Das Petrovsky-Stadion, Spielstätte von Zenit St. Petersburg.
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Rassismus im russischen Fußball

EUROPA RECHTSAUßEN: Rassismus ist auch im russischen Fußball ein großes Problem. Dabei werden vor allem schwarze Spieler nicht nur von Fans, sondern auch von Vereinen diskriminiert. Ein besonders negatives Beispiel: Zenit St. Petersburg.

Von Julius Hermann

Jedes Jahr krönt die UEFA nicht nur im Champions-League-Finale die "Könige" des europäischen Fußballs, sondern mit dem Finale der Europa-League  auch die "Prinzen Europas". Für russische Mannschaften schien diese Krönung jahrelang ein Ding des Unmöglichen zu sein. In der Saison 2004/05 jedoch war es endlich soweit: mit ZSKA Moskau gewann das erste russische Team einen europäischen Titel. Drei Jahre später gewann mit Zenit Sankt Petersburg dann erneut ein russischer Teilnehmer die Trophäe der Europa-League. Viele prophezeiten dem russischen Fußball nun ein goldenes Zeitalter - und für einige Experten war es sogar nur noch eine Frage der Zeit, bis sich die erste russische Mannschaft die Krone der Champions-League aufsetzen würde. Doch nun, gut sechs Jahre später, muss man wohl konstatieren, dass die Saison 2007/08 vorerst den Höhepunkt des russischen Fußballs zumindest auf internationaler Bühne markierte. Im Gegensatz zum sportlichen Erfolg erlebt allerdings der Rassismus im russischen Fußball seit Jahren eine noch nicht dagewesene Hochkonjunktur. 

From St. Petersburg with hate

Das Petrovsky-Stadion in St. Petersburg war beispielsweise am 21. März 2011 Heimstätte offener Anfeindungen gegen den Brasilianer Roberto Carlos. So veröffentlichte ein lokales Nachrichtenblatt ein Bild, auf dem ein Zenit-Fan dem Kapitän von Anzhi Makhachkala eine Banane durch ein Absperrgitter entgegenstreckte. Während des Spiels wurden außerdem die Ballkontakte der schwarzen Spieler von Anzhi jedes Mal von Affenlauten begleitet. Doch nicht nur in St. Petersburg, sondern überall in Russland müssen ausländische Spieler mit rassistischen Anfeindungen rechnen. So wurde dem Nigerianer  Peter Odemwingie bereits 2010 bei einem Spiel von einem Zuschauer eine Banane hingehalten. Offizielle sahen hierin keine rassistisch motivierte Tat, sondern lediglich eine generelle Unzufriedenheit mit dem Stürmer. Damals noch bei Lokomotive Moskau, wechselte Odemwingie nach England zu West Bromwich Albion.

"Keine schwarzen Spieler – keine Probleme"

Am Beispiel des vierfachen russischen Meisters Zenit St. Petersburg kann man auch sehr deutlich erkennen, was es heißt, wenn Rassismus zu einer Art Philosophie eines ganzen Vereins wird: Jahrelang verfolgte der Klub die Politik, keine schwarzen Spieler unter Vertrag zu nehmen. "Ich wollte einen schwarzen Spieler anstellen, aber ich konnte nicht", bestätigte beispielsweise 2004 der ehemalige Trainer Vlastimil Petrela diese Praxis des Vereins. Er habe für die ablehnende Haltung der Verantwortlichen immer die gleiche Begründung erhalten: Zenit sei nicht interessiert. Konfrontiert mit dem Vorwurf des Rassismus, erwiderten Offizielle des Klubs nur, dass man ja bereits einige Spieler aus Korea und den portugiesischen Spieler Bruno Alves verpflichtet habe. Vor allem in der Ultras-Szene ist man stolz auf die Tatsache, nach wie vor keinen afrikanischen Spieler für die Mannschaft verpflichtet zu haben.  So wird ein Anführer der Ultras zitiert,  man habe zwar mit der "Tradition", keine schwarzen Spieler zu verpflichten, nicht begonnen, aber man bekenne sich zu ihr und wolle sie fortführen. "Wir haben keine Probleme mit schwarzen Spielern. Keine schwarzen Spieler – keine Probleme", fasste ein anderer Anhänger des Vereins die primitive "Philosophie" zusammen. Erschreckend ist dabei besonders, dass diese erschütternden Kommentare aus den Fan-Reihen eines russischen Klubs stammen, der auf eine besonders große und loyale Anhängerschaft zählen kann.

Bedenkliche Ausgangslage für die WM 2018

Für Alexei Sorokin, Chef des Organisationskomitees für die WM 2018,  sind Vorfälle wie der mit Roberto Carlos nur einzelne, isolierte Ereignisse, an denen man noch keinen Trend und schon gar nicht die allgemeine Stimmung im Land ablesen könne. Betrachtet man aber aktuelle Zahlen aus Russland, so sieht man zum einen, dass eine große Mehrheit der Russen das neu erlassene Anti-Homosexuellen-Gesetz unterstützt. Zum anderen zeigen Statistiken, dass die Zahl der Übergriffe auf Homosexuelle angestiegen ist. Somit zeichnet sich einziemlich deutliches Bild der "allgemeinen Stimmung" in der russischen Gesellschaft ab. Und da Fußball auch in Russland ein Breitensport ist, der Anhänger aus allen sozialen Schichten des Landes hat,  finden sich auch hier alle diskriminierenden Einstellungen der Gesamtbevölkerung wieder. All dies stellt eine mehr als bedenkliche Ausgangslage für die WM 2018 in Russland dar. Man darf also gespannt sein, wie die FIFA sich positioniert, wenn es während der Weltmeisterschaft zu rassistischen oder anderen diskriminierenden Vorfällen kommt.

Schlechtes Image bedeutet keine Stars und keine Stars bedeutet kein Erfolg

Wenn man im russischen Fußball schon nicht bereit ist, aus simplen Gründen der Menschlichkeit Rassismus und andere Formen der Diskriminierung zu bekämpfen, dann sollte man dies wenigstens tun, um die heimischen Mannschaften zu stärken. Wer positive Schlagzeilen im Fußball machen möchte, braucht Erfolg. Vor allem internationalen Erfolg erzielt man aber heutzutage im Fußballgeschäft in erster Linie, wenn man den ein oder anderen internationalen Top-Spieler in seinen Reihen hat. Rassismus jedoch ist nicht nur menschenverachtend, sondern auch stark imageschädigend. Ein schlechtes Image bedeutet keine Stars und keine Stars bedeutet kein Erfolg – auch auf europäischer Ebene.

 

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