Hilfe zum Umgang mit Neonazi-Musik im Jugendclub

Eine „Erste Hilfe“, wenn rechtsextreme Musik in einer Jugendeinrichtung gespielt wird, kommt von Jan Raabe, Mitherausgeber des Standardwerks „RechtsRock – Bestandsaufnahme und Gegenstrategien“:

Jan Raabe: „In unserem Jugendclub liegen immer wieder CDs mit mehr oder weniger expliziten rechtsextremen Texten und Bandnamen herum. Was kann ich dagegen tun? Wo finde ich Hilfe, wenn ich nicht weiß, ob die Bands rechtsextrem sind?" Diese oder ähnliche Fragen gehören zum Alltag vieler Sozialpädagogen in der offenen Arbeit. Manchmal werden sie aufmerksam, weil ihnen Textstellen auffallen. Ein anderes Mal wecken Bandnamen wie „Kraftschlag“, „Landser“ oder“ Gigi und die braunen Stadtmusikanten“ ihren Argwohn. Oder sie wissen, dass manche ihrer Besucher, die CDs in den Jugendclub mitbringen, in der rechten Szene aktiv sind.

Internet und Fachliteratur

Doch wie erfährt man, ob die Band tatsächlich dem extrem rechten Spektrum zuzurechnen ist? Und wenn sie es ist? Was tut man dann? Es gibt verschiedene Wege, um die CDs, die Jugendliche mitbringen, einzuschätzen. Oft genügt schon ein Blick ins Internet. Portale wie www.turnitdown.de, das sich auf das Monitoring extrem rechter Musik spezialisiert hat, bieten gezielt Informationen zu den Bands der Rechtsextremen. Teilweise genügen einige Klicks und eine Suche bei Google, um die Band politisch einordnen zu können. Um einen ersten Eindruck zu bekommen, lohnt auch ein Blick in die Informationsbroschüren des Bundes- und der Landesämter für Verfassungsschutz, deren Qualität und Verlässlichkeit regional allerdings stark schwanken.

Schon schwieriger ist es wenn es sich nicht um klassischen Rechtsrock, sondern um völkischen Black-Metal, extrem rechten Hatecore oder faschistischen Industrial handelt. Hier empfiehlt sich der Blick in einschlägige Fachliteratur. Diese bietet eine genauere Einordnung und erklärt Brüche, Uneindeutigkeiten und den Kontext. Erst dieses Wissen ermöglicht oftmals eine Einordnung der Besucher von Jugendzentren. Handelt es sich um einen Mitläufer, der auf dem Schulhof getauschte mp3's mitgebracht hat? Oder um Szenegänger, die nicht nur extrem rechte Bands hören, sondern auch entsprechende Symbole und eine szenetypische Bekleidung tragen?

Pädagogik und Repression

Wenn Recherche und Informationen ergeben, dass es sich bei einigen Tonträgern, die die Jugendlichen von zuhause mitgebracht haben, tatsächlich um Produkte extrem rechter oder neonazistischer Bands handelt, ist die nächste Frage nahe liegend. Was muss jetzt getan werden?

Eine Standardlösung gibt es nicht. Je nach Lage der Dinge – welcher Tonträger wurde gefunden? Welches Verhältnis besteht zu dem Jugendlichen? Wie schätzt man ihn und seine politische Orientierung ein? - unterscheiden sich die Antworten. Manchmal können pädagogische Maßnahmen, manchmal polizeiliche Eingriffe notwendig sein.

Auch die juristische Lage verlangt ein unterschiedliches Vorgehen. Werden die Liedtexte der CD als volksverhetzend eingeschätzt oder finden sich im Booklet strafrechtlich verbotene Symbole wie Hakenkreuze, sollte man die CDs sofort sicherstellen und die Polizei einschalten. Wenn die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) die CD indiziert hat, also als jugendgefährdend einstuft, muss das Abspielen der CD im Jugendclub – einem öffentlichen Raum - ebenfalls sofort aus juristischen Gründen unterbunden werden.

Auseinandersetzung mit Inhalten

Die Liedtexte vieler CDs der extremen Rechten sind inzwischen jedoch so formuliert, dass diese Tonträger weder strafrechtlich relevant sind noch indiziert werden. Das bedeutet, dass in diesen Fällen nicht das Strafrecht, sondern die pädagogische Einschätzung das Handeln bestimmen muss. Selbstverständlich sollte man das Abspielen dieser CDs trotzdem nicht einfach dulden. Die Tonträger können Anlass für eine produktive Auseinandersetzung mit extrem rechter Ideologie oder Propaganda sein.

Es kann jedoch auch sein, dass die pädagogischen Fachkräfte die Jugendlichen oder jungen Erwachsenen nicht für offen genug halten, um eine Auseinandersetzung zu führen. Möglicherweise wollen diese nur Propaganda betreiben und andere Jugendliche für die extreme Rechte anwerben. In diesem Fall sollte ihnen die Nutzung der Einrichtung und der Kontakt zu den anderen Besuchern verwehrt werden, soweit dies möglich ist.

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Weblinks

| Broschüre des Berliner Verfassungsschutzes zu rechtsextremer Musik zum Herunterladen

| Verfassungsschutz-Broschüre zur rechtsextremer Musik zum Herunterladen

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