Mario Balotelli- immer wieder Ziel rassistischer Beleidigungen
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Mario Balotelli: Im Fokus der Rassisten

Seit seiner Rückkehr aus England wurde Mario Balotelli innerhalb kürzester Zeit mehrfach Ziel rassistischer Anfeindungen. Zuletzt kam es beim Mailänder Derby am 24.02.2013 seitens der Inter-Fans wiederholt zu diskriminierenden Beschimpfungen gegen den AC Mailand-Stürmer. Der italienische Fußball kommt somit auch in diesen Tagen nicht zur Ruhe.

Von Florian Zabransky

Nach dem Derby, das 1:1 endete, wurde Inter Mailand der römischen Sportzeitung  "Corriere dello Sport" zufolge unter anderem zu einer Geldstrafe von 50.000 € verurteilt. Der Grund: Die Fans des Vereins hatten in der 11. Minute sowie in der 56., 60., 61. und 64. Minute Balotelli rassistisch beschimpft. Nach Informationen der englischen Zeitung "Daily Mail" waren im Inter-Fanblock außerdem über 100 aufblasbare Bananen zu sehen, was ebenfalls als Diffamierung des Stürmers gewertet werden kann. Aber auch Balotelli muss aufgrund einer abfälligen Geste gegenüber den Fans seines ehemaligen Vereins nach Spielende 10.000 € Strafe bezahlen.

Rückblick: Schon in der Vergangenheit Rassismus gegen Balotelli

Die Vorfälle beim Mailänder Derby reihen sich in eine lange Kette von Vorkommnissen ein, die in Balotelli’s Zeit bei Inter Mailand (2007-2010) meist von Fans des Nordrivalen Juventus Turin ausgingen. So wurde Juve im April 2009 zu einem Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit verurteilt, nachdem Fans des Vereins Balotelli beim Spiel gegen Inter beschimpft hatten. Die Bestrafung schien jedoch nur für eine gewisse Zeit Wirkung zu zeigen: Bereits ein halbes Jahr später, im November 2009,  sangen Juve-Anhänger während der Partie gegen Udinese Calcio "Se saltelli, muore Balotelli“ (“Wenn du hüpfst stirbt Balotelli"). Hierfür wurde Juventus Turin zu 20.000 € Geldstrafe verurteilt. Der damalige Juventus-Trainer Ciro Ferrara interpretierte die Gesänge der eigenen Fans vor allem als Schmähung oder Angriff auf den Stürmer. Für die italienische Zeitung “Corriere della Sera“ besaßen sie dagegen einen rassistischen Charakter. Nur wenige Tage später gingen die Beschimpfungen gegen den Stürmer im Championsleague-Spiel gegen Girondins Bourdeaux weiter und die "Causa Balotelli" wurde sogar zum Thema im italienischen Parlament. Doch auch dies zeigte offenbar keine Wirkung: Nach wiederholten rassistischen Sprechchören - unter anderem bei der nächsten Begegnung zwischen Juve und Inter im Dezember 2009 - wurde Turin erneut zu einer Geldstrafe und einem Teilausschluss seiner Fans verurteilt. Aber auch in anderen Partien von Inter Mailand, beispielsweise gegen den AS Rom, Cagliari Calcio und Chievo Verona richteten sich die rassistischen Sprechchöre gegen Balotelli. Bemerkenswert ist hier, dass in der Partie gegen Verona Inter ebenfalls aufgrund der rassistischen Sprechchöre seiner Fans zu 15.000 € verurteilt wurde. Daraufhin ließ Balotelli verlauten, dass er sich für die Inter-Fans schäme und forderte: "Das ist eine Schande, die aufhören muss".

Doch es waren in der Vergangenheit nicht nur gegnerische Fans, die Balotelli rassistisch beleidigten. Bereits einige Tage nach der Verpflichtung Balotelli‘s beim AC Mailand hatte Paolo Berlusconi, Vizepräsident von Milan und Bruder des ehemaligen Ministerpräsidenten Italiens am Rande einer Wahlkampfveranstaltung gesagt: "Gehen wir und sehen unser Negerlein der Familie". Diesen Satz wollte Paolo Berlusconi im Nachhinein als "liebevoll gemeinte Äußerung" verstanden wissen.  

Wer ist Täter, wer "Opfer" ?

Wohl auch aus den bisherigen Erfahrungen heraus hatte es vor dem Derby im Februar 2013 verschiedene Appelle an die Inter-Fans gegeben, sich in diesem Spiel zurückzuhalten und durch ihre Sprechchöre keinen Spielabbruch zu riskieren. AC-Trainer Massimiliano Allegri erkannte in der Partie aber auch eine ‚Prüfung‘ für Balotelli: "Er darf sich nicht provozieren lassen. Ich glaube das Mario das weiß, es ist eine Reifeprüfung, er darf nur an‘s spielen denken". Diese Forderung geht einher mit der medialen Berichterstattung über Balotelli und einem Bild in der Öffentlichkeit, welches "Supermario" oft als vermeintlich "exzentrisch" beschreibt, ihn auf seine Hautfarbe als "farbig" oder "dunkelhäutig" oder auf einen spezifischen Torjubel reduziert. Der Rassismus, der ihm entgegenschlägt, wird dabei oftmals nur als Reaktion auf das Verhalten des Stürmers angesehen. Zu problematisieren ist jedoch nicht Balotelli, sondern die Mehrheitsgesellschaft, die schwarze und sogenannte Ausländer diskriminiert, sich in Italien gegen den ersten schwarzen Nationalspieler wehrt und Verbände sowie Fans, die nicht entschlossen gegen die Diskriminierung in den Kurven vorgehen.

Wirkungslose Strafandrohung?

Dabei schienen die Reaktion von Kevin-Prince Boateng und anderer Spieler des AC Mailand auf rassistische Schmähungen während eines Freundschaftsspiels gegen Pro Patria am 03.01.2013 und die darauf folgenden Debatten so etwas wie einen Neuanfang oder zumindest eine Veränderung im italienischen Fußball eingeleitet zu haben. So überarbeitete der italienische Fußball-Verband seine Richtlinien in Zusammenarbeit mit der Politik. "Der Schiedsrichter muss künftig der Polizei vor Ort rassistische Vorfälle melden, diese entscheidet dann über einen Abbruch des Spiels", heißt es dort nun. Und auch Silvio Berlusconi, Präsident des AC Mailands, unterstütze Boateng und verlangte, dass in Zukunft sogar in internationalen Spielen so gehandelt werden sollte. Doch auch Berlusconi’s gut gemeinte Aussage und die neuen Ligarichtlinien zeigen bislang (noch) keine Wirkung, wie unter anderem die Vorfälle beim Mailänder Derby gezeigt haben. Auch Juventus Turin wurde alleine im Februar 2013 zwei Mal aufgrund der Sprechchöre seiner Fans bestraft. Zuletzt wurde außerdem Lazio Rom aufgrund rassistischer Fan-Gesänge während des Spiels gegen Mönchengladbach sowie diverser Vorstrafen zu zwei "Geisterspielen" verurteilt. Rassistische Fans und Vereine, die nicht entschlossen gegen diese vorgehen, werden mit diesen Maßnahmen ganz offensichtlich nicht empfindlich genug getroffen. Und trotzdem: Der Abgang Boatengs und seiner Teamkollegen sowie härtere Strafen bei rassistischen Vorfällen sind zumindest ein deutliches Zeichen. Sie zeigen, dass rassistisches Gedankengut und Fangesänge in den Stadien nicht toleriert werden und zu Konsequenzen führen. Doch an der rassistischen Ideologie einiger Fans wird sich auch durch diese Maßnahmen nicht viel ändern. Aber vielleicht tragen sie dazu bei, andere Fans dazu zu ermutigen, sich aktiver gegen Rassismus im Stadion zu engagieren.

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