich noch größeren gesellschaftlichen Einfluss sichern, hieß es. Diese Kritik bezeichnete der Historiker Götz Aly als antisemitisch. Die Angegriffenen reagierten unterschiedlich. Während die FAZ recht eingeschnappt den Vorwurf zurückzugeben versuchte, indem sie Aly entgegenhielt, er würde Zuckerberg erst zum Juden machen, obwohl der doch Atheist sei – als gebe es keine jüdische Identität außer der religiösen –, setzte sich der »Spiegel«-Kolumnist Sascha Lobo differenziert mit Alys Kritik auseinander – um sie schließlich zurückzuweisen. Denn von Neid und Häme war in Lobos Text in der Tat keine Spur zu entdecken.
- http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/24195
- http://www.welt.de/kultur/article150309872/Wir-muessen-ueber-Antisemitismus-reden.html
Wir unterschätzen in Deutschland den stillen Antisemitismus, schreibt Götz Aly zur Debatte um Mark Zuckerberg. Nicht er habe Zuckerberg zu einem Juden gemacht. Zuckerberg selbst spreche von sich als einem Juden.
In einem Atemzug mit IS und Iran: Wiesenthal-Liste: Ist München eine antisemitische Stadt?
Das Simon-Wiesenthal-Zentrum veröffentlicht jedes Jahr eine Liste mit den zehn schlimmsten antisemitischen Entgleisungen des Jahres. Darauf landen Menschen, Institutionen oder Regierungen, die Hass gegen Israel und Juden schüren. Mahmud Abbas stand schon darauf, Politiker der palästinensischen Fatah-Bewegung; der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan schon zweimal. In diesem Jahr verurteilt das Zentrum unter anderem den Islamischen Staat, der gezielt Juden hinrichtet. Außerdem die Länder Iran, Kuwait, Polen. Zum zweiten Mal nach 2012 den Journalisten Jakob Augstein. Und als „unrühmliche Erwähnung“: München. Grund dafür ist eine Veranstaltung im vergangenen November: ein Vortrag über das Projekt BDS („Boycott, Divestment and Sanctions“ – Boykott, Kapitalabzug und Sanktionen) im Großen Saal der Gasteig-Bibliothek.
London: Antisemitische und anti-muslimische Hassverbrechen stiegen 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 61 Prozent
Nach Angaben der Polizei von London hat die Zahl der antisemitischen und anti-muslimischen Hassverbrechen im ablaufenden Jahr im Vergleich zu 2014 um 61 Prozent zugenommen. Die Metropolitan Police verzeichnete im Jahr bis zum 1. November 2015 483 antisemitisch motivierte Hassverbrechen, verglichen mit 200 gemeldeten Zwischenfällen in den vorhergehenden 12 Monaten.
So antisemitisch ist Deutschland
Fragt ein Jude auf einem deutschen Bahnsteig einen anderen Reisenden: „Verzeihen Sie, sind Sie Antisemit?" Der antwortet wie aus der Pistole geschossen: „Selbstverständlich nicht!" Der Jude geht zum nächsten Wartenden und wiederholt seine Frage, worauf er die Antwort „Ganz im Gegenteil, ich bin ein aufrichtiger Freund des Judentums" bekommt. Der Jude zieht weiter zur nächsten Person, um seine Frage zu stellen. Der Gefragte mustert den Juden von Kopf bis Fuß, um dann ruhig, aber bestimmt zu sagen: „Durchaus." Sagt der Jude: „Ah, endlich! Könnten Sie auf meine Tasche aufpassen? Sie sind die einzige ehrliche Person im ganzen Bahnhof!" Der Witz ist nicht der größte Schenkelklopfer. Für diese recht einfache und bittere Pointe ist er außerdem ein bisschen zu lang. Aber er will auf etwas aufmerksam machen: Antisemitismus ist noch immer in Deutschland präsent, in beträchtlichem Ausmaß.
http://www.vice.com/de/read/so-antisemitisch-ist-deutschland-2015-911
Antisemitismus in Frankreich: Zahl jüdischer Auswanderer auf Rekordhoch
Viele Juden fühlen sich in Frankreich nicht mehr sicher. In diesem Jahr haben erneut Tausende Staatsbürger jüdischen Glaubens das Land verlassen, um nach Israel umzusiedeln. 2016 könnte die Zahl noch weiter steigen.
Neue Antisemitismus-Vorwürfe gegen Jakob Augstein
Das Simon-Wiesenthal-Zentrum veröffentlicht jährlich eine Liste mit "antisemitischen Verunglimpfungen". 2012 landete Jakob Augstein in den Top Ten – in diesem Jahr steht er erneut in der Kritik. Bereits 2012 hatte die Liste des SWZ in Deutschland für Diskussionen gesorgt, weil der Journalist und Verleger Jakob Augstein auf Platz neun des umstrittenen Rankings gelandet war. Grund war unter anderem ein Text, den Augstein für seine "Spiegel Online"-Kolumne "Im Zweifel links" verfasst hatte. Kritisiert hatte das SWZ zum Beispiel diese Passage: "Gaza ist ein Ort aus der Endzeit des Menschlichen. 1,7 Millionen Menschen hausen da, zusammengepfercht auf 360 Quadratkilometern. Gaza ist ein Gefängnis. Ein Lager. Israel brütet sich dort seine eigenen Gegner aus." 2015 gerät Augstein nun erneut in den Fokus des SWZ. Auf der diesjährigen Liste wird er zwar nicht in den Top Ten geführt, dafür landete er in der gesonderten Kategorie "unehrenhafte Erwähnungen". Dort wird Augsteins Kolumne vom 7. Dezember dieses Jahres kritisiert. Augstein habe darin Parallelen zwischen der Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, dem französischen Front National und der deutschen Alternative für Deutschland (AfD) gezogen. Dabei wird auf folgenden Satz Augsteins verwiesen: "So rechts wie die deutschen Rechtspopulisten ist die Regierung von Benjamin Netanyahu allemal."
Was wird aus dem Judenhass der Flüchtlinge?
Die Menschen, die aus Syrien kommen, entstammen einer Kultur, die antisemitisch und undemokratisch ist. Was wird aus der Last dieser Vergangenheit? Wie werden sich die Menschen hier entwickeln? von Jeffrey Herff
Hannovers Juden fürchten neuen Antisemitismus
Angesichts der großen Zuwanderung muslimischer Flüchtlinge auch nach Hannover fragen sich jüdische Mitbürger, was das für sie bedeutet: Müssen sie verstärkt mit Antisemitismus von muslimischer Seite rechnen? Bei der Veranstaltung der türkisch-jüdischen Ülkümen-Sarfati-Gesellschaft wurde darüber diskutiert.
Jüdin nimmt muslimischen Flüchtlinge auf: Zwei Religionen, eine WG
Eine Jüdin aus Deutschland nimmt einen syrischen Flüchtling, einen Muslim, in ihrer Neuköllner Wohnung auf, weil sie findet, dass Schutzsuchenden geholfen werden muss. Blick in eine ungewöhnliche Berliner Wohngemeinschaft.
- http://www.berliner-zeitung.de/berlin/juedin-nimmt-muslimischen-fluechtling-auf-zwei-religionen--eine-wg,10809148,32934134.html#plx499334427
- http://www.bento.de/politik/juedin-aus-berlin-nimmt-muslimischen-fluechtling-syrien-in-ihrer-wohnung-auf-219066/
Juden und Muslime gemeinsam an einem Tisch
Zahlreiche Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Berlin engagieren sich in der Flüchtlingshilfe - ohne Vorurteile gegenüber Muslimen. Die meisten Asylsuchenden kommen aber aus den Ländern, in denen Antisemitismus weit verbreitet ist.
Antisemitismus: "Rassismus trifft alle Minderheiten"
Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland fordert eine Obergrenze für Flüchtlinge. Begründung: "Viele der Flüchtlinge entstammen Kulturen, in denen der Hass auf Juden und die Intoleranz ein fester Bestandteil ist." Wir diskutieren diese Diagnose mit dem Rechtsanwalt und Journalisten Michel Friedman und der Theaterautorin Marianna Salzmann.
http://www.zeit.de/2015/49/antisemitismus-rassismus-michel-friedman-marianna-salzmann
Mehr Menschenfeindlichkeit aktuell, Dezember 2015:
| Menschenfeindlichkeit Dezember 2015: Rassismus und Feindlichkeit gegen Flüchtlinge
| Menschenfeindlichkeit Dezember 2015: Antisemitismus
| Menschenfeindlichkeit Dezember 2015: Homofeindlichkeit und Sexismus
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| Menschenfeindlichkeit Dezember 2015: Rechtspopulismus - AfD und Pegida
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