Die neue Führungsriege der AfD nach dem Bundesparteitag im Dezember 2017 in Hannover. Die Führung hat sich deutlich Richtung völkischem Nationalkonservatismus verschoben.
dpa

AfD-Bundesparteitag 2017: Radikalisierte Führung

Die AfD hat auf einem Bundesparteitag in Hannover am 02.und 03.12.2017 einen neuen Bundesvorstand gewählt. Der ist erwartungsgemäß weiter rechtsaußen als die Partei es je zuvor war. Mittlerweile gelten Vertreter_innen als gemäßigt, die Hass auf Muslime schüren, NS-Vokabular verwenden oder auf die Leistungen deutscher Soldaten in den zwei Weltkriegen stolz sein wollen.

Die offene Glorifizierung des Nationalsozialismus fehlt noch zur komplett rechtsextremen Partei, aber die „Alternative für Deutschland“ vereint sonst praktisch alle Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im neuen Parteivorstand. Journalist_innen bezeichnen den nun massiv gestärkten radikalisierten rechten Flügel der AfD als „nationalkonservativ“, „rechtsnational“ oder „völkisch“.

 

Hier die Übersicht, wer nun die AfD führt.

 

Bundessprecher

Bundessprecher I: Jörg Meuthen

  • 56, Wirtschaftswissenschaftler, AfD Baden-Württemberg

  • Gewählt mit 72 Prozent der Stimmen.

  • War Bundessprecher der AfD seit 2015 zusammen mit Frauke Petry, nach deren Parteiaustritt im September 2017 alleine.

  • Wir wollen weg von einem links-rot-grün verseuchten 68er-Deutschland, von dem wir die Nase voll haben.“ (Bundesparteitag 2017), „Wir wenden uns dagegen, eine Zuwanderung in einer so großen Zahl sehenden Auges zuzulassen, dass wir unser eigenes Land schon in wenigen Jahren nicht mehr wiedererkennen werden.“ (2016)

  • Sitzt außerdem seit 2017 als Ersatz für Beatrix von Storch, die als Teil der AfD-Fraktion in den Bundestag eingezogen ist, im Europaparlament und zeitgleich für die AfD im Landtag von Baden-Württemberg, mittlerweile als normales Fraktionsmitglied, vor seinem Wechsel nach Brüssel war er zeitweilig Vorsitzender der AfD-Fraktion

  • Gilt als Vertrauter der Rechtsaußen-Fraktion „Der Flügel“; gegen einen Parteiausschluss von Björn Höcke.

Hat der Innenminister nicht gemacht. Er hat die Arbeit der Sicherheitskräfte gelobt.

 

Bundessprecher II: Alexander Gauland

  • 76, Jurist und Publizist

  • Gewählt mit 67,8 Prozent der Stimmen; eigentlich wollte er nur einen Stellvertreter-Posten, stellte sich dann aber in einer Patt-Situation bei der Wahl zum zweiten Bundessprecher zur Wahl

  • Außerdem Fraktionsvorsitzender der AfD-Fraktion im Bundestag

  • War auch Fraktionsvorsitzender der AfD im Brandenburgischen Landtag und dessen Alterspräsident

  • Zitat z.B. „Ladet sie mal ins Eichsfeld ein, und sagt ihr dann, was spezifisch deutsche Kultur ist. Danach kommt sie hier nie wieder her, und wir werden sie dann auch, Gott sei Dank, in Anatolien entsorgen können.“ (über Bundesintegrationsbeauftrage Aydan Özoğuz, August 2017); beim Kyffhäuser-Treffen der radikalisierten rechten „Flügels“ vertrat Gauland die Ansicht, Deutsche hätten „das Recht, stolz zu sein auf Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen“ (September 2017)

  • Ehemaliges CDU-Mitglied; gilt als Vertrauter der radikalisierten rechten Fraktion „Der Flügel“; ist gegen einen Parteiausschluss von Björn Höcke.

  • Gilt aber auf diesem Bundesparteitag außerdem als „Versöhner“ zwischen dem radikalisierten und dem gemäßigten rechten Flügel der AfD

Weil Gabriel in einem Interview 2017 gesagt hat, mit der AfD zögen "echte Nazis" in den Bundestag.

 

Stellvertretende Bundessprecher:

 

Georg Pazderski

  • Diplombetriebswirt und Berufsoffizier, AfD Berlin

  • Angetreten als Kandidat für den Posten des Bundessprechers; zwei Patt-Wahlgänge mit Gegenkandidatin Doris von Sayn-Wittgenstein, AfD Schleswig-Holstein und Vertreterin des radikalisierten rechten „Flügels“ (der erste ging 47 zu  49 Prozent für Sayn-Wittgenstein aus, der zweite 49 zu 48 Prozent für Pazderski, vgl. Welt);  dann sind beide von dieser Wahl zurückgetreten und haben zugunsten des parteiinternen Friedens Alexander Gauland den Vortritt gelassen.

  • Als stellvertretender Bundessprecher gewählt mit 72 Prozent der Stimmen.

  • Zitat z.B.: „Alles war nur ein Aufbäumen vor dem tiefen Fall, gewissermaßen die verzweifelte Mobilisierung des Volkssturms der Argumente“ (Pazderski bei der Debatte über den Flughafen Tegel, 2017), “Für uns sind weder zugereiste spanische Internetexperten oder illegale Zuwanderer noch geduldete Flüchtlinge Teil des Volkes“ (März 2017) (vgl. ND)

  • Außerdem Vorsitzender des AfD-Landesverbandes Berlin und Fraktionsvorsitzender der AfD im Berliner Abgeordnetenhaus.

  • Gilt als Vertreter des „gemäßigten“ rechten Teils der AfD und nun trotz Wahl zum stellvertretenden Bundessprecher als degradiert.
     

 

Kay Gottschalk

  • 52, Jurist und Betriebswirt, Management in deutschen Versicherungsunternehmen, AfD Hamburg

  • Gewählt mit 54 Prozent der Stimmen gegen Doris von Sayn-Wittgenstein; er spricht mit einem Arm in der Schlinge, weil er angibt, von Demonstranten vor der Tagungshalle attackiert worden zu sein – von Tätern, die „so stumpfe und leere Gesichter“ gehabt hätten, „die hätten auch ein KZ führen können.“ (vgl. RP)

  • Zitat z.B.: „Und meine Damen und Herren, dazu gehört eben auch, zu dieser sozialen Gerechtigkeit, dass Großkonzerne entsprechend hier ihre Steuern zu zahlen haben. Und dass nicht Herr Schulz, Herr Juncker und die ganze verschissene EU dazu beiträgt, dass wir Steuerschlupflöcher in Irland haben!" (vgl. Deutschlandfunk)

  • Außerdem Fraktionsvorsitzender der AfD-Fraktion Hamburg-Mitte, Mitglied der AfD-Bundestagsfraktion über die Liste der AfD NRW.

  • Ehemaliges SPD-Mitglied, gilt als gemäßigt rechts.

 

Albrecht Glaser

  • Betriebs- und Volkswirt, und seit 24 Jahren Kommunal- und Landespolitiker

  • Gewählt mit 58 Prozent der Stimmen –  gegen den AfD-Landesvorsitzenden von Sachsen-Anhalt, André Poggenburg

  • Zitat z.B. "Sowenig es Nussschokolade ohne Nüsse gibt, so wenig gibt es den Islam ohne Scharia." (Bundesparteitag 2017); Der Islam ist eine Konstruktion, die selbst die Religionsfreiheit nicht kennt und diese nicht respektiert. Und da, wo sie das Sagen hat, jede Art von Religionsfreiheit im Keim erstickt. Und wer so mit einem Grundrecht umgeht, dem muss man das Grundrecht entziehen.“ (Frühjahr 2017, vgl. Tagesspiegel).

  • Außerdem Mitglied der AfD-Bundestagsfraktion; kandidierte für den Posten des Bundestags-Vizepräsidenten, fiel in drei Wahlgängen durch – vor allem wegen seiner offenen Islamfeindlichkeit
     

 

Beisitzer_innen:

 

Alice Weidel

  • 38, Volks- und Betriebswirtin und Unternehmensberaterin

  • Gewählt mit 69,1 Prozent der Stimmen

  • Außerdem Mitglied des Bundesvorstandes, AfD-Spitzenkandidatin in Baden-Württemberg und Co-Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion..

  • Sie fordert u.a. eine „Festung Europa (Mai 2017) kritisiert einen aus ihrer Sicht „naiven Umgang“ mit islamischen Hasspredigern und hat vor überzogenen Erwartungen bei der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt gewarnt (April 2017, vgl. FAZ). Den Zuzug von Flüchtlingen hält sie für eine unkalkulierbare Belastung für die Wirtschaft und den Sozialstaat. Den Wählern etablierter Parteien wirft sie vor, ihren „Verstand verloren“ zu haben.

  • Gilt als Vertreterin des gemäßigten rechten Flügels, wobei  dies weder durch ihr Handeln noch ihre Aussagen glaubhaft belegt wird; ist aber für einen Parteiausschluss von Björn Höcke.
     

Die Ermittlungsbehörden sehen das anders.

 

Beatrix von Storch

  • 46, Rechtsanwältin

  • Gewählt mit 55,2 Prozent der Stimmen

  • Nachdem sie im November 2017 aus der Doppelspitze der Berliner AfD mit Georg Pazderski abgewählt wurde ist sie nun  eine von drei stellvertretenden Landessprecher_innen

  • Zitat: "Der Islam gehört ebenso wenig nach Deutschland wie Angela Merkel ins Kanzleramt" (Bundesparteitag 2017)

  • 2016 zu Geflüchteten: „Und wenn [s]ie das HALT an der Grenze nicht akzeptieren, können die Vollzugsbeamten im Grenzdienst Schusswaffen auch gegen Personen einsetzen.“ Auf Nachfrage wollte sie davon auch Frauen und Kinder nicht ausnehmen. Nach Kritik nahm sie Kinder, nicht aber Frauen von ihrer Forderung aus; gegen Kinder sei der Schusswaffeneinsatz „richtigerweise nicht zulässig“. (vgl. stern)

  • Außerdem christlich motivierte Hardlinerin gegen geschlechtliche Vielfalt
     

Was das bringen soll, wenn der Mann bereits in Deutschland verhaftet
wurde, erklärt sie nicht.

 

Guido Reil

  • 47, Bergmann

  • Gewählt mit 55,53 % Prozent der Stimmen

  • Wechselte im Juli 2016 von der SPD zur AfD – nach Selbstangabe wegen der Flüchtlingspolitik

  • Sitzt für die AfD im Landtag von Nordrhein-Westfalen, verpasste ein Bundestagsmandat.

  • Nennt sich selbst „sozialpatriotisch“

 

Andreas Kalbitz

  • 45, Verleger, Publizist (u.a. „Junge Freiheit“, Vereinsorgan „Fritz“ der rechtsextremen „Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO)) und Politiker, AfD Brandenburg

  • Zitat z.B. “Ich bekenne mich zu einem Europa der Einheit in Vielfalt, einem Europa der Vaterländer im gegenseiti­gen Respekt voreinan­der und in der Wahrung des Friedens miteinander! Und ich sage auch deutlich: Europa endet nicht an der polnischen Ostgrenze. Nein, wir sind keine „Pu­tin-Versteher“ oder „Pu­tin-hilf“-Rufer, aber dauerhafter Frieden und Stabilität in Europa ist nur in einem offenen und fairen Interessensausgleich mit Russland möglich!” (Rede bei Kyffhäuser-Treffen des “Flügels”, 2015)

  • Der Tagesspiegel berichtet von einer Wahlkampfveranstaltung 2017: “Es geht gegen „schwarzafrikanische Bereicherer“, gegen „Politapparatschiks“, die „A-Sozialdemokraten“ - gemeint sind die Sozialdemokraten von der SPD-, gegen Funktionäre, „die sich an unserem Staat fettgefressen haben“, die „auf unserer Geschichte“ herumtrampeln. Deutschland löse sich auf „in den Köpfen und Seelen der Menschen, die durch die Multikultipropaganda der Deutschlandhasser bis zur Selbstvernichtung hin verblendet und verblödet worden sind“. Immer wieder sagt Kalbitz: „Wir holen uns unser Land zurück“. Alles friedlich, gewaltlos, aber „mit der nötigen Härte“. Er spricht von Revolution, Widerstand, vom kleinen Alltagsterror „durch Menschen, die hier hergelockt wurden“. Kalbitz meint nicht islamistische Terroristen”.

  • Außerdem Landesvorsitzender der AfD Brandenburg, Fraktionsvorsitzender der AfD im Brandenburger Landtag

  • Ehemaliges CDU-Mitglied; gilt als radikalisierter Hardliner des „nationalkonservativen“ oder „rechtsnationalen“ Flügels, der u.a. im Dez. 2016 einer Landtagsdebatte verwiesen wurde, weil er einen CDU-Politiker als „Goebbels für Arme“ bezeichnete.

Der Vorwurf des mangelnden Demokratieverständnisses fusst darauf, dass die demokratischen Parteien nicht mit der AfD im Landtag kooperieren wollen.

 

Stephan Protschka

  • 40, AfD Bayern

  • Außerdem Mitglied der AfD-Fraktion im Bundestag

  • Der bayerische Überraschungskandidat: Während die eigentlich präferierten bayerischen AfD-Delegierten Petr Bystron und Peter Boehringer nicht durchkamen, schafft es Protschka

  • Zitat z.B: „Franz Josef Strauß wäre heute in der AfD.“ Die AfD sei die "deutschlandweite CSU der 80er/90er Jahre“ (vgl. BR)

 

Steffen Königer

  • 45, Handwerker, Journalist (u.a. Redakteur der „Jungen Freiheit“) und Politiker

  • Außerdem sitzt er für die AfD im Brandenburger Landtag

  • Zuvor war er Mitglied des „Neuen Forums“, dann der rechtspopulistischen Partei „Bund freier Bürger – Offensive für Deutschland“, dann bei der Schill-Partei.

  • Er behauptet auf dem Bundesparteitag, Kinder würden im deutschen Bildungssystem mit Ideologien konfrontiert. „Vom Kindergarten bis zum Abitur werden unsere Kinder vollgepumpt mit Ideologien, mit Frühsexualisierung, Gender-Mainstream, mit Political Correctness. Die 68er haben im Bildungssektor eine Kraterlandschaft hinterlassen, verbrannte Erde, eine zerbombte Kulturnation. Liebe Freunde, das ist der totale Krieg gegen das Volk der Dichter und Denker.“ Danach rief er dazu auf, „unsere Kinder vor dem Zugriff der 68er“ zu retten (vgl. Focus)

Königer bekommt nicht so oft Sharepics bei der AfD Brandenburg, deshalb eines von 2015.

 

Schatzmeister wurde der 65-jährige Steuerberater Klaus G. Fohrmann (65, AfD Bochum), sein Stellvertreter Frank Pasemann (57, AfD Sachsen-Anhalt), Schriftführer Joachim Kuhs (61, Rechtspfleger, AfD Baden-Württemberg)

 

Ex-AfD-Chefin Frauke Petry kommentierte das Ergebnis: „Jetzt vollzieht sich, was er [Höcke] schon immer angestrebt hat - mit Gauland eine zweite Marionette als Vorsitzenden zu haben. Die AfD ist seit diesem Parteitag für alle sichtbar vom ,Flügel‘ geführt. Denn Meuthen und Gauland sind beide Höckes Leute.“ Der als gemäßigt geltende Berliner Landeschef Georg Pazderski sei „am Ende eben nur noch deshalb Vize-Chef von Höckes Gnaden, weil er sich dem Flügel ergeben hat", sagte Petry der Bild. Die Gemäßigten in der Partei hätten „keinen Plan und keine Galionsfigur mehr", fügte sie hinzu. "Den einzigen Anführer, den sie noch hätten haben können, war Georg Pazderski, der ist demontiert.“ (vgl. msn)

 

 

Zusammengestellt von Simone Rafael

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