Ideologieorgane

Ideologieorgane beschäftigen sich vorwiegend mit den ideologischen Grundlagen des Rechtsextremismus. Auf dieser Basis diskutieren und konkretisieren sie die politischen Ziele, aber auch Strategie und Taktik, um diese Ziele zu erreichen.

Von Thomas Pfeiffer

Zu den wichtigsten Ideologieorganen zählt etwa die Zeitschrift Nation & Europa (Coburg). Das Monatsblatt − 1951 gegründet und damit eine der ältesten rechtsextremistischen Zeitschriften − hat eine Leser-Blatt-Bindung verwirklicht, von der viele demokratische Hefte nur träumen können. Die Leser von Nation & Europa (NE) sind mitunter in der dritten Generation bei der Stange, in ihren Kellern stapeln sich fein säuberlich gesammelte Jahrgangsbände der Zeitschrift, den langjährigen Herausgeber Peter Dehoust kennen viele persönlich. Ziel des Blattes, das in einer Auflage von 15.000 Exemplaren erscheint und für das der 1994 geschasste REP-Vorsitzende Franz Schönhuber als Starautor schreibt, ist die Einheit der Rechten im Allgemeinen und der deutschen Rechten im Besonderen. Fast die gesamte Redaktion war 1991 federführend an der Gründung der Sammlungspartei Deutsche Liga für Volk und Heimat (DLVH) beteiligt, die später aber gescheitert ist. Der ehemalige NE-Chefredakteur Karl Richter hat 1998 das inzwischen zweimonatlich erscheinende Magazin Opposition aus der Taufe gehoben, das in der konkurrierenden Verlagsgemeinschaft Berg erschien, moderner gestaltet war, sich aber inhaltlich und von seinen Autoren her kaum von NE unterschied.

Ideologiebildend wirken auch die so genannten „revisionistischen“ Periodika, die den Holocaust, die deutsche Schuld am Zweiten Weltkrieg und jegliche Beteiligung der Wehrmacht an Kriegsverbrechen in Frage stellen oder offen leugnen. Zu den wichtigsten Blättern dieser Art zählen die Tübinger Monatszeitschrift Deutschland in Geschichte und Gegenwart (DGG), die im Gewand einer seriösen wissenschaftlichen Zeitschrift erscheint, und die nicht mehr regelmäßig herausgegebene Berliner Zeitschrift Sleipnir, die durch einen antiimperialistischen Jargon auf den Schulterschluss mit Teilen der Linken setzt. Da die öffentliche Leugnung des Holocaust in Deutschland seit 1994 als Volksverhetzung strafbar ist, kommt sie in legalen, in Deutschland erscheinenden Periodika nicht ausdrücklich vor, sondern in Andeutungen, Frage – oder Zitatform.

Revisionistische Zeitschriften, die im Ausland erscheinen, brauchen in der Regel keine strafrechtliche Rücksicht zu nehmen. So entzog sich der Holocaustleugner Germar Rudolf ("Rudolf-Gutachten") einer Haftstrafe in Deutschland durch Flucht − zunächst nach Spanien, dann nach England. Inzwischen soll er in Mexiko leben und gibt die deutschsprachige, international vertriebene Zeitschrift Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung (VffG) heraus.

An der Grenze, mitunter jenseits der Legalität agitiert auch das "Zentralorgan", das die neonazistische Connection um die Hamburger Thomas Wulff und Christian Worch herausgibt und das die autonome, gewaltbereite Szene − die „freien Kameradschaften“ − mit Terminen und Ideologie versorgt. Als Beilage enthält das Magazin, das drei- bis viermal pro Jahr in einer Auflage von etwa 3.500 Exemplaren erscheint, das Skinhead-Heft Blitzkrieg.

Dieser Auszug des Essays "Publikationen und Verlage" ist aus dem Buch Handbuch Rechtsradikalismus, Thomas Grumke und Bernd Wagner (Hrsg.), Leske + Budrich, 2002

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