In Zukunft wird sie ihren eigenen AfD-"Newsroom"haben, der über ihre Reden berichtet.
Screenshot Facebook vom 12.02.2018

AfD plant Medienoffensive mit eigenem "Newsroom"

Die AfD-Fraktion im Bundestag will eine „Gegenöffentlichkeit“ schaffen und plant die Einrichtung eines eigenen „Newsrooms“. Verbreitet werden sollen die Inhalte vor allem in den sozialen Medien. Angekündigt werden  ab April „journalistisch sauber“ erarbeitete Nachrichten aus der AfD - und natürlich “Themen, die unter den Teppich gekehrt werden.”

 

Von Kira Ayyadi

 

Das Verhältnis der AfD zu den klassischen Medien ist ambivalent:  Einerseits  kritisiert  sie   Medien  als  „Lügen“-, zumindest aber „Lücken-“ oder „Pinocchio-Presse“. Die Partei fühlt sich von “der Presse”, die stets als monolithisch-feindlicher Block dargestellt wird,  unfair behandelt. Besonders heftige Kritik übt sie am öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dieser sei zwangsfinanziert und undemokratisch. Kritische Journalist_innen werden von Parteiveranstaltungen ausgeschlossen. Andererseits braucht die AfD die Medien, damit ihre Provokationen in die Öffentlichkeit hineingetragen werden.

Nach einem Bericht des Magazins „Focus“ plant die AfD-Bundestagsfraktion nun offenbar die Einrichtung ihres eigenen „Newsrooms“, um so „Nachrichten“ gezielt anzubieten und zu steuern. Alice Weidel bezeichnet das Vorhaben als „eine innovative Zeitenwende in der Bundesrepublik“. Grund für diese PR-Offensive ab April sei die Missachtung oder negative Darstellung der AfD in vielen Medien. „Solange die AfD von vielen Medien ignoriert oder mit Fake News gezielt schlecht gemacht wird, kann es nur diesen Weg geben“, so Weidel.

 

„Newsroom“ soll rund um die Uhr besetzt sein

Neben der klassischen Pressestelle sollen rund 20 Mitarbieter_innen für den „Newsroom“ tätig sein. Dem „Focus“-Bericht zufolge sollen die Mitarbeiter_innen im Schichtbetrieb rund um die Uhr arbeiten. Drei von ihnen sollen sich auf Recherchen spezialisieren und Themen ausfindig machen, die laut Weidel „unter den Teppich gekehrt werden“. Diese Themen sollen dann „journalistisch sauber für die Öffentlichkeit“ aufgearbeitet werden. Dazu werde in den Fraktionsräumen der AfD im Berliner Jakob-Kaiser-Haus auch ein eigenes TV-Studio eingerichtet.

„In dem neuen Newsroom soll die Arbeit gebündelt werden und damit auch die Reichweite verbessert werden“, bestätigt Daniel Tapp, persönlicher Pressereferent Weidels, gegenüber der DW. Laut Tapp solle die geplante Berichterstattung schwerpunktmäßig auf parlamentarischen Initiativen und der Parlamentsarbeit der Fraktionen liegen. „Die einzelnen Initiativen von AfD-Abgeordneten haben medial nicht so eine hohe Durchschlagskraft“, sagt Tapp. Dies solle jetzt besser koordiniert werden. Insbesondere die Aktivitäten in den sozialen Medien sollten professioneller werden. Mit unprofessioneller Social Media-Arbeit, die etwa von einem Mitarbeiter geleitet wurde, der zuvor im Autohandel tätig war (vgl. FAZ, Merkur),  konnte die AfD bisher im Vergleich mit anderen Parteien überproportional hohe Follower-Zahlen in den sozialen Netzwerken erreichen.  Offenbar sieht sie aber weiterhin Verbesserungsmöglichkeiten.

 

Die Finanzierung der AfD-Nachrichten

Finanziert werden soll die Kommunikationsabteilung aus den Mitteln, die die Fraktion erhält, sagte AfD-Sprecher Christian Lüth dem Evangelischen Pressedienst (epd). Laut Abgeordnetengesetz haben die Fraktionen und ihre Mitglieder das Recht, die Öffentlichkeit über ihre Arbeit zu unterrichten. Die Geld- und Sachleistungen, die jeder Fraktion zustehen, dürfen die Fraktionen allerdings nur für Aufgaben verwenden, die sie nach dem Abgeordneten- und dem Grundgesetz sowie der Geschäftsordnung des Bundestages haben. „Eine Verwendung für Parteiaufgaben ist unzulässig“, heißt es in dem Gesetz. Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags kamen 2006 zu dem Schluss, dass die Fraktionen mit ihrer Öffentlichkeitsarbeit insbesondere nicht in Wahlkämpfe eingreifen dürfen, so der epd.

Im Nachhinein kann der Bundesrechnungshof die Ausgaben der Fraktionen daraufhin überprüfen, ob sie in unzulässiger Weise auch für Belange der Partei eingesetzt worden sind. Bei diesen Prüfungen sei in der Vergangenheit auch die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen ein Thema gewesen, sagte der Sprecher des Bundestages, Frank Bergmann, dem epd.

 

“Abteilung für Agitation und Propaganda”

Politiker_innen kämpft um Mehrheiten, Journalist_innen für die Wahrheit. Journalist_innen decken politische Fehlleistungen auf, Politiker_innen versuchen eher, diese zu vertuschen - zumindest, wenn sie sie selbst oder ihre Partei betreffen. Alleine anhand dieser Zielsetzung ist objektiver Journalismus, betrieben von Parteien oder Politiker_innen, praktisch unmöglich. Wer Geld von einer einzigen Partei bekommt, ist nicht unabhängig, sondern interpretiert die Welt aus der Sicht der Partei - das ist dann Öffentlichkeitsarbeit, aber kein Journalismus.

Die Berichte, die ab April aus dem AfD-„Newsroom“ kommen sollen, werden die politische Agenda der AfD verfolgen und  sollen ja auch die parlamentarische Arbeit der AfD darstellen, die die rechtspopulistische Partei in anderen Medien “verschwiegen” sieht. So bezeichnete auch der stellvertretende Fraktionssprecher der Linken, Hanno Harnisch, den geplanten “Newsroom” als “die Gründung einer Abteilung für Agitation und Propaganda”.

 

Zum Inhalt

Vergangenes Jahr hatte der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen mit einer Klage gedroht, um öfter in Talkshows eingeladen zu werden. Zur Begründung sagte er damals dem „Focus“: „Es ist schwer, mit Themen durchzudringen, wenn sie vor allem von den öffentlich-rechtlichen Medien nicht transportiert werden“. Um welche Themen es sich hier handelt, ist nicht schwer zu erraten, schließlich hat die AfD inhaltlich wenig zu bieten, wenn es nicht gerade um Hetze gegen Geflüchtete oder den Islam geht.

Im Strategiepapier der AfD zum Bundestagswahlkampf 2017 heißt es beispielsweise explizit: Ziel sind „wenige, sorgfältig ausgewählte und kontinuierlich bespielte Themen von Bedeutung. Sie müssen so aufbereitet und vermarktet werden, dass die AfD mit ihnen in der Öffentlichkeit identifiziert wird, ihre bisherigen Alleinstellungsmerkmale verteidigt und einige wenige neue hinzugewinnt.“ Wichtiger ist „mehr Erfolg als immer wieder Neues zu bringen. Konzentration auf Eingängiges geht vor Vollständigkeit,  harte  und  provokante  Slogans  sind  wichtiger als lange, um Differenzierung bemühte Sätze, die es allen recht machen wollen.“ Laut des Strategiepapiers sollen gar einige Themen umschifft werden. So sehe die AfD in Wirtschafts- und Sozialpolitik eine zu große Spaltungs-Gefahr der eigenen Wählerschaft. Diese Themen dürften dann wohl auch in den Inhalten des „Newsrooms“ umgangen werden.

 

Verglichen mit den anderen Parteien im Bundestag, gibt es bereits überdurchschnittlich viele reichweitenstarke Online-Medien, die die Werbetrommel für die AfD rühren. Wie notwendig, beziehungsweise erfolgsversprechend dann ab April ein eigener AfD-„Newsroom“ für die parlamentarische Arbeit sein wird, bleibt daher abzuwarten.

 

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