Etwa 2000 Menschen haben am 1. Mai in Berlin gegen einen NPD-Aufmarsch demonstriert. Auch Fußball- und Eishockeyfans beteiligten sich an den Protesten. Damit haben sie auf vorbildliche Weise gezeigt, wie wichtig es ist, als Fans Position gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus zu beziehen.
Von Joachim Wolf
"Lasst uns gegen die Nazis demonstrieren und von unserm Recht auf zivilen Ungehorsam Gebrauch machen: Schöner Eisern ohne Nazis!", ruft Helge Meves. Er steht auf der kleinen Bühne nahe dem S-Bahnhof Schöneweide. Zu diesem Zeitpunkt sind schon viele Tausend Menschen in dem Ostberliner Bezirk unterwegs, um den Neonazis zu zeigen, was sie von ihnen halten: "Nazis raus!“ hört man sie immer wieder rufen. Für seine Rede bekommt Meves viel Applaus. Das zeigt, wie wichtig es ist, wenn auch Fußballfans sich offen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus positionieren: Helge Meves spricht für die Initiative "Schöner Eisern ohne Nazis“, ein Freundeskreis von Anhängern des 1. FC Union Berlin, der sich vor einigen Jahren im Umfeld der Demonstration gegen die bundesweite NPD-Demo in Köpenick konstituiert hat. An diesem 1. Mai trägt Meves stolz das Trikot seiner Mannschaft, mit dem Kürzel seiner Initiative auf dem Rücken: "SEoN" ist dort zu lesen.
"Unser Verein hat mit Neonazis weniger Arbeit als etliche andere Vereine, weil er mehr dagegen macht.", sagt Meves. Und in der Tat hat der 1. FC Union beispielsweise ein Konzert gegen Rechtsextremismus unterstützt und die Fanabteilung des Vereins hat einen Audio-Guide zum Thema "Diskriminierung im Stadion“ herausgebracht. Auch "Schöner Eisern ohne Nazis“ hat schon einige Veranstaltungen zum Thema durchgeführt. "Mittlerweile ist die Akzeptanz gegenüber unserer Initiative im Verein sehr hoch, weil es eine Aktion der Fans ist", berichtet Meves am Rande der Kundgebung. Dadurch sei das Engagement der Unioner authentisch und wirke nicht aufgesetzt. Dabei hatte auch "Schöner Eisern ohne Nazis" anfänglich mit eben jenen Problemen zu kämpfen, die wohl die meisten Initiativen dieser Art haben: Auch "SEoN" musste sich zum Beispiel mit leidlich bekannten Argumenten wie "Politik hat im Sport nichts zu suchen" auseinandersetzen.
"Love Hockey, hate fascism"
Doch mittlerweile scheint es für viele Fans und für viele Vereine fast selbstverständlich zu sein, ein solches politisches Statement gegen Neonazis, Rassisten und Antisemiten zu setzen. "Love Hockey, hate fascism", sagt beispielsweise Daniel Goldstein. Diese klare Aussage ist auch auf seinem T-Shirt zu lesen. Der Pressesprecher der Berliner Eisbären steht an diesem sonnigen Maifeiertag ebenfalls auf der Bühne in Schöneweide und betont das zivilgesellschaftliche Engagement seines Vereins. Aber er hat auch persönliche Gründe, sich gegen Neonazis einzusetzen. Goldstein ist der Enkel des bekannten jüdischen Widerstandskämpfers Kurt Julius Goldstein und allein dies verpflichtet ihn schon, sich aktiv gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus einzusetzen, wie er sagt. Aber auch, weil er den Bezirk schon von Kindheit an kennt, demonstriert er an diesem Tag in Schöneweide gegen die NPD. Er möchte so verhindern, dass sich die Rechtsextremisten dort weiter ausbreiten. Schließlich haben sie hier mit der Kneipe "Zum Henker" und dem Laden "Hexogen" bereits zentrale Anlaufstellen. An diesen Orten in der Brückenstraße führt an diesem Tag auch die Demonstration der Neonazis entlang.
Und auch Matthias "nervt" es, dass sich die Neonazis in seinem Bezirk breitmachen. Wie Meves ist er Anhänger des FC Union Berlin und zeigt dies ebenfalls offen durch seine Kleidung. "Es ist für mich wichtig heute hier zu zeigen: Wir Fußballfans sind nicht rechts, wir sind keine Gewalttäter. Wir sind anders, wir wollen keinen Rassismus und keine Gewalt in unserem Stadion", sagt Matthias überzeugt. Deshalb ist es auch für ihn eine Selbstverständlichkeit, heute gegen die NPD auf die Straße zu gehen und dabei die Farben seines Vereins zu tragen.
Erfahrungsaustausch und Vernetzung
"Wir Fans haben eine soziale Verantwortung", sagt auch Jan. Der Anhänger der Berliner Eisbären ist in der linksgerichteten Gruppe "Black Corner" organisiert, die auch die Kampagne "Eishockeyfans für Toleranz" mitinitiiert hat: Nach dem Vorbild der Initiative "Fußballfans gegen Homophobie" tritt diese mit einem Wanderbanner auf, das in möglichst vielen Eishockeyarenen gezeigt werden soll. Aber auch mit Doppelhaltern, Fahnen und anderen Fan-Utensilien beziehen "Black Corner" Stellung gegen Diskriminierung in ihrer Sportart. Mit ihrem Engagement wollen die Eishockeyfans aber nicht nur klare Statements abgeben, sondern auch Denkanstöße geben, sagt Jan.
Im Lauf des Tages kommen die Fans immer wieder untereinander ins Gespräch. Dabei tauschen sie sich über ihre Erfahrungen aus und arbeiten an der Vernetzung untereinander. "Ich habe hier heute Fans von Tebe, von Arminia Bielefeld, von Babelsberg 03, von Hansa Rostock und natürlich von St. Pauli getroffen" berichtet Helge Meves sichtlich erfreut. Und: "Für uns alle gilt: Getrennt in den Farben und vereint in der Sache: Nazis raus! ".
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