Diese Stimmungsmache gegen Flüchtlinge ist gar kein Rassismus? Das kommt uns anders vor, AfD. Foto von der AfD-Demo in Erfurt am 07.10.2015
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Die Entwicklung der AfD 2015: Die AfD auf dem Weg aus dem bürgerlichen Spektrum heraus

Wie Rechtspopulismus in den Rechtsextremismus kippt: Die AfD auf dem Weg aus dem bürgerlichen Spektrum heraus: In den Kontext des Rassismus aus der Mitte für die Mitte gehört stark die Entwicklung der AfD (Alternative für Deutschland) in 2015: Sie zeigt prototypisch, wie schnell der Weg geht von einer konservativ-antimodernen  Partei mit Schwerpunkten Anti-EU und Anti-Geschlechtervielfalt hin zu einer neurechten, latent bis offen rassistisch-flüchtlingsfeindlichen Partei, für die so keine Koalitionen mehr möglich sind (außer nach noch weiter Rechtsaußen). Was der konservativ-kritische Flügel der AfD offensichtlich verpasst hat: Den populistischen, rassistischen, antidemokratischen Tendenzen klar entgegen zu treten. Stattdessen spielte AfD-Gründer Bernd Lucke selbst mit Ressentiments gegen Flüchtlinge und Migranten und musste dann mit ansehen, wie sich diese Geister nicht mehr einfangen ließen. Die antisemitischen, rassistischen, demokratiefeindlichen "Einzelfälle" häuften sich, bis Lucke (und andere) als einzig gangbare Konsequenz sah, die AfD im Juli 2015 zu verlassen. Andere Wegbereiter des Anfangs, wie etwa Alexander Gauland von der AfD Brandenburg, wandelte sich in rasanter Zeit vom als konservativ wahrgenommenen Publizisten  zum populistischen Hetzer, heute ist er einer der Scharfmacher der Partei. In der darf AfD-NRW-Chef Marcus Pretzell verkünden, es sei nur konsequent, Flüchtlinge an der Grenze zu erschießen, um Deutschland zu schützen, AfD-Thüringen-Chef Björn Höcke verbreitet neurechten Ethnopluralismus und Rassismus, ohne dass sich der amtierende AfD-Vorstand zu Konsequenzen entschließen kann - und Bundesvorsitzende Frauke Petry, die im Juli 2015 als Kandidatin des rechtspopulistischen Flügels Bernd Lucke vom AfD-Thron stieß, steht heute selbst als Vertreterin der zu bedenkenträgerisch-laschdemokratischen Fraktion da. Interessant bleibt, die Entwicklung der Wählerstimmen zu beobachten: Führen diese Entwicklungen - Radikalisierung, interner Zerfall - zu weniger Wählerstimmen? Umfragen lassen anderes vermuten. Kann die AfD mit der Hetze gegen "Asylchaos" punkten, obwohl sie sich in ihren intern-öffentlichen Querelen selbst zerlegt? Das werden die Wahlen 2016 zeigen (u.a. Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Abgeordnetenhauswahl in Berlin) (Jahresrückblick 2015)
 

Die Entwicklung im Jahresverlauf

(ab Mai 2015, vorher haben wir die AfD nicht gesondert betrachtet)

Mai 2015

Adé, AfD?

Im Mai machte AfD-Gründer Bernd Lucke öffentlich, was allen Beobachter_innen (und Wähler_innen) schon lange klar war: Das angeblich wirtschaftsliberal-demokratische Außenbild der Partei ist nicht zu halten. Die rassistischen und demokratiefeindlichen Äußerungen, die Kontakte in rechtsextreme Spektrum, die "relativ vielen Einzelfälle" (Lucke 2014) fügten sich zu einer solchen Rechtsaußen-Flut zusammen, dass Bernd Lucke einen "Weckruf" an seine Mitglieder schickte - was ihm gelang, obwohl seine Kontrahent_innen Frauke Petry und Konrad Adam seine Email-Adresse sperrten. Im "Weckruf" versuchte er das Bild zu etablieren, es gäbe einen anständigen Kern bei der AfD, den Lucke im "Weckruf"-Verein bündeln wolle, und dann die Rassist_innen, Rechtspopulist_innen und NPD-Freunde, die er so loszwerden gedachte. Dumm nur: der Rechtspopulismus ist der AfD so inhärent, dass das wirtschaftsliberale Vorzeigemitglied der AfD, Hans-Olaf Henkel, erst mal in gutem Diktatorensprech formulierte, die Partei müsse von  "Elementen gesäubert" werden, um dem Rechtsextremismus Herr zu werden. Selbst die "Weckruf"-Vokabel hat leider einen unschönen Beigeschmack: So hieß die erste NSDAP-Zeitung in Coburg, die 1926 gegründet wurde. Kurios: Diesen Aspekt berichteten nicht nur politische Gegner_innen, sondern auch der AfD-Kreisverband Mecklenburg-Vorpommern, offenbar nicht an der "Weckruf"-Initiative interessiert , bringt dies argumentativ gegen ihren eigenen Parteivorsitzenden in Stellung, die sind (vgl. SVZ).

Aktuell wird also auf unterstem Niveau miteinander gerungen. Ausgang: offen.  Der Bundesparteitag, der am 13. Juni stattfinden sollte - und eine Klärung in Fragen der Zukunft bringen sollte - ist abgesagt, weil Querelen bei der Auswahl der Delegierten befürchtet wurden. Der nächste Schritt könnte ein Mitgliederparteitag werden, den die AfD nach eigenen Angaben für Ende Juni plant. Wir holend das Popcorn für die nächsten Runden.
 

Juni 2015

Quo vadis, AfD? Und quo vadis, Bernd Lucke?

Kein Showdown im Juni: Bernd Luckes AfD-Spaltungs-Verein "Weckruf 2015", gegründet im Mai 2015, wird im Juni zunächst als satzungwidrig angefochten (Spiegel Online). Bis dann feststeht: Der ist doch nicht satzungswidrig (Die ZEIT).

AfD-Co-Chefin Petry wollte am 20. Juni 2015 zu einem Konvent nach Kassel eingeladen, um die machtpolitischen Differenzen in der zerstrittenen AfD-Führung zu klären. Dort hätte nach Angaben aus Parteikreisen auch über eine Verschiebung des für den 04. und 05. Juli 2015 geplanten Bundesparteitags diskutiert werden sollen. Es lag der Vorschlag auf dem Tisch, für September einen Delegiertenparteitag einzuberufen. Die Landesvorsitzenden lehnten jedoch eine solche Zusammenkunft ab und beschlossen ihrerseits, am 20. Juni in Kassel ein Treffen der Vertreter aus Ländern und Bundespartei zu organisieren. Dies wurde dann allerdings aus juristischen Gründen abgesagt - ein Konvent sei erst nach der Neuwahl beim Bundesparteitag möglich (vgl. Business-Panorama). Dieser fand am 04. Juli 2015 statt - mit einem deutlichen Votum der AfD-Mitglieder für den offen islamfeindlichen, rechtspopulistischen, selbst "nationalkonservativ" genannten Hardliner-Kurs einer Wutbürger-Partei. Den betrachten wir aber im Detail im Juli-Report zu Menschenfeindlichkeit.

Derweil untermauerte AfD-Hardliner Alexander Gauland aus Brandenburg seine "nationalkonservative" Position: Der Brandenburger AfD-Vorsitzende Alexander Gauland hat nichts gegen Populismus und will auch deutlich fremdenfeindliche Positionen in seiner Partei zulassen: "Wenn die Menschen sich gegen eine Willkommenskultur entscheiden, muss man das auch akzeptieren", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Populismus heißt, stärker die Nöte und Ängste der Menschen zu akzeptieren", argumentierte Gauland. Auf die Frage, ob es ihn störe, wenn Ausländerfeinde ihm zustimmten, sagte Gauland: "Das darf einen nicht stören." (t-Online-Nachrichten)

Weitere AfD-Themen im Juni 2015: AfD Leipzig will Kosten für Flüchtlinge über Bürger-Spenden finanzieren (Leipziger Volkszeitung), Thüringens AfD-Chef Björn Höcke unter Verdacht, für NPD-nahe Publikationen zu schreiben (taz), AfD Hamburg gegen homosexuelle Ampelmenschen (RTL), AfD Sachsen warnt vor Bürgerkrieg in fünf Jahren (ngn).
 

Juli 2015

Showdown in Essen: Bernd Lucke wird abgewählt, Frauke Petry wird Parteichefin

Showdown in Essen: Nach Wochen des Macht- und Ausrichtungs-Gerangels in der AfD kam es am 04. Juli 2015 zum entscheidenden Bundesparteitag der "Alternative für Deutschland" (AfD). Das Votum für Ausrichtung und Umgangston in der Partei fiel eindeutig aus: Parteichef Bernd Lucke, der sich zunehmend Sorgen um die immer stärker rassistische und islamfeindliche Ausrichtung der AfD machte, wurde abgewählt, Frauke Petry, die nur gemäßigt wirkende Vertreterin des Rechtsaußen-Spektrums, wurde mit Tusch an die Parteispitze gewählt und darf nun an der AfD-Ausrichtung als Wutbürger_innen- und Pegida-Partei feilen (vgl. TazDRadioKulturZeitSüddeutscheMDR).

Dabei werden die "wirtschaftsliberalen" Teile der AfD auch nicht mehr stören, denn die verlassen nun in Scharen die Partei. Dazu trug - neben dem Wahlergebnis - wohl auch der neue "Umgangston" in der Partei bei: Bernd Lucke wurde ausgebuht und beschimpft, als er auf dem Bundesparteitag noch etwas sagen wollte (vgl. Tagesspiegel.) Immerhin ging es den rechtspopulistischen AfD-Pöbler_innen ähnlich, als sie ihren "Sieg" in einem Essener Biergarten feiern wollten: Dort veranstalteten Gegendemonstrant_innen so viel Lärm, dass die Rede der neuen Bundesvorsitzenden Frauke Petry nicht zu verstehen war. (Der Westen)

Unseren Lieblingskommentar zu Luckes Abwahl gab übrigens Brandenburgs AfD-Hardliner Alexander Gauland, der konstatierte, Lucke sei eben kein guter Führer gewesen. Also, Parteiführer, natürlich (vgl. n-tv).

Im Nachgang regt sich nun Bernd Lucke - und mit ihm die "wirtschaftsliberalen" Köpfe der Partei, wie etwa Hans-Olaf Henkel - darüber aus, dass die AfD nun zur rechtspopulistischen Wutbürger-Partei umgestaltet werde. Das ist natürlich so nicht richtig, denn des gefährliche Spiel mit Islamfeindlichkeit, Rechtspopulismus und Rassismus haben Lucke & Co. selbst bedient. Nur haben sie offensichtlich unterschätzt, wie wenig der abwertende Hass in ihrem politischen Spektrum unter Kontrolle zu halten ist und wie schnell er jedes demokratische Maß verliert. (vgl. Handelsblatt). Bernd Lucke gründet eine neue Partei, "ALFA", die danach für 2015 in der Bedeutungslosigkeit versinkt.

Die AfD wählte einen neuen Bundesvorstand. Er besteht nun aus Frauke Petry als Bundeschefin, Jörg Meuthen als Bundeschef, Beatrix von Storch, Alexander Gauland und Alexander Glaser als Vizechefs, Alice Weidel, Julian Flak, André Poggenburg, Dirk Driesang, Armin Paul Hampel, Georg Pazderskials Beisitzer (vgl. zu deren politischen Ausrichtung: taz). Erstes politisches Lebenszeichen nach der Spaltung: Die AfD Baden-Württemberg verabschiedet einen "Anti-Gender-Antrag", der quasi jegliche Erwähnung der Existenz sexueller Vielfalt als "Propaganda" verbieten möchte - offenbar, weil die AfD Angst davor hat, dass Menschen allein durch das Wissen darum, dass es auch etwas anderes als zweigeschlechtliche Liebe gibt, sofort homosexuell werden:  "Die Alternative für Deutschland lehnt jegliche staatliche Propaganda – in Schulen, den Massenmedien oder im öffentlichen Raum – für bestimmte sexuelle Orientierungen oder Verhaltensweisen strikt ab. Die Förderung der klassischen Familie ist davon ausgenommen." (vgl. ViceQueer.de) Nach aktuellen Umfragen bekäme die AfD bei der nächsten Bundestagswahl nur noch 3 Prozent der Stimmen (Blick nach rechts).
 

August 2015

Die AfD steigt in Anti-Asyl-Proteste ein

  • Aktuell hat die Hassrede gegen Flüchtlinge im rechtspopulistischen Spektrum alle anderen Themen (Islamfeindlichkeit, Anti-Gender-Aktivitäten) verdrängt – die AfD muss also auf diesen Zug aufspringen, um ihre rechtspopulistische Gefolgschaft nicht zu verlieren, kann dabei aber immerhin die Flüchtlingsfeindlichkeit mit der EU-Feindlichkeit verbinden. Also stellt AfD-Chefin Frauke Petry sich hin und spricht darüber, ethnische Konflikte und Probleme durch Flüchtlinge nicht totzuschweigen und zwischen verfolgten Asylbewerber_innen und Menschen, die in Deutschland ein besseres Leben suchten und keinen Anspruch auf Asyl hätten zu unterscheiden – gibt also, ein erprobtes Muster, die sanfte Stimme des Rechtspopulismus (Deutschlandfunk).
  • Zeitgleich ruft ihre sächsische AfD zu „Mittwochsdemonstrationen“ gegen „Asylpolitik“ auf – die erste war mit 500 Teilnehmer_innen am 19.08.2015 in Dresden. Die Redner wetterten gegen die ihrer Meinung nach zu hohe Zahl von Flüchtlingen, forderten eine verstärkte Abschiebung und eine rigidere Aufnahmepolitik. Unter den Teilnehmer_innen waren viele Pegida-Sympathisant_innen, aber keine NPD-Kader  (SZDNN).
  • In Thüringen lud die AfD parallel zur Thügida-Demonstration zu einem „Bürgerdialog“ zum Asyl und Zuwanderung  - vor allem aber, um ihre Thesen zu verbereiten: Abschiebungen müssten konsequenter vollzogen werden, „gesonderte Unterbringung von gewaltauffälligen Asylbewerbern“, Kreis sicherer Herkunftsländer erweitern, „Fehlanreize“ abschaffen (inSuedThueringen.de).
     

September 2015

„Steigende Flüchtlingszahlen könnten für die AfD zur Erfolgsstory werden“

Der Berliner Politikwissenschaftler Funke sieht dabei eine starke Rolle in der CSU, die als rechtspopulistischer Teil der Union es der AfD derzeit besonders leicht mache, zu neuer Stärke zu finden. (Handelsblatt)

In Sachsen ist die AfD im  September in Umfragen mit der SPD gleichauf gezogen, auch die NPD legt zu. Beide kamen in einer Umfrage, veröffentlicht am 16.09., für den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) von Infratest dimap, auf je 13 Prozent der Wähler_innen-Stimmen. Bei der Landtagswahl im August 2014 hatte die AfD noch 9,7 Prozent der Stimmen bekommen und war erstmals in den Dresdner Landtag eingezogen. Die rechtsextreme NPD stünde mit fünf Prozent wieder vor dem Einzug in den Landtag. (L-IZ)

In Rheinland-Pfalz probieren sich Alfa und AfD im beginnenden Wahlkampf um die gleichen Wähler_innen gegenseitig im Niveau zu unterbieten.

Ihre Positionen zu Flüchtlingen im Vergleich:

  • Alfa (neue Lucke-Partei): Nur noch ein Drittel der Flüchtlinge sollen nach Deutschland kommen, Schutzzonen in Bürgerkriegsländern, "Zurückweisung" von Schleuserbooten durch Marineeinheiten, Asylanträge nicht mehr in Europa stellen, sondern in deutschen Auslandsvertretungen und Erstaufnahmezentren in Nordafrika. Alle ohne Pass ablehnen, und bitte keine "Willkommenskultur" - höchstens "Hilfskultur" (OberpfalznetAd-Hoc-NewsDie ZEIT).
  • AfD: Grenzkontrollen wieder einführen, Grenzen für Flüchtlinge dicht machen, Flüchtlinge dürfen in Deutschland keine Anträge mehr stellen, Zahlen sollen die anderen Länder, durch die die Flüchtlinge einreisen (Petry). Asylrecht ganz aussetzen (Gauland) (tagesschauHandelsblatt)
  • In Österreich führte der scharfe Ton der FPÖ in der Asylpolitik wohl zum Erfolg, sie verdoppelte ihren Stimmanteil und wurde mit 30,4 Prozent zweitstärkste Kraft bei der Landtagswahl in Oberösterreich. (FR)
  • Auch in anderen Ländern der EU konnten die Rechtspopulisten dank der steigenden Flüchtlingszahlen an Zulauf gewinnen. In der Bevölkerung scheint das Vertrauen in die politische Mitte verloren gegangen zu sein. Ein Überblick über die Situation in Frankreich, Italien, Großbritannien, Griechenland, Skandinavien, Ungarn und Polen gibt es hier: Die Presse

Die AfD setzte ihre Mittwochsdemos in Erfurt im September mit steigenden Teilnehmer_innenzahlen fort:

  • 16.09.2015 „Thüringen und Deutschland dienen Asylchaos beenden!“ 1.200 (MDR)
  • 23.09.2015 „Wirklich Verfolgte schützen, Asylmissbrauch und ungesteuerte Einwanderung beenden“ (2-3.000), viele Rechsextreme, Fahnen des Holocaustleugner-Netzwerks „Europäische Aktion“, Transparent der "Identitären Bewegung Thüringen", NPD-Vertreter_innen; Gegendemonstrant_innen wurden angegriffen (MDRStörungsmelder)
  • 30.09.2015 „Demo gegen Politikversagen" (3.500 Teilnehmer_innen), davon etwa 500 Neonazis; 500 Gegendemonstranten werden u.a. als "Judenpack" bezeichnet (MDRViceCrowdcounting)
  • AfD Demo in Dresden am 24.09.2015 (550 Teilnehmer_innen), Rede Frauke Petry (Sächsische Zeitung)
  • Aber die AfD kann aber nicht nur Flüchtlingshetze: Beim sexistischen und homofeindlichen „Marsch für das Leben“ lief die christlich-fundamentalistische AfD-Europaabgeordente Beatrix von Storch in der ersten Reihe. Mehr dazu im „Monatsüberblick September 2015: Homofeindlichkeit und Sexismus“.
     

Oktober 2015

Demos, mangelnde Abgrenzung zum Rechtsextremismus, Björn Höcke-Gate

Wie lange gelingt der AfD noch die Abgrenzung von der rechtsextremen Szene?

  • Bei der Demonstration in Rostock liefen NPD-Funktionäre offen mit, in Hamburg wurden zumindest via Facebook auch NPD-Mitglieder eingeladen (TazZeit).
  • René Augusti, Vorstandsmitglied des AfD-Kreisverbandes Salzwedel, hat auf Facebook zum Töten von politischen Gegnern aufgerufen. AfD-Landeschef André Poggenburg geht auf Abstand zu dessen Äußerung und kündigt eine Ermahnung an (mz-web.de).
  • In Sachsen forderten (überlastete?) Wutbürger_innen, AfD und Pegida sollten doch bitte zusammen demonstrieren. Dies allerdings lehnte die AfD ab – man habe ein „durchaus angespanntes Verhältnis“ zu „Pegida“ (Sächsische Zeitung)
  • Experten sehen die AfD trotzdem die Brücke zwischen #BesorgtBürgern und Neonazis schlagen. So etwa David Begrich von Miteinander e.V.:  „Die AfD bewirkt die Entgrenzung zum militanten Rechtsextremismus mit.“ (taz).
  • Soziologe Andreas Kemper untersuchte Standpunkte der Protestpartei. Vielfach denke sie kaum anderes als die NPD.
  • TLZ
  • Für Vizekanzler Sigmar Gabriel hat die AfD die Grenze zum Rechtsradikalismus längst überschritten (Die ZEIT)
  • Trotzdem sollten AfD und NPD nicht pauschal in einen Topf geworfen werden.
  • (Endstation rechtstaz)

Björn Höcke bei Günter Jauch: Ein Hartliner der „Neuen Rechten“

Am 19.10.2015 talkt Günter Jauch zum Thema „Fremdenhass“ und hat einen „echten“ Experten eingeladen: AfD-Thüringen-Chef Björn Höcke lief mit Deutschlandfahne ein und legte diese, offenbar zum Ausdruck seiner Abscheu über die  bestehenden Bundesrepublik, wie in der rechten Szene üblich, verkehrt herum auf seine Stuhllehne. Dann schwadronierte er  von „Heimatverlust“, dass Deutschland „nach tausend Jahren“ unterzugehen drohe und dass es Angstzonen für deutsche Frauen gebe. (Spiegel OnlineFocusHNAB.Z.).Dabei zeigte er, offen für alle: Höcke ist kein Rechtspopulist. Er ist  vielmehr ein Vertreter der „Neuen Rechten“, des rechts“intellektuellen“ Arms der rechtsextremen Szene (Die ZEIT).

Dies führte zu Hektik – blieb dafür aber ohne Folgen. Ermittlungen wegen Volksverhetzung laufen, haben aber wenig Chancen auf ein Verfahren (Thüringer Allgemeine). AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry distanzierte sich (und fand sich plötzlich in der Rolle, der liberale Arm der AfD zu sein, wie einst der geschasste Bernd Lucke). Seine Ämter behielt Höcke allerdings (N-TvWeltTagesspiegel). In Hessen wird geprüft, ob Höcke als Geschichtslehrer noch tragbar ist – er ist derzeit Oberstudienrat „außer Dienst“ (hessenschau.de).

Offener Brief: Thüringer Beamtenbund distanziert sich von der AfD - die kontert: „Einschüchterungsversuch“

„tbb beamtenbund“ und „tarifunion thüringen“ fordern in einem offenen Brief alle MitarbeiterInnen des öffentlichen Dienstes im Freistaat dazu auf, sich deutlich von den Positionen der AfD zu distanzieren. Die Äußerungen Björn Höckes seien nicht mit den Grundwerten vereinbar.
Thüringer Allgemeine
Die kontert - klassisch rechtspopulistisch die Tatsachen verdrehend - mit: Der Thüringer Landesverband der Alternative für Deutschland sei erschrocken über den Einschüchterungsversuch des Landeshauptvorstands des Thüringer Beamtenbunds.
Thüringer Allgemeine

Klatsch und Tratsch: 

AfD-Vorsitzende Frauke Petry trennt sich von Ehemann und Pastor Sven, mit dem sie vier Kinder hat, und ist fortan mit AfD-NRW-Chef Marcus Pretzell zusammen (auch vier Kinder mit anderer Frau) (Sächsische ZeitungFAZBILD). Die Trennung hat offenkundig (auch) politische Gründe. Hinterher postet Sven Petry flüchtlingsfreundliche Kommentare und tritt der CDU bei (ksta.de).
 

November 2015

1)     Flüchtlingskrise: AfD holt höchsten Umfragewert seit über einem Jahr

Die AfD profitiert von der Flüchtlingslage in Deutschland: In einer Umfrage kommt die rechtspopulistische Partei auf acht Prozent - ihr bester Wert seit mehr als einem Jahr. Schlechte Zahlen gab es für die Kanzlerin, berichtet Spiegel Online. In den Stuttgarter Nachrichten sind es bereits neun Prozent – und in Ostdeutschland sogar 14 Prozent, unter ostdeutschen Männern 18 Prozent. Schließlich berichten  Spiegel Online und der Tagesspiegel gar, nach den Anschlägen von Paris wäre die AfD nun drittstärkste Kraft hinter Union und SPD. Diese Zahlen dürfen allerdings auch bezweifelt werden: Der Chef des erhebenden INSA-Instituts ist bekennender AfD-Fan und hat so vielleicht inhaltliche Gründe, die AfD hoch zu schreiben (vgl. ZEIT Online)

2)    NRW-AfD-Chef: Flüchtlinge notfalls mit Schusswaffen abwehren

Wie radikal ist die AfD? Im Fall von Marcus Pretzell ist sie das zumindest offen: Denn im Fall eines gewaltsamen Grenzübertritts von Flüchtlingen hält der nordrhein-westfälische AfD-Landesvorsitzende Pretzell, den Gebrauch von Schusswaffen als "Ultima Ratio" für gerechtfertigt. "Die Verteidigung der deutschen Grenze mit Waffengewalt als Ultima Ratio ist eine Selbstverständlichkeit", sagte der umstrittene Europaparlamentarier der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur..
Berliner Morgenpost

Zustimmung bekommt er von AfD-Vize Alexander Gauland, der mehr und mehr eine Scharfmacher-Rolle für die AfD übernimmt. "Alles andere [als Waffengewalt gegen Geflüchtete ]macht keinen Sinn", meint Gauland (Spiegel Online)

3)    Das passt: Ex-CDU-Politiker Martin Hohmann kandidiert für die AfD

Comeback in Fulda: Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann kandidiert für die AfD bei der hessischen Kommunalwahl. Als einen Grund nannte der 67-Jährige die aktuelle Asylpolitik. Aus der CDU wurde er wegen einer Rede mit antisemitischen Passagen ausgeschlossen.
Die Welt

4)    Wie radikal ist die AfD – und wie erfolgreich? Analyse-Themen

AfD-Rechtsaußen Höcke ist von ganz alter Schule
Seine Anhänger jubeln dem AfD-Rechtsaußen zu. Kritiker sehen in Björn Höcke einen rechten Demagogen. Und was sagen frühere Kollegen des Oberstudienrats? Unser Autor hat sie gefragt. Interessant.
Die Welt
Vergleiche: "Rechts überholt" - Die ZEIT

Herbstoffensive der AfD: Attacke mit Hindernissen
Mit einer „Herbstoffensive“ wollte die AfD den Pegida-Boom für sich nutzen. Ein Siegeszug ist es nicht – und so manches geht nach hinten los. Interessante Reportage in der taz

Debatte Machtkampf in der AfD: Petrys Balanceakt
Die AfD punktet als Antiflüchtlingspartei. Aber intern brodelt es. Der Erfolg des Rechtsaußen Björn Höcke könnte für Petry zur Gefahr werden.
taz

Populismus als Alternative?
Für die einen ist die Alternative für Deutschland Gift für das Gesellschaftsklima, für andere die einzige Partei, die ihre Sorgen ernst zu nehmen scheint. Gut zwei Jahre nach ihrer Gründung sitzt die AfD in fünf Landesparlamenten, darunter auch in Brandenburg. Was hat sie dort geleistet? Und wo will sie hin? 
RBB

5)    AfD Demos

  • 07.11.2015, Berlin: 5.000 AfD-Anhänger_innen zu „Asylchaos und Eurokrise stoppen“, Gegendemo 1.500, mit höchster Führungsriege Frauke Petry, Beatrix von Storch, Alexander Gauland; der vergleicht Flüchtlinge mit „Barbaren“, die „den Limes überranten“; auch dabei: NPD-Funktionär Uwe Meenen, im Vorfeld Übergriff auf den Piraten-Abgeordnete Oliver Höfinghoff  (TagesspiegelEndstation RechtsDie ZEITtazBILD). Fotograf Kaveh Rostamkhani wird während der Abschlusskundgebung der AfD "mehrfach bedrängt und behindert und beleidigt" worden sei. Auch der für die "heute-show" tätige Kabarettist Ralf Kabelka bekam auf der AfD-Demo Gegenwind – auch körperlicher Art (Tagesspiegel; vgl. Süddeutsche Zeitung, vgl. B.Z.:“Fremdschäm-Quiz: Was ist noch AfD? Was schon Pegida?“)
  • Düsseldorf: AfD: 70 vs. 350 (wz-newsline)
  • 18.11.2015, Erfurt: AfD-Kundgebung nach Terroranschlägen mit mehr Zulauf: 3.500 Teilnehmer_innen (Vorwoche: 2.100); Björn Höcke fordert "mehr Männlichkeit" (Die Weltmdr)
  • 18.11.2015, Magdeburg: 1500 AfD-Anhänger demonstrieren in Magdeburg (Die Welt)
  • 18.11.2015, Annaberg-Buchholz: Etwa 1200 Teilnehmer wurden am Dienstagabend zur ersten AfD-Kundgebung im Erzgebirgskreis gegen die aktuelle Asylpolitik gezählt (Freie Presse)
  • 18.11.2015, Leipzig: Petry sprach vor 250 Anhänger_innen (LVZ, längere Analyse in der L-IZ)
  • 18.11.2015, Pritzwalk: AfD-Demo direkt neben Friedensgebet mit 200 Teilnehmer_innen (maz)
  • 21.11.2015, Mainz:  300 AfD-Anhänger, 1.000 Gegendemonstrant_innen. Aus Protest singen Mitarbeiter des Staatstheaters Mainz lautstark die "Ode an die Freude" von Beethoven - und werden dafür von der Polizei (!) angezeigt (SWR)
  • 25.11.2015, Cottbus: 600 AfD-Anhänger_innen, 150 Gegendemonstrant_innen (Niederlausitz.aktuell). ZDF-Fernsehjournalistin Britta Hilpert wird von Demonstranten angerempelt und geschubst. AfD-Vize Alexander Gauland "entschuldigt" sich: Das ZDF sei mit seinem "Willkommensfernsehen" selbst schuld an solchen Reaktionen (Handelsblatt).
  • 28.11.2015, AfD-Bundesparteitag in Hannover: 1.200 protestieren (NDR)

6) AfD & Flüchtlingsfeindlichkeit

"Flüchtlinge gehen ja nicht freiwillig. Auch bei den Juden gab es Möglichkeiten" - Video zeigt Skandal-Diskussion bei AfD-Veranstaltung
Die Aussagen der Parteigrößen sind harmlos gegen das, was am 4. November auf einer AfD-Veranstaltung mit dem Titel "Sicherheit in Europa" in Euskirchen in Nordrhein-Westfalen passierte. Wie der "WDR" berichtet, wurde an dem Tag über die Flüchtlingskrise debattiert. Ein Teilnehmer sagte, dass Flüchtlinge, die keinen Schutz benötigten, wieder in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden müssten. Und was passiert mit denen, die sich nicht zurückschicken lassen wollen, fragte einer Teilnehmer? Die Antwort eines Mannes in einem grauen Kapuzenpullover ist laut dem "WDR"-Bericht (hier das Video) schockierend: "Man muss sich nur an den zweiten Weltkrieg erinnern, an unsere eigene Geschichte. Was haben wir denn mit den Juden gemacht? Da gab es ja auch Möglichkeiten. Man muss gar nicht übertreiben, aber etwas anderes wird bald gar nicht mehr möglich sein. Die Flüchtlinge gehen ja nicht freiwillig." 
Huffington Post

Terror und Asyl: Gauland sieht Verbindung
Alexander Gauland ist schon häufiger mit fragwürdigen Aussagen aufgefallen (siehe auch oben). Nun hat er eine Verbindung zwischen den Terroranschlägen in Paris und der aktuellen Flüchtlingspolitik gezogen. „Natürlich“ gebe es eine Verbindung zwischen den Anschlägen und dem „unkontrollierten Zustrom“ von Flüchtlingen, so Brandenburgs AfD-Vorsitzender. Dabei fabulierte er von "Horden junger Männer, gut gekleidet, durchtrainiert, frisch frisiert, die da an den Hauptbahnhöfen aus den Zügen sprangen". Aha?! (maz-online.deSpiegel Online) Dann legte er im Landtag Brandenburg noch einmal nach: freiwillige Flüchtlingshelfer seien „nützliche Idioten“. Wörtlich sagte er: "Die Kommunen sind mit ihren Mitteln am Ende und die zugegebenermaßen bewundernswerten freiwilligen Helfer werden immer mehr, Entschuldigung, zu nützlichen Idioten einer verantwortungslosen Utopie herabgewürdigt." (Tagesspiegel)

AfD-Bundesparteitag in Hannover: Flüchtlingsfeindlichkeit und "Pinocchio-Presse"
Flüchtlingsfeindlichkeit ist auch ein Top-Thema auf dem AfD-Bundesparteitag am 28. und 29.11.2015 in Hannover, bei dem sich die AfD-Führung vor allem um Einigkeit bemüht, um ihre Erfolge als Anti-Asyl-Partei nicht durch parteiinterne Streitigkeiten über Radikalität zu gefährden. So wird ein Asylkurs festgelegt, bei dem kaum Flüchtlinge übrig blieben: Das Asylrecht müsse eingeschränkt, der Familiennachzug begrenzt oder gestrichen, Asyl-Obergrenzen eingeführt, die „nationale Identität“ geschützt werden, heißt es darin. Das Asylrecht solle der „Sicherheit des Staates und seiner Bevölkerung untergeordnet“ werden. Alle Flüchtlinge, die Deutschland auf dem Landweg erreichen und somit über sichere Herkunftsländer einreisen, sollen in Zukunft abgelehnt werden. Flüchtlinge, die nicht registriert oder identifizierbar seien, also wie viele keine Papiere vorlegen, sollen das Recht auf Asyl verlieren. Nimmt man das alles zusammen dürften kaum Flüchtlinge übrig bleiben. Zudem wird die Junge Alternative, immer noch etwas radikaler und rechter ist als die Partei, als Jugendorganisation der AfD anerkannt (tazTagesspiegel). Außerem: Merkels Rücktritt gefordert. Was aber fast noch mehr in Erinnerung bleiben wird: Frauke Petry zeigte sich kreativ und verwendete statt der beliebten "Lügenpresse" die "Pinocchio-Presse", die sie aufforderte "über sich selbst zu lachen" (Huffington Post). Mehr gelacht wurde allerdings über Petry, als sie wenige Tage später zum Bundespresseball ging (Tagesspiegel).

Kollaboration mit NPD und anderen rechten Kräften

NPD-Ordner sicherten Rede von AfD-Landtagsabgeordneter in Mittweida
Der NPD-Parteinachwuchs „Junge Nationaldemokraten“ half offensichtlich als Ordner bei einer AfD-Demo aus. Am 31. Oktober hatte die Anti-Euro-Partei zum Protest gegen die Asylpolitik auf den Marktplatz in Mittweida geladen und rund 400 Leute kamen. Von der Bühne aus wetterte u.a. die AfD-Landtagsabgeordnete Andrea Kersten (50) laut gegen Merkel. Der NPD-Nachwuchs war als Ordner dabei. Dies beweisen Fotos auf der Facebook-Seite der „JN Mittelsachsen“. Darauf posiert Aktivist Maik P. (27), wie er mit Ordner-Binde auf die AfD aufpasst. (BILD)

Thüringer Landtag: AfD schickt Burschenschafter in Innenausschuss
Und zwar den Bundessprecher der Deutschen Burschenschaft, Torben Braga, gerade Praktikant bei der AfD. Teile der Deutschen Burschenschaft gelten als rechtsextrem, einige Verbände werden vom Verfassungsschutz beobachtet (mdr).

Thüringen: AfD will neurechte Wochenzeitung "Junge Freiheit" in Landtags-Presseschau (mdr)

8)    Kritik an AfD

Ex-AfD-Vize Olaf Henkel: „Ic​h habe geholfen, ein Monster zu schaffen“
Wer gehofft hat, die internen Querelen der AfD würden zum frühen Ende der neuen Rechtspartei führen, sieht sich getäuscht. Die Gegner einer großzügigen Asyl-Politik haben eine politische Heimat gefunden. In Berlin demonstrieren bei der AfD auch Neonazis mit. Der frühere Vize-Vorsitzende der AfD, Hans-Olaf Henkel, sieht einen Rechtsruck seiner ehemaligen Partei. Die AfD sei mittlerweile zu einer „NPD light“ geworden, sagte er dem WDR-Magazin „Westpol“. „Ich mache mir schon Sorgen, denn ich darf daran erinnern, dass ich mit Herzblut für diese neue Partei gekämpft habe. Es macht mir Kummer, dass ich mitgeholfen habe, ein richtiges Monster zu erschaffen.“ Henkel war bis April 2015 stellvertretender Vorsitzender der Alternative für Deutschland. Er wurde 2014 für die Partei ins Europaparlament gewählt, dem er bis heute angehört.
Handelsblatt.com

9)   Vermischtes

Mädchen vergewaltigt? Video: AfD-Mann erfindet Flüchtlings-Verbrechen – und fliegt vor der Kamera auf
Gerade in Kreisen von AfD und Pegida scharen sich gerne haltlose Gerüchte und Vorurteile um Flüchtlinge und vermeintliche Kriminalität. Dass dafür auch blanke Lügen aufgetischt werden, beweist jetzt der AfD-Politiker Uwe Wappler aus Niedersachsen. In der ARD-Sendung „Panorama“ erfindet Wappler vor laufender Kamera die Geschichte eines zwölfjährigen Mädchens, das im Bereich Unterweser von einem Flüchtling vergewaltigt worden sein soll. Doch mit wenigen Fragen kann der Reporter den Politiker auflaufen lassen.
Berliner Kurier

Eklat an der Schaubühne - AfD-Sprecher Lüth filmt "Fear"-Aufführung

Rechtspopulismus, Pegida und auch die AfD sind Themen, mit denen sich das Stück "Fear" an der Berliner Schaubühne auseinandersetzt. Sehr zum Missfallen der Alternative für Deutschland. Parteisprecher Christian Lüth filmte einem Medienbericht zufolge eine Aufführung - und zog sich damit den deutlichen Unmut der Schauspieler zu.
RBB-Online
Diese wiederum zogen sich – mit der deutlichen Benennung der AfD und ihrer christlichen Hardlinerin Beatrix von Storch – den Unmut der AfD-Anhänger_innen zu: Und der geht bis zu Drohanrufen bei Regiesseur Falk Richter und Beschmierungen des Vorplatzes der Schaubühne (Tagesspiegel).
 

Dezember 2015

AfD-Parteitag in Hannover

Die Themen:

  • Frauke Petry: Hass auf Flüchtlinge sei kein Ursache von Gewalt, sondern ein "Symptom einer nicht vorhandenen Diskussion" 
  • André Poggenburg, Landeschef und Spitzenkandidat in Sachsen-Anhalt, verkündet das Credo: „Nichts schadet uns mehr als ein Bild der inneren Zerrissenheit.“ Auf der Bühne waren im Hintergrund Slogans der Partei „Ändern Sie nicht ihre Meinung. Ändern Sie die Politik“ projiziert.
  • Frauke Petry findet, die "Lügenpresse" solle man doch als "Pinocchio-Presse" bezeichnen, und fordert, Merkel solle zurücktreten
  • Der niedersächsische Landesvorsitzende Armin-Paul Hampel schlägt eine allgemeine Wehrpflicht für alle syrischen und irakischen Männer zwischen 18 und 45 Jahren vor -– also Bürgerkriegsflüchtlinge nach der Genfer Konvention, – um sie in den bewaffneten Kampf gegen den IS  zurückzuschicken.
  • Björn Höcke forderte Fehlanreize in der Asylpolitik abzubauen, weg von Geldleistungen, sagte Ja zum Asylrecht, das aber vor Wirtschaftsflüchtlingen geschützt werden müsste.
  • Das Manifest der Parteiführung zur Flüchtlingskrise fiel krachend durch. Stattdessen wurde eine schärfere Gegenresolution des NRW-Landesvorsitzenden Martin Renner beschlossen.
  • Das Asylrecht müsse eingeschränkt, der Familiennachzug begrenzt oder gestrichen, Asyl-Obergrenzen eingeführt, die „nationale Identität“ geschützt werden
  • Das Asylrecht solle der „Sicherheit des Staates und seiner Bevölkerung untergeordnet“ werden.
  • Alle Flüchtlinge, die Deutschland auf dem Landweg erreichen und somit über sichere Herkunftsländer einreisen, sollen in Zukunft abgelehnt werden, heißt es weiter.
  • Flüchtlinge, die nicht registriert oder identifizierbar seien, also wie viele von ihnen keine Papiere vorlegen können, sollen das Recht auf Asyl verlieren.
  • Damit bleiben praktisch keine Flüchtlinge übrig.
  • Die "Junge Alternative" ist jetzt offiziell die Jugendorganisation der AfD.
  • http://www.tagesspiegel.de/politik/nach-dem-parteitag-von-hannover-die-reaktion-auf-die-afd-muss-kuehl-sein/12655020.html
  • http://www.bnr.de/artikel/hintergrund/zweite-geburt-der-afd Die
  • Gegenaktionen: Die Mitarbeiter des Staatstheaters Hannover singen zur "Begrüßung" der AfD eine halbe Stunde lang recht lautstark Beethovens "Ode an die Freude". Die AfD zeigt sie an.
  • http://www.staatstheater-hannover.de/schauspiel/index.php?m=&f=06_news&ID_News=658
     

Björn Höcke und der "lebensbejahende afrikanische Ausbreitungstyp"
 

AfD-Vorstand rügt Höcke wegen „unsinniger“ Äußerungen über Afrikaner - der entschuldigt sich

Nach einer umstrittenen Rede zur Asylpolitik hat sich Thüringens AfD-Chef Björn Höcke vom Bundesvorstand seiner Partei eine Rüge eingefangen - wegen „politischer Torheit“. Höcke hatte Ende November in einem Vortrag zur Asylpolitik erklärt, der „lebensbejahende afrikanische Ausbreitungstyp“ treffe in Europa auf den „selbstverneinenden europäischen Platzhaltertyp“. Jörg Meuthen, neben Frauke Petry zweiter Parteivorsitzender, sagte dazu: „Seine Ausführungen sind sachlich unsinnig, entbehren wissenschaftlicher Substanz und laden zu Fehldeutungen als rassistische Aussagen geradezu ein.“ Sie seien eine „politische Torheit“.

Höcke entschuldigt sich schließlich: Er habe doch ein "christliches Menschenbild".

vgl. Führt Höcke die AfD ins rechtsextreme Spektrum?

Der Thüringer AfD-Fraktionschef Höcke sorgt seit Wochen für Schlagzeilen – zuletzt durch eine Rede, in der er „Reproduktionsstrategien“ von Menschen und Tierrassen in einen Zusammenhang brachte. Wissenschaftler der Uni Jena werfen nun die Frage auf, ob Höcke die AfD zu einer rechtsextremen Partei forme, die nach einem möglichen NPD-Verbot als Auffangbecken dienen könnte.

Und noch mehr Björn Hö href="http://www.tlz.de/web/zgt/politik/detail/-/specific/AfD-Chef-Hoecke-verklagt-Ex-Parteifreund-Helmerich-1150577658">tlz)

  • In der »Bild«-Zeitung ist nun von einer Rede Höckes vor der AfD-Nachwuchsorganisation »Junge Alternative« die Rede, in der dieser Christentum und Judentum als unversöhnlichen Gegensatz bezeichnet habe. Beide Religionen stellten »einen Antagonismus dar. Darum kann ich mit dem Begriff des christlich-jüdischen Abendlands nichts anfangen«, soll Höcke erklärt haben. Höcke bestätigte die Äußerung, sagte aber, er habe damit »keine Kritik am Judentum« verbunden.

AfD: Petry fordert Höcke zum Rücktritt auf - Höcke bekommt Beistand von Gauland

Björn Höcke solle wegen rassistischer Äußerungen aus der Partei austreten, hatte AfD-Chefin Petry offen verlangt. Vize Gauland ist empört und bezeichnet das als "unfair". Der AfD-interne Streit über den Umgang mit dem Thüringer Landeschef Björn Höcke spaltet zusehends die Partei. Nun stellt sich AfD-Vize Alexander Gauland offen gegen die Vorsitzende Frauke Petry, die Höcke im MDR offen zum Parteiaustritt aufgefordert hatte. Gauland kritisiert das: "Der Bundesvorstand hat ausdrücklich keine Maßnahmen gegen Björn Höcke beschlossen und ihn nicht verurteilt. Ich finde es falsch und zutiefst unfair, dass sie das jetzt umdeutet und etwas anderes vertritt", sagte er der Bild-Zeitung. Der Bundesvorstand hatte einen Parteiausschluss Höckes am Freitag vermieden, ihn aber aufgefordert zu prüfen, "inwieweit seine Positionen sich noch in Übereinstimmung mit denen der AfD befinden" – das kommt einer Aufforderung zum Austritt sehr nah. Die Bundesspitze empfand die Äußerungen Höckes schon mehrfach als zu weit rechts, was immer zu Streit führte. Geblieben ist er, in allen Funktionen, dennoch.

AfD-Demonstrationen

Neues Parteiengesetz: Von Storch: "Das ist ein Anschlag auf die Existenz der AfD"

Die AfD befürchtet einem Zeitungsbericht zufolge Millionverluste: Die von der großen Koalition für Januar angestrebte Verschärfung des Parteiengesetzes könnte die "Alternative für Deutschland" in Finanznöte stürzen. Hintergrund sei, dass die Partei nach den dann geltenden Regeln nicht mehr die erzielten Umsätze aus ihren Goldverkäufen geltend machen könne, um in den Genuss einer höheren staatlichen Parteienfinanzierung zu kommen, berichtete das "Handelsblatt". "Das ist ein Anschlag auf die Existenz der AfD", sagte die AfD-Vizevorsitzende Beatrix von Storch der Zeitung. Sie befürchte, dass ihre Partei nun 1,7 Millionen Euro an bereits geflossenen Abschlägen an den Staat zurückzahlen müsse. "Im Wahljahr 2017 werden uns weitere 1,7 Millionen Euro fehlen, die wir bereits fest eingeplant haben - für uns müsste dann der Bundestagswahlkampf ausfallen", sagte von Storch. Obwohl die Gesetzesänderung nicht überraschend komme, habe die Partei offenbar keine Vorsorge für den Ernstfall getroffen, schrieb das "Handelsblatt". 

Die sechs Rhetorik-Tricks der Frauke Petry

Gegen die AfD-Vorsitzende kommt in Talkshows scheinbar niemand an. Doch nicht etwa wegen ihrer Argumente, sondern weil viele auf ihre Ausweichtricks hereinfallen.

1.) Reden, reden reden, bis das Thema stimmt.
2.) Die anderen haben aber auch…
3.) Das Thema ist kein Thema.
4.) Die angeblich falschen Begrifflichkeiten.
5.) Ist doch alles nur Spaß.
6.) Niederbrüllen.

http://www.opinion-club.com/2015/12/die-sechs-rhetoriktricks-der-frauke-petry/?utm_content=buffer01e92&utm_medium=social&utm_source=facebook.com&utm_campaign=buffer
 

Der völkische Shitstorm bei der FAZ

Die FAZ erklärt in einem Kommentar Pegida zu einer Art außerparlamentarischer Vorfeldorganisation der AfD. Das mögen AfD-Fans nicht, der Shitstorm beginnt. Die AfD ist beleidigt und postet auf Facebook eine AfD-blauen Grafik: »Linksfaschistische Propaganda in der f.a.z.«. Auch Parteichefin Petry ließ sich zu einer Äußerung via Twitter hinreißen: »Neu in der F.A.Z.: Hass & Hetzjournalismus auf niedrigstem Niveau.«  Viele Kommentatoren gaben sich offenbar unterbewusst besonders viel Mühe, die von Zastrow aufgestellte These einer neuen völkischen Bewegung weitere Beweise zu liefern.

Schaubühne Berlin: "Fear" siegt über die Angst von AfD und Pegida

Ein Gerichtstermin wie ein Dramolett: Die Berliner Schaubühne wehrt eine Einstweilige Verfügung der AfD gegen Falk Richters Polit-Stück „Fear“ ab. Das Stück darf unverändert gespielt werden.

Hans-Olaf Henkel: "Die Bedrohung von rechts hab ich unterschätzt"

Einst begeistertes Mitglied, heute desillusioniert: In der ZEIT rechnet Hans-Olaf Henkel mit der AfD ab. Der Europaabgeordnete und frühere AfD-Spitzenpolitiker Hans-Olaf Henkel kämpft gegen seine frühere Partei: "Ich fühle mich verpflichtet, alles zu tun, um zu verhindern, dass diese AfD Fuß fasst, so wie sie heute dasteht", sagte der Ex-Manager der ZEIT. "Das ist für mich auch eine Art, ich will mal sagen: Korrektur dessen, was ich mitgeholfen habe anzurichten.

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