Heimlicher Naziaufmarsch Richtung Kreuzberg

Die rechtsextreme Szene plant offenbar für Samstag einen Naziaufmarsch in Berlin. Angemeldet ist die Veranstaltung unter dem Motto „Wahrheit macht frei“ – offenbar in Anlehnung an den zynischen Spruch der Nationalsozialisten „Arbeit macht frei“, der auf den Eingangstoren der Konzentrationslager Auschwitz und Dachau stand. Ab 12 Uhr wollen die Neonazis sich versammeln, angemeldet ist der Aufzug bis 20 Uhr. Wo genau, halten Polizei und der Veranstalter geheim.

Von Johannes Radke, Störungsmelder

Erst kurz vor dem Beginn wollen die Rechtsextremen im Internet den genauen Ort bekannt geben. Die Route wird vermutlich im Bereich Nord-Neukölln oder im südlichen Teil Kreuzbergs verlaufen. „Wenn es klappt, ist es die geilste Rute, die man sich vorstellen kann“, schreibt ein Neonazi im Internet (Fehler im Original). Im Norden Neuköllns gab es im letzten Jahr immer wieder rechtsextreme Schmierereien und zerstörte Scheiben bei alternativen Cafés und Parteibüros der Grünen und Linken.

Anmelder des Aufmarsches ist der NPD-Politiker Sebastian Schmidtke, der jahrelang führendes Mitglied der Nazigruppierung „Märkischer Heimatschutz“ war. Er hatte auch den Aufmarsch am 1. Mai 2010 in Prenzlauer Berg angemeldet.

Dass die Polizei die Route nicht bekannt geben will, sorgt bei der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus für Unverständnis. „Es muss geprüft werden, inwieweit die Polizei hier die Geheimhaltetaktik der Rechten begünstigt.“ Dass die Rechten sich nicht trauen ihren Aufzug öffentlich zu bewerben, sieht Klose als „Erfolg einer entschlossenen Zivilgesellschaft, die bisher jeden Naziaufmarsch in Berlin zu einem Debakel gemacht hat“

Linke Gruppen kündigten für Samstag Protestaktionen an. „Die Nazis können sich sicher sein, dass es in Berlin keinen Aufmarsch geben wird, der störungsfrei über die Bühne geht“, sagte Lars Laumeyer von der Antifaschistischen Linken Berlin (ALB). Die konspirative Mobilisierung wertet er als Zeichen für die derzeitige Schwäche der Naziszene. „Die müssen ganz schön eingeschüchtert sein, dass sie nur heimlich mobilisieren.“

Dieser Text erschien am 13.05.2011 auf dem "Störungsmelder" bei ZEIT online. Mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Ergänzung 14.05.2011:

Wie der Tagesspiegel berichtet, wird die Route vom Platz der Luftbrücke bis zum Mehringdamm in Kreuzberg 61 führen. Zu einer Protestkundgebung gegen den Nazi-Aufmarsch rufen die Ver.di Jugend Berlin, der VVN-Bda und ALB ab 11.30 Uhr am Mehringdamm Ecke Columbiadamm auf.

Mehr im Internet:

| www.mbr-berlin.de

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