Amadeu Antonio Stiftung

Amadeu Antonio Stiftung begrüßt Strategie der Bundesregierung zur Extremismusprävention und Demokratieförderung - aber: „Hoher Weiterentwicklungsbedarf“

Die Bundesregierung hat am 13.07.2016 in Berlin eine „Strategie der Bundesregierung zur Extremismusprävention und Demokratieförderung“ vorgestellt. Diese soll die vorhandenen Maßnahmen im Bundesfamilien- und Bundesinnenministerium bündeln, koordinieren und Leerstellen sichtbar und bearbeitbar machen.
 

Presseerklärung der Amadeu Antonio Stiftung

Dazu erklärt der Stiftungskoordinator der Amadeu Antonio Stiftung, Timo Reinfrank:

„Wir begrüßen es außerordentlich, dass die Bundesregierung endlich eine Strategie zur Demokratieförderung vorlegt. Sie ist ein wichtiger erster Schritt, um das Engagement des Bundes systematisch weiter zu entwickeln, zu evaluieren und blinde Flecken zu identifizieren. In der Vergangenheit wurde immer wieder deutlich, dass die einzelnen Maßnahmen der unterschiedlichen Ministerien überhaupt nicht untereinander abgestimmt waren. Gleichwohl zeigt die Strategie der Bundesregierung auch, wie unübersichtlich das Engagement zur Demokratieförderung zurzeit noch ist. Hier wäre es in Zukunft angeraten, stärker zu priorisieren, einzelne Maßnahmen herauszuarbeiten und mit konkreten überprüfbaren Zielen zu versehen.“

Leerstellen werden deutlich

„Gerade im Vergleich mit den federführenden Bundesministerien für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie des Innern wird deutlich, wie wenig sich andere Bundesministerien engagieren. Beispielsweise sollte die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus im ländlichen Raum aufgrund der steigenden Zahl völkischer Siedler ein zentrales Thema für das Landwirtschaftsministerium sein. Auffällig ist auch, dass die Umsetzung der Strategie zu großen Teilen bei der Zivilgesellschaft verortet wird, aber wenig eigene Maßnahmen der unterschiedlichen Ministerien aufgelistet werden. So bleibt es vollkommen unklar, warum im Kontext des Versagens beim NSU-Komplex nicht stärker die Auseinandersetzung mit Rassismus bei den nachgeordneten Sicherheitsbehörden im Dienstbereich des Innenministeriums beleuchtet wird. Ebenso fehlen vollständig Maßnahmen und die Perspektive des Justizministeriums, insbesondere vor der Notwendigkeit eines stärkeren Opferschutzes oder der geringen Aufklärungsquote bei schweren Straftaten gegen Asylsuchende und deren Unterkünfte. Diese Leerstellen machen den hohen Weiterentwicklungsbedarf der Strategie deutlich.“

Engagement dauerhaft sichern

„Die Strategie macht auch deutlich, wie notwendig das dauerhafte Engagement der Zivilgesellschaft zur Demokratieförderung ist. Gerade deswegen muss auf Grundlage der gemeinsamen Empfehlungen aller Parteien im Abschlußbericht des NSU-Untersuchungsausschusses, die im Koalitionsvertrag anvisierte bundesgesetzliche Regelung zur dauerhaften Förderung („Demokratiefördergesetz“) geschaffen werden, um endlich mit der von Bundesministerin Schwesig zu Recht vielfach kritisierten ‚Projektitis‘ Schluss zu machen.

Auch bleiben nach wie vor andere gravierende Probleme für die zivilgesellschaftlichen Träger auf Bundesebene bestehen, wie etwa die Fragen der Kofinanzierung für die Projektarbeit. Das Bundesprogramm "Demokratie leben!" des Bundesfamilienministeriums finanziert i. d. R. maximal 80 % der Projektkosten, woher die fehlenden 20 % kommen sollen, ist häufig vollkommen unklar.“

 

Über die Stiftung

Seit ihrer Gründung 1998 ist es das Ziel der Amadeu Antonio Stiftung, eine demokratische Zivilgesellschaft zu stärken, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wendet. Die gemeinnützige Stiftung steht unter der Schirmherrschaft von Wolfgang Thierse.

Vgl.: Extremismusprävention: Gewalt von allen Seiten gleichermaßen bekämpfen (Deutschlandfunk)

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